Lärm, Müll, Dreck
Quellepark: Der Frust unter den Anwohnern wächst
29.09.2021, 13:46 Uhr
Erst in den letzten Tagen wurde schon wieder ein Haufen in einen Hinterhof gesetzt. „Von einem Menschen“, sagt Wilhelm Heinlein und Dieter Stiegler lacht dazu gequält. Die beiden gehören zum Vorstand der Baugenossenschaft Nürnberg West. Die Genossenschaft verwaltet rund 400 Wohnungen, davon sind 300 direkt am Quellepark. Der Park ist hübsch, mit Bäumen, Sitzgelegenheiten, Wasserfontänen, einem Spielplatz. „Schon als wir die Pläne gesehen haben, haben wir uns gedacht: Das wird ein Rummelplatz“, seufzt Stiegler.
Der Westen Nürnbergs ist eines der Sorgenkinder der Stadt. Er ist dicht bebaut und eng bevölkert, hier leben weit mehr Menschen mit Migrationshintergrund als in anderen Vierteln, auch viel mehr Arbeitslose, gleichzeitig sind die Bewohner jünger. Das Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth zählt die Weststadt entlang der Fürther Straße zum Sozialraumtyp 2: „sozial angespannte Quartiere“. Seit 2018 verwenden Nürnberg und Fürth in ihren Analysen fünf Sozialraumtypen, um besser planen zu können. Der Typ 2 stellt die Städte vor die größten Herausforderungen.
Einst erstreckte sich hier inmitten von Eberhardshof, auf dem Quelle-Areal, ein öder Busparkplatz. Im Juni 2020 eröffnete Oberbürgermeister Marcus König den 1,3 Hektar großen Quellepark, der ein Baustein auf dem Weg zu einer schöneren Weststadt sein soll. Doch von Anfang an gab es Klagen: über nicht enden wollenden Lärm. Über die Riesenmenge an achtlos herumgeworfenem Müll. Über die fehlende öffentliche Toilette, weswegen es die Parkbesucher in die Hinterhöfe der Anwohner treibt. „Die haben den Quellepark völlig kopflos geplant, und dabei nicht weitergedacht, dass das hier auch sauber gehalten werden muss“, sagt Wilhelm Heinlein.
Schnapsflaschen und Hundehaufen
Das Gefühl, dass die Stadtoberen bei Themen wie der Nachverdichtung über die Köpfe der Menschen vor Ort entscheiden, lässt die beiden alteingesessenen Eberhardshofer mit dem Park hadern. Eine Unterschriftenaktion mit rund 160 beteiligten Anwohnern wurde im Rathaus abgegeben. Sie blieb ebenso folgenlos wie die Briefe an die Verwaltung. In einem Antwortschreiben vom 3. September 2021 räumt Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zwar ein: „Die große Beliebtheit bringt es leider mit sich, dass sich der ein oder andere Mitbürger“ dort aufhalte, „dessen oberste Priorität sicher nicht die Rücksicht auf das Umfeld oder Nachbarschaft“ sei.

Weniger freundlich ausgedrückt: „Auf der Mauer standen letztens 22 leere Fläschchen Schnaps, die Wiesen sind voller Hundehaufen, abends kann keiner auf dem Balkon seinen Feierabend genießen, es herrscht Freibad-Atmosphäre bis in die Nacht“, zählt Heinlein auf. Einige Mieter hätten deswegen schon gekündigt.
Es ist kein Zufall, dass eine der berüchtigsten Grünanlagen der Stadt ebenfalls im Westen liegt: der Jamnitzerplatz. Oft gibt es dort Ärger wegen Ruhestörungen, Alkohol- und Drogenkonsumenten, Linksautonome gerieten mit der Polizei aneinander. Kürzlich stand der Jamnitzerplatz wieder auf der Tagesordnung des Ausschusses für Recht und Wirtschaft. Die häufigen Kontrollen durch Polizei und den Kommunalen Außendienst seien überzogen, sagte Stadträtin Marion Padua (Linke Liste). Stadtrechtsdirektor Olaf Kuch bestätigte zwar, dass der Jamnitzerplatz „kein gefährlicher Ort im Sinne des Polizeiaufgabengesetzes“ sei, doch Stadtrat Ulrich Blaschke und Bürgermeister Vogel (beide SPD) gaben zu bedenken, dass überhaupt erst die regelmäßigen Kontrollen zu der Beruhigung beigetragen hätten. Fest steht, dass sowohl der Jamnitzerplatz als auch der Quellepark viel mehr Besucher haben als die Grünanlagen außerhalb der zugebauten und zugeparkten Weststadt.
Mehr Mülleimer, mehr Kontrollen
Daher wird der Jamnitzerplatz eine öffentliche WC-Anlage erhalten und für den Quellepark wird der Bau einer solchen geprüft, sagt Andre Winkel, der Sprecher des Servicebetriebs öffentlicher Raum (Sör). Möglicherweise drehe auch bald ein privater Sicherheitsdienst seine Runden, so Winkel. Sör ist für die Sauberkeit in Nürnbergs Grünanlagen zuständig. Ausgemacht ist, dass mehr und größere Abfallbehälter aufgestellt werden und Sör den Park öfter reinigt. Dennoch grollt Wilhelm Heinlein: „Die sollen alle mal nach vier Uhr nachmittags vorbeikommen, dann herrscht hier bei uns Wilder Westen!“
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