Unter Freundinnen: Besuch bei Daniela Schadt im Schloss Bellevue

24.3.2012, 12:00 Uhr
Familienbande in bewegten Zeiten: Daniela Schadt mit ihrer Mutter Doris beim Empfang in Schloss Bellevue. Im Hintergrund Joachim Gauck im Gespräch mit alten Freunden und Weggefährten.

© dapd Familienbande in bewegten Zeiten: Daniela Schadt mit ihrer Mutter Doris beim Empfang in Schloss Bellevue. Im Hintergrund Joachim Gauck im Gespräch mit alten Freunden und Weggefährten.

8.20 Uhr, Bundespräsidialamt. Draußen spitzen erste Baumknospen in die Sonne, drinnen umschließt architektonische Strenge etliche Menschen, die ein wenig verloren wirken: Familie und Freunde des Bundespräsidenten und seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt. Hände schütteln, zaghaftes Lachen. „Ach, von Ihnen hat Daniela, hat Jochen schon so oft erzählt...“ Schwer fassbar ist die Situation für jeden; Mutter, Schwester, Tochter, Schwiegersohn, Freunde – die Einzigartigkeit der Situation schweißt uns zu einer Gruppe.

In schwarzen Gefährten rollen wir zum Reichstag, rasch folgen wir hilfreichen Damen, die uns durch hohe Gänge schleusen – „Ihre Einladung bitte!?“ – Glastüren öffnen sich, dann steht das Grüppchen „Familie und Freunde“ auf einer Tribüne im Deutschen Bundestag. Freudige Spannung schwängert die Luft; wir finden unsere Namen, sortieren uns, ganz vorne, in den ersten beiden Reihen. Kameraklicken, unerwartet – unsere Rücken werden gerader. Sitzt die Krawatte, die Kostümjacke, der Kragen...?

Danielas Mutter hat in der Reihe direkt vor mir Platz genommen. Wo ist die Tochter? Ein Gong ertönt, theatergleich: Auftritt Ehepaar Wulf, Joachim Gauck, Daniela Schadt. Zart sieht sie aus, ganz in schwarz, perfekt gestylt. Als der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, die Gäste auf der Tribüne begrüßt, winkt sie halb über die Schulter mit der weißen Einladungskarte lächelnd zu uns empor. Ihre Mutter traut sich – und winkt zurück.

Auf der Tribüne links werden die ehemaligen Bundespräsidenten Weizsäcker, Herzog und Köhler mit Gattinnen begrüßt, rechts von uns schwenken armlange Teleobjektive hinüber, herüber, nach unten. Dort spricht Lammert Joachim Gauck soeben direkt an: „Sie haben von sich gesagt, ich bin weder Superman, noch ein fehlerloser Mensch...“

Der neue Bundespräsident Joachim Gauck kurz vor dem Abschreiten der Ehrenformation der Bundeswehr.

Der neue Bundespräsident Joachim Gauck kurz vor dem Abschreiten der Ehrenformation der Bundeswehr. © afp

Danielas rechte Hand hat sich fest um die Stuhllehne geschlossen. „Genießen sie diesen Tag, an dem überparteilich gelobt wird, das ist hier selten“, empfiehlt Lammert, Gauck nickt. Den Worten des Bundesratspräsidenten, Ministerpräsident Horst Seehofer, folgt die Eidesleistung des Bundespräsidenten. Wir stehen. Kameraklicken füllt wie wildes Surren eines Insektenschwarms die vermeintlich andächtige Stille.

9.25 Uhr. Joachim Gauck spricht. „Ängste vermindern unseren Mut zum Selbstbewusstsein... Freiheit ist eine notwendige Bedingung von Gerechtigkeit...“ Ganz vorne sitzt Daniela, fast unbeweglich lauschend, ihrem ,Jochen' direkt gegenüber, die Stuhllehne nach wie vor fest im Griff. Die Zuneigung des aufmerksamen Auditoriums scheint Gauck zu umspülen, die Applaus-Salven münden in Standing Ovations.
 

9.51 Uhr – die Nationalhymne ist kaum verklungen, Sitzungsschluss. Um halb elf beginnt die nächste Sitzung, der Alltag rollt – doch nicht für uns. Eilig geht es hinaus, wo schwarze Limousinen den Vorplatz beherrschen. Reihen Schaulustiger recken die Hälse, als sich unsere Gefährte erneut in Bewegung setzen, vorbei an der Siegessäule. Ziel: Schloss Bellevue. Dort: Berittene Polizei, direkt vor dem Eingang eine enorme Traube Fotografen. Die Gruppe „Familie und Freunde“ wird über den roten Teppich durch das Gebäude in den Park geleitet.

First Lady Daniela Schadt begrüßt Barbara Scheel, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten. In der Mitte Daniela Schadts Freundin und NZ-Kollegin Anabel Schaffer.

