Konflikte bremsen Umweltschutz

Weltklimakonferenz in Dubai: Warum der Abschied vom 1,5-Grad-Ziel sinnvoll ist

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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27.11.2023, 15:00 Uhr
Der fast ausgetrocknete Stausee des Wasserreservoirs Cantareira, der die brasilianische Metropole Sao Paulo mit Wasser versorgt, steht symbolisch für den Klimawandel.

© Danilo Ramos, epd Der fast ausgetrocknete Stausee des Wasserreservoirs Cantareira, der die brasilianische Metropole Sao Paulo mit Wasser versorgt, steht symbolisch für den Klimawandel.

1,5 Grad. Dieses Ziel hat sich in unseren Köpfen festgesetzt. Erwärmt sich die Erde um mehr als eben diese 1,5 Grad Celsius, droht die Klimakatastrophe. Wenn die Weltklimakonferenz in Dubai zusammentritt, wissen eigentlich alle dort versammelten Experten, dass die angepeilte Wegmarke längst unerreichbar ist.

In Deutschland sind die Temperaturen im Durchschnitt bereits um 1,2 Grad gestiegen. Lediglich ein Stopp fast aller Emissionen könnte das Ziel noch erreichbar machen - damit ist aber definitiv nicht zu rechnen.

Ziele müssen erreichbar sein - die 1,5-Grad-Marke ist es nicht mehr

Ziele müssen erreichbar sein. Weshalb eine der Erwartungen an Dubai eine neue Wegmarke sein sollte. Wem bringt es etwas, ständig eine nicht realisierbare Zahl vor Augen zu haben? Klar, eine Neudefinition käme einer Niederlage gleich. Doch machen wir uns nichts vor: Den Kampf um einen Erhalt unserer Umwelt in der vertrauten Form haben die Menschen längst verloren. Wasserknappheit, Extremwetter - seit langem gleiten wir in eine neue Phase. Etliche Kipppunkte stehen unmittelbar bevor.

Ein Grund zum Verzweifeln? Nein, zumal all die berechtigte Empörung leider nichts an den Tatsachen ändert. Eher ein Grund, um endlich konsequent global umzudenken. Dubai kann dabei wichtige Impulse setzen. Wenn es zum Beispiel gelänge, die Milliardentransfers von reichen Ländern in den Süden an konkrete Auflagen zu binden, wie dies Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), fordert.

Muss Deutschland den Automausstieg rückgängig machen?

Die Klimafinanzierung umzudefinieren, dürfte der deutschen Delegation in Dubai leichtfallen. Anders sieht es da schon mit dem Vorschlag des Chefs der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, aus: Er empfiehlt Deutschland, den Atomausstieg zu überdenken. Warum? Weil diese Technologie - rein unter Klimaaspekten betrachtet - sinnvoll sein kann.

Petteri Taalas, Chef der Weltwetterorganisation (WMO), hat kurz vor der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai Deutschland empfohlen, den Atomausstieg zu überdenken. 

Petteri Taalas, Chef der Weltwetterorganisation (WMO), hat kurz vor der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai Deutschland empfohlen, den Atomausstieg zu überdenken.  © -, dpa

Es wird in Dubai also auch für Deutschland unbequeme Debatten geben. Am Ende wird der Erfolg dieser Veranstaltung sich daran messen lassen müssen, ob der kleinste gemeinsame Nenner aller beteiligten Staaten groß genug ist, um überhaupt eine positive Änderung herbeizuführen.

In der Vergangenheit war dies selten der Fall. Leider, auch das muss in aller Offenheit eingeräumt werden, haben sich die Vorzeichen für konsequenten Klimaschutz seit dem letzten Zusammentreffen im ägyptischen Scharm El-Scheich signifikant verschlechtert: Überall dort, wo Kriege geführt werden, bleibt Umweltschutz komplett auf der Strecke. Und die Zahl der Konfliktherde steigt unaufhörlich.

Schwierige Zeiten, um den nächsten Generationen das zu hinterlassen, was das Mindeste wäre: eine Lebensgrundlage mit Zukunftsperspektive. Trotz aller Widrigkeiten darf an dieser Zielsetzung - anders als an der 1,5-Grad-Marke - nichts verändert werden.

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