Natürliches Beruhigungsmittel

Wie wirkt Baldrian - und kann er Nebenwirkungen mit sich bringen?

Simone Madre

Redaktion & Management

E-Mail zur Autorenseite

24.11.2023, 08:00 Uhr
Tees, Tabletten, Tropfen, Säfte und Badezusätze: Baldrian wird vielseitig eingesetzt. 

© IMAGO/Gottfried Czepluch Tees, Tabletten, Tropfen, Säfte und Badezusätze: Baldrian wird vielseitig eingesetzt. 

Die Baldrianpflanze ist ein traditionelles Heilmittel. Bereits im Mittelalter fand Baldrian Anwendung - etwa als Mittel zur Heilung der Gicht und zur Linderung von Augenrötung. Auch als wohlriechende Zutat für Salben wurde die Pflanze genutzt.

Heute wird die Baldrianwurzel vor allem als pflanzliches Beruhigungsmittel bei Nervosität, innerer Unruhe und Schlafstörungen genutzt. Ganz stichhaltig nachgewiesen werden konnte die Wirkung bisher allerdings nicht. Es gibt zwar viele Studien, die meisten aber nur mit wenigen Teilnehmern. Andere hatten methodische Probleme.

Auch ohne umfangreiche Studien: Baldrian wird von vielen Menschen als pflanzliches und somit natürliches Mittel zur Beruhigung geschätzt, sowohl zur Schlafverbesserung als auch in stressigen Situationen. Aber was muss man zur Einnahme wissen? Gibt es Gefahren?

Was ist Baldrian genau?

Baldrian ist ein weißblühