Kritik an der Staatsregierung

Verschwendung und laxe Prüfung: Hier legt Bayerns Rechnungshof die Finger in die Wunde

27.3.2023, 14:14 Uhr
Ampelsteuerungen seien oft viel günstiger, sagt der Rechnungshof und moniert den übermäßigen Bau von Kreisverkehren.

© Peter Klaunzer/dpa, NNZ Ampelsteuerungen seien oft viel günstiger, sagt der Rechnungshof und moniert den übermäßigen Bau von Kreisverkehren.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) wirft der Staatsregierung in einer Fülle von Bereichen einen laxen, teils verschwenderischen Umgang mit Steuergeld und mangelnde Kontrollen vor. In seinem neuen Jahresbericht, der offiziell an diesem Dienstag, 28. März, vorgestellt wird, fordert er zudem eine weitergehende Reduzierung der gestiegenen Staatsschulden – und stellt den bayerischen Energie-Härtefallfonds in Frage: Es müsse sorgfältig geprüft werden, inwieweit Bayern neben den Bundeshilfen überhaupt noch selbst eigene Maßnahmen treffen und finanzieren dürfe.

Einige wesentliche Kritikpunkte des Rechnungshofs im Überblick:

Schulden: Geld, das bei den Jahresabschlüssen für 2022 und 2023 „übrig“ bleibt, etwa höhere Steuereinnahmen, sollte laut ORH „unmittelbar zur Verminderung der Nettokreditaufnahme“ eingesetzt werden, um dem Gesamtschuldenstand des Freistaats zu reduzieren.

Energie-Härtefallfonds: Darüber wollte die Staatsregierung Hilfen etwa an Unternehmen, soziale Einrichtungen und Privatleute auszahlen, deren Existenz aufgrund der Energiekrise gefährdet ist. Inzwischen ist klar, dass dies weitgehend über Hilfen des Bundes abgedeckt ist. Der ORH betont deshalb nun, es brauche eine „sorgfältige rechtliche Prüfung, inwieweit neben den Regelungen des Bundes noch eine eigene Regelungs- und Finanzierungskompetenz des Freistaates verbleibt“.

Kreisverkehre: Kreisverkehre sind laut ORH im Durchschnitt doppelt bis viermal so teuer wie Kreuzungen mit modernen Ampelanlagen. „Trotzdem bevorzugen die Staatlichen Bauämter häufig Kreisverkehre, ohne dies fachlich zu begründen“, kritisiert der Rechnungshof. Häufig seien dabei Planunterlagen nicht vollständig. Zudem würden andere Varianten nicht verglichen, die Wirtschaftlichkeit nicht untersucht.

Staatsstraßen: Mehr als zwei Milliarden Euro „Nachholbedarf“ seien für deren Erhalt nötig, hatte der ORH 2019 gefordert. Zuletzt hätten aber nur 350 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestanden. Der ORH fordert „eine effiziente Steuerung des Mitteleinsatzes auf Grundlage realistischer baulicher und zeitlicher Ziele sowie belastbarer Kosten“.

Energieverschwendung: Bei 25 neueren staatlichen Bauten zeigten sich mangelhafte Energiedaten oder Defizite bei Planung, Ausführung und Betrieb von Heizungs-, Kühlungs- oder Lüftungsanlagen. Die Folge sei „überraschend häufig pure Energieverschwendung“. „Funktionskontrollen fehlten häufig, selbst krasse Fehler wie ständiges Heizen und gleichzeitiges Kühlen wurden über Jahre nicht behoben“, so der ORH.

Räder fürs Umweltministerium: Das Ministerium gab laut ORH für 50 neue Fahrräder mehr als 100 000 Euro aus. Vorrangig sollten diese für Aktionen und als Dienstfahrräder eingesetzt werden. „Tatsächlich überwog aber die private Nutzung durch Beschäftigte des Umweltministeriums oder deren Angehörige“, kritisiert der ORH.

Corona-Geld für Privatkliniken: 2020 erhielten Privatkliniken zur Freihaltung von Betten sogenannte Vorhaltepauschalen. Vielfach sei es aber zu „deutlichen finanziellen Überkompensationen“ gekommen.

Barrierefreiheit: Bis 2023 sollte der öffentliche Raum barrierefrei sein, so hatte es die Staatsregierung 2013 als Ziel ausgegeben. Nun hat der ORH bei staatlichen Museen und bei öffentlicher touristischer Infrastruktur nachgeschaut – und sieht „erheblichen Nachholbedarf“. Vielerorts fehle es etwa an Parkplätzen für Menschen mit Behinderung.

Digitalfunk: Seit 2012 gibt es ein Sonderförderprogramm für die Einführung digitaler Endgeräte auch bei Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Bis heute bestehe aber „kein Zeitplan für die Abwicklung der Förderung“, beklagt der ORH. Von veranschlagten 100 Millionen Euro seien bisher nur 32,4 Millionen Euro abgeflossen.

IT-Betreuung an Realschulen: Lehrkräfte, die dafür eingesetzt werden, nehmen laut ORH „in erheblichem Umfang“ technische und keine pädagogischen Aufgaben wahr. Davon sollten sie aber entlastet werden, etwa „um mehr Lehrerressourcen für den Unterricht“ zu gewinnen.

Landwirtschaftliche Grundstücke: Land- und Forstwirte in Bayern verkaufen pro Jahr Grundstücke im Wert von mehr als einer Milliarde Euro – doch die Besteuerung der Gewinne durch die Finanzämter weise „erhebliche Defizite“ auf. Das führe zu Steuerausfallrisiken von Millionenbeträgen im hohen zweistelligen Bereich.

Staatsforsten: Von 2019 bis 2021 hätten die Staatsforsten erstmals Jahresfehlbeträge von zusammen über 186 Millionen Euro aufgewiesen. „Eine Zahlungsunfähigkeit konnte nur abgewendet werden durch einen hohen Überbrückungskredit, erhebliche Einsparungen und eine einmalige Aussetzung der Zuführungen zum Alterssicherungsfonds für dort Beschäftigte.“ Die Devise, so der ORH, sollte lauten: Auf das Kerngeschäft der Staatswaldbewirtschaftung konzentrieren.

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