Von wegen sanft: Der deutsche Globuli-Irrsinn muss aufhören

14.7.2019, 05:57 Uhr
Die Diskussion um Globuli und die Erstattung der Mittel durch die Krankenkassen tobt in Deutschland.

© Karl-Josef Hildenbrand/Illustration (dpa) Die Diskussion um Globuli und die Erstattung der Mittel durch die Krankenkassen tobt in Deutschland.

Es gibt einen schönen Witz über die Homöopathie. "Herr Doktor, Herr Doktor! Das Kind hat ALLE Globuli auf einmal gegessen!!!"

"Okay, gut, dann heute eben nichts Süßes mehr."

Man kann über die Homöopathie lachen. Aber es ist absolut richtig, dass sie jetzt von der Politik ernst genommen und der Kostenübernahme solcher Behandlungen durch die Kassen hoffentlich ein Riegel vorgeschoben wird. Denn es ist unbegründbar, dass Gelder, die alle Versicherten solidarisch in das System einzahlen, für Zuckerkügelchen ausgegeben werde, die jeden pharmakologischen Wirk-Nachweis schuldig bleiben.


Auch in Deutschland zeichnet sich eine Mehrheit gegen Homöpathie ab


Ganz leicht wird der Vorstoß nicht durchgehen. Denn die Homöopathie hat trotz ihres aberwitzigen theoretischen Konzepts, das sich viel zu wenige Menschen genau ansehen, einen Siegeszug quer durch die Gesellschaft angetreten. Sie hat es geschafft, die Natürlichkeits-Welle zu reiten und als sanfte Medizin verstanden (und von der Homöopathie-Lobby auch gerne so dargestellt) zu werden.

Ärzte sind nicht unschuldig

Geschickt haben die Hersteller auf diese Weise die Kügelchen in dieselbe Liga gemogelt wie Baldriantropfen oder Salbeitee, obwohl Homöopathie auf einem esoterischen Konzept fußt und mit Naturheilkunde nichts zu tun hat.

Ärzte sind an dem Boom nicht unschuldig. Wer als seriöser Mediziner auch Homöopathie anbietet, suggeriert, dass es sich um ein anerkanntes und wirksames Verfahren handelt. Es ist ein gefährliches Signal, weil es esoterischen Weltanschauungen ein Fundament baut, das sie nicht verdienen.


Globuli als Kassenleistung: Es wird eng für die Homöopathie


"Mir hat es aber geholfen" oder "Wer heilt, hat recht" wird von Befürwortern der Zuzahlungen jetzt angeführt. Diese Aussagen allerdings würden auch die Anhänger eines Geistheilers treffen – nach dieser Logik müssten die Kassen dann auch hier zahlen. Doch weder Placebo-Effekte, die es zweifellos gibt, noch subjektives Erleben dürfen bei solchen Entscheidungen eine Rolle spielen. Die Wissenschaft als neutralste Instanz darf nicht ausgehebelt werden.

Glaube ist Privatsache

Übrigens: Wer deren Erkenntnisse anzweifelt, sollte sich vor Augen führen, dass die Autoren der vielen Hundert Studien durchaus ein Interesse daran gehabt hätten, die Wirksamkeit homöopathischer Behandlungen nachzuweisen. Ein solches Ergebnis hätte nämlich die Naturgesetze derart auf den Kopf gestellt, dass der Nobelpreis nicht weit gewesen wäre.

Wenn jetzt also tatsächlich die Zuzahlungen der Kassen für die Kügelchen gekappt und die Homöopathie wieder richtig eingeordnet wird, ist das ein Sieg der Vernunft. Wer dennoch der Meinung ist, dass ihm Globuli helfen, der soll sie ruhig schlucken. Glaube ist Privatsache, das gilt auch hier. Nur sollte das Vertrauen in die Kügelchen dann auch so groß sein, dass aus eigener Tasche dafür bezahlt wird.

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