"USA werden uns wieder zuhören": Deutsche Außenpolitiker sind optimistisch

20.1.2021, 15:31 Uhr

Peter Beyer hat "gemischte Gefühle", wenn er an die Zeit nach der Vereidigung des neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden denkt. Einerseits freut sich der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung darüber, dass die Amtszeit von Donald Trump und der nicht enden wollenden Irritationen dann endgültig vorbei ist. Andererseits glaubt er nicht, dass die früheren Zeiten vor Trump jemals wieder zurückkehren werden. Bei vielen Themen - vom Handel über die Sicherheit bis zum Klima - müsse man "eine neue Ära einleiten", sagt der 50-jährige CDU-Abgeordnete gegenüber t-online.


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Mit dieser Einschätzung steht Beyer nicht alleine da. So gut wie alle außenpolitischen Experten in der Bundesrepublik warnen davor, so einfach an die Amtszeit von Barack Obama anknüpfen zu wollen. Zumal es ja damals auch schon gewisse Verwerfungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis gegeben habe, etwa bei den Militärausgaben. Der Transatlantik-Koordinator hat deswegen das Stichwort vom "Neuen Westen" ausgerufen, für den man nun die Grundlagen schaffen müsse.

Joschka Fischer (Grüne), einer der beliebtesten deutschen Außenminister (1998 bis 2005), sagt es unverblümt: "Wir werden mehr für unsere eigene Sicherheit tun müssen." Zwar sei gut zu erkennen, dass Joe Biden und Kamala Harris ihre Nation "in das westliche Bündnis zurückführen" wollten, doch auch sie müssten gewisse Rücksichten auf die 75 Millionen Trump-Wähler und deren Interessen nehmen. Das schränke die Möglichkeiten der USA sicher ein.

Gabriala Heinrich warnt vor einem "blindem Vertrauen"

Die Nürnberger Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich (SPD), als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für die Außenpolitik zuständig, hält "ein blindes Vertrauen" in transatlantische Sicherheitszusagen für ziemlich naiv. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau schreibt sie von ihrer "Skepsis, dass wir in vier Jahren möglicherweise erneut mit Trump, oder einem anderen Hardliner, konfrontiert sind". Deswegen plädiere sie für eine größere strategische Unabhängigkeit Europas.

Eines dürfte aber mit ziemlicher Sicherheit besser werden: der Umgangston zwischen Deutschland und den USA. "Wir kennen Biden gut und müssen nicht erst lange lernen, wie man mit ihm spricht", sagt der CDU-Experte Jürgen Hardt. Sein SPD-Kollege Niels Annen ergänzt: "Ich gehe davon aus, dass die USA künftig wieder zuhören werden, statt Gefolgschaft zu verlangen."

Und wer macht den Anfang? Wer geht zuerst auf den anderen zu? Alexander Graf Lambsdorff (FDP) vermutet, die neue amerikanische Regierung werde zunächst "mit innenpolitischen Herausforderungen beschäftigt sein", weswegen die Initiative von der Bundesrepublik und Europa kommen müsse.

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