First Lady Daniela Schadt begrüßt Barbara Scheel, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten. In der Mitte Daniela Schadts Freundin und NZ-Kollegin Anabel Schaffer. © dapd

Wie in Stein gemeißelt steht hier bereits die Abordnung der Bundeswehr: Militärische Ehren unter azurblauem Himmel in bester Frühlingslaune; erwartungsvolle Stille liegt über der unwirklichen Szenerie, auch wenn sich die Vögel nicht daran halten. Wenig später schreitet Joachim Gauck die Ehrenformation ab – Daniela beobachtet, als Gastgeberin links von Horst Seehofer stehend, das Geschehen von der Veranda aus. Dann endlich der ersehnte persönliche Kontakt zu Bundespräsident und „First Lady“: Händeschütteln, umarmen – alles über eine rote Absperrung hinweg, die Security dicht hinter uns.
 

In einem Nebenraum genießen wir wärmenden Tee oder Kaffee aus weiß-goldenem Service. Entspannung. „Machen wir eine Schlossführung?“, fragt der Bundespräsident in die Runde. Wir heften uns neugierig dem Hausintendanten Ronny Archut an die Fersen und – staunen. Schier unendliche Fluchten, hohe, Respekt einflößende Flügeltüren aus schwerem Holz, moderne Bilder vor historischen Wänden, vielgestaltige Lüster, Kandelaber und Vasen, edle Böden und viel, viel Historie.

„Ich traute mich kaum, in meinem Büro Platz zu nehmen“

„Die Standarte auf dem Dach wird eingezogen, wenn der Bundespräsident am Montag mit dem Flugzeug in Richtung Polen abhebt“, erläutert Archut. Daniela? Sie nickt mir zu. Ja, sie wird wohl mit an Bord sein. Gebannt wandeln wir durch die Gemächer. Ständig fallende Begriffe wie „Defilet“, „Empfänge“, „Damengespräche“ lassen Daniela besorgt nachfragen. Keine Sorge, wird sie beruhigt, da gäbe es vorab ausreichend Information. Unweigerlich taucht in meiner Vorstellung das Bild von einer Daniela auf, die über Etikette-Wälzern brütet – doch was weiß schon ein Laie.

„Wo gibt’s denn so riesige Teppiche?“, fragt Danielas Mutter, Doris Schadt, als sie den größten Raum des Schlosses betritt. 150 Leute können hier bei Staatsbanketten gesetzt werden, erfährt die Gruppe, auch Rock-Konzerte gab es hier bereits. In einem Nebenraum werden Gläser poliert. „Oh, making of“, meint Daniela schmunzelnd – und steht wenig später im Salon „Luise und Ferdinand“, in dem sie am 29. März vermutlich das erste Damengespräch mit der Gattin des mongolischen Staatspräsidenten führen wird.

Im gegenüberliegenden Flügel des Schlosses liegt der persönliche Bürobereich: „Hier empfängt der Bundespräsident beispielsweise die Kanzlerin zum Einzelgespräch“, heißt es, während Joachim Gauck nebenan enthusiastisch gläserne Flügeltüren öffnet: „Dieser wunderbare Blick in den Garten – und wir haben einen Fuchs!“ „Sogar mehrere“, erzählt uns Daniela strahlend. „Der Gärtner sagt zudem, eine Füchsin erwartet Junge. Darauf freue ich mich schon, kleine Füchse zu begutachten!“ Zu ihrem eigenen Büro erklärt sie: „So ein schönes Büro habe ich noch nicht gesehen. Ich traute mich beim ersten Besuch kaum, hier Platz zu nehmen.“ Erinnerungen kommen hoch an ihren alten Arbeitsplatz in der Marienstraße der NZ. Wir lächeln.

Und Joachim Gauck? „Manchmal glaubt man's nicht: Du fährst auf die Siegessäule zu, sieben Motorräder um dich herum – ja, das bist jetzt du, mit der Dienstnummer 01 auf dem Wagen. Und früher haben sie dich nicht auf diese Seite gelassen,“ beschreibt er den „Sehnsuchtsblick aller Ostdeutschen“ durch das Brandenburger Tor auf die Siegessäule. Er spricht über Privatreisen, die künftig keine mehr sein können. Und Daniela fängt einen besorgten Blick ihrer Mutter auf. Wo sie künftig wohnen wird?

Das mögliche Domizil, die Villa in Dahlem, konnte sie bereits besichtigen: „Ich kann mir vorstellen, dort zu wohnen, zumal die jetzigen Nachbarn von Jochen schon jetzt wegen der Sicherheitsauflagen Nachteile haben.“ Dann sieht sie aus den hohen Fenstern. „Gemeinsame Spaziergänge durch den Volkspark wie früher sind vermutlich nicht mehr möglich.“ 12.50 Uhr. Ein letzter Schluck Tee, Daniela Schadt eilt hinaus – schon betreten die Vertreter der Verfassungsorgane und die ehemaligen Bundespräsidenten Schloss Bellevue...
 

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