Unerlässlich für den Frieden

20.8.2019, 20:02 Uhr

Religionen als Verfechter einer gewaltfreien Welt? Als Botschafter des globalen Friedens? Nicht wenigen Zeitgenossen mutet das seltsam, unglaubwürdig, ja nachgerade frech an. Diese Skeptiker werden mit Erstaunen nach Lindau blicken, wo momentan aus der ganzen Welt die Vertreter der Religionen zu ihrer Versammlung angereist sind, um an einer friedvollen Zukunft zu arbeiten.

Die Zweifel sind zunächst einmal nachvollziehbar. Schließlich sind es doch gerade Dschihadisten – Glaubenskrieger – die zum Mord an "Ungläubigen" aufrufen, im Namen des Islam Hochzeitsgesellschaften in die Luft sprengen, Geiseln köpfen und ganze Regionen in den Krieg und den Globus in Unruhe stürzen. Schließlich hat doch – aus umgekehrter Motivation – erst vor ein paar Monaten ein Attentäter in purem Hass auf Muslime in Neuseeland 50 Besucher zweier Moscheen erschossen. Und schließlich entzündete sich das größte Gemetzel der frühen Neuzeit, der Dreißigjährige Krieg, am Konflikt zwischen Anhängern des evangelischen und des katholischen Christentums.

Kann vor diesem Hintergrund die Religion also wirklich noch ernsthaft als Friedensstifter auftreten? Sie kann es nicht nur, sie muss es sogar.

Beispiel Christentum: An der Botschaft, die von Jesus Christus ausgeht, gibt es nichts zu deuteln. "Wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin", zitiert der Evangelist Matthäus Jesus. Das ist das genaue Gegenteil von Gewaltbereitschaft. Das illustriert den Kern des Glaubens. Und das hat schon in der Vergangenheit zu Friedensinitiativen geführt. Als die Fehden der Adeligen im 10. Jahrhundert immer mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung forderten, schritten die Bischöfe – ausgehend von Südfrankreich – ein und verfügten den "Pax Dei", den Gottesfrieden.

Auch heute ist die Rolle der Religionen als Friedensstifter hochaktuell. Denn die Welt ist zuletzt anfälliger geworden für Zwietracht, Herzlosigkeit und Gewalt. Viele der mächtigsten Menschen setzen nicht mehr auf den Ausgleich berechtigter Interessen, sondern wollen ihren Vorteil durchpeitschen – koste es, was es wolle. Auch für Menschen, die unter Lebensgefahr aus ihrer Heimat flüchten, kennen sie keine Gnade.

Botschafter der Nächstenliebe

Hier müssen die Religionsgemeinschaften gegensteuern. Es ist ihre ureigenste Aufgabe, für Toleranz und Nächstenliebe zu sorgen. Dass sie das können, haben sie auch in jüngerer Vergangenheit gezeigt – etwa als es darum ging, die Apartheid in Südafrika zu beenden.

Trotz aller Rückschläge – in der Vergangenheit und in der Gegenwart: Die Religionen müssen die Botschaft des Friedens verbreiten. Dazu gehört auch, sich gegen all die Versuche zu wehren, den Glauben für Machtansprüche zu missbrauchen. Denn: Im Namen des Glaubens darf es keine Gewalt geben.

markus.hack@pressenetz.de

Verwandte Themen


Keine Kommentare