Zeppelintribüne: Freistaat stellt 21 Millionen für Sanierung zur Verfügung

4.5.2019, 17:20 Uhr
Seit Jahren schwelt der Streit rund um die Zeppelintribüne in Nürnberg.

© Daniel Karmann/dpa Seit Jahren schwelt der Streit rund um die Zeppelintribüne in Nürnberg.

Die Zeppelintribüne und das Zeppelinfeld als Kernstück des einstigen NS-Reichsparteitagsgeländes bleiben auch für künftige Generationen als mahnendes "Nach-Denk-Mal" erhalten und werden noch konsequenter als bisher als "Lernort" erschlossen. Insgesamt gut 85 Millionen Euro sollen dafür fließen, freilich nicht auf einmal, sondern verteilt auf bis zu zwölf Jahre. Die Hälfte übernimmt der Bund, weil es um ein Erbe und eine Aufgabe von nationaler Bedeutung geht. Jetzt hat auch der Freistaat Bayern seine Beteiligung zugesagt: Er steuert 25 Prozent bei, also knapp 21,3 Millionen Euro; die Zustimmung des Landtags zu dem Doppelhaushalt mit dem Etatposten steht allerdings noch aus. Das verbleibende Viertel muss die Stadt Nürnberg schultern.

Bauwerk soll unverändert erhalten bleiben

Mit der Klärung der Finanzierung ist jetzt der Weg frei, das "begehbare Ausstellungsstück", so Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly, umfassend zu sichern – ohne jede Erneuerung oder gar Ergänzung. Um das zu verkünden und die Bedeutung des gemeinsamen Vorhabens zu unterstreichen, kamen zu einem Ortstermin neben Maly und Ministerpräsident Markus Söder auch noch Kultusminister Michael Piazolo, die Nürnberger Kulturreferentin Julia Lehner und Baureferent Daniel Ulrich. Bereits in den kommenden Wochen erfolgen die ersten Ausschreibungen, dann geht es an die Detailplanungen, ab Ende 2020 könnten die ersten Bautrupps anrücken.

Dabei ist die Stadt bereits in Vorleistung getreten und hat – für rund drei Millionen Euro – an verschiedenen Punkten Musterflächen bearbeitet, um die Baustruktur zu untersuchen und auszuloten, was nötig und möglich ist, um die Relikte zu erhalten. Ziel ist es, wie seit langem angekündigt und vom Nürnberger Stadtrat beschlossen, den weiteren Verfall zumindest zu stoppen und die Anlagen begehbar zu halten oder auch – wie etwa die gestuften Ränge am Zeppelinfeld – wieder neu zugänglich zu machen.

"Vorbildliches" Engagement für Erinnerungskultur

Dass das auf den eingehenden Erkundungen fußende Konzept die Zuschussgeber überzeugt hat, wertet das Kulturreferat als Bestätigung. "Man darf eine Stadt wie Nürnberg bei einer solchen Aufgabe nicht allein lassen", unterstrich Söder und lobte das vorbildliche Engagement Nürnbergs für die Erinnerungskultur. Die Erhaltung und Erschließung als Lernort habe enorme Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft. "Leider gibt es wieder politische Gruppen, die das furchtbare Geschehen der NS-Zeit als Vogelschiss bezeichnen, und Köpfe, in denen das Gedankengut von damals fortlebt", bedauerte der Ministerpräsident, "da dürfen wir ein Abhaken unter keinen Umständen zulassen".

Kulturreferentin Lehner stellte das Zeppelinfeld als Teil eines "Dreiklangs" mit dem Doku-Zentrum, das ebenfalls ausgebaut wird, und dem Memorium Nürnberger Prozesse dar. Als Erinnerungsort soll das Areal mit bestimmten "Perspektivpunkten" noch besser erschlossen und verständlich gemacht werden. Auch der "Goldene Saal" werde wieder regelmäßig zugänglich sein. Wichtig sei vor allem, den Blick auf die Tribüne, also aus dem Erleben von Parteitagsteilnehmern, nachvollziehbar zu machen. "Hier wurde den Leuten eingeimpft, der einzelne sei nichts und das Volk alles", ergänzte Kultusminister Michael Piazolo.

Einzäunung verhindern

Vorausgegangen waren jahrelange Vorplanungen, Untersuchungen und vor allem durchaus hitzige Grundsatz-Diskussionen. Sowohl unter den Bürgern wie in der Fachwelt war immer wieder auch ein sogenannter "kontrollierter Verfall" als Alternative propagiert worden, unter anderem vom inzwischen verstorbenen früheren Kulturreferenten Hermann Glaser. Allerdings sei ein "Verfall" ja gewöhnlich gerade nicht "kontrolliert", gab Maly zu bedenken. Und auch Glaser habe nie gewollt, dass die bröckelnde Substanz eines Tages dazu zwingen würde, das gesamte Areal großräumig einzuzäunen und die Öffentlichkeit aus Sicherheitsgründen auszusperren.


Neonazis marschieren mit Fackeln über Nürnbergs NS-Gelände.


Die bauliche Sicherung sei daher die Grundvoraussetzung dafür, die Steine weiterhin mit umfassenden pädagogischen Angeboten zum Sprechen zu bringen und die "demokratische Inbesitznahme" fortzuführen, so Maly weiter. Inzwischen seien über 30 Jahre seit der ersten Ausstellung "Faszination und Gewalt" im sogenannten Goldenen Saal vergangen – den Hitler entgegen verbreiteten Vorstellungen nie betreten hat. Und noch weit länger wird das Areal bewusst auch "profan" genutzt, etwa bei den Norisring-Rennen wie seit 1977 auch für Rockkonzerte. Für viele Zweck falle es gewiss leichter, das Geldausgeben zu rechtfertigen, räumte das Stadtoberhaupt ein. Dabei sei gewährleistet, dass andere wichtige Aufgaben, vom Kita-Ausbau über den Umweltschutz bis zur Kultur - nicht vernachlässigt würden. Die enormen Kosten seien nicht zuletzt durch den schieren Umfang des Areals bedingt, gab Baureferent Ulrich zu bedenken. "Dabei wurde damals alles schnell hochgezogen und keineswegs für die Ewigkeit gebaut."

Der Artikel wurde um 17.20 Uhr aktualisiert.

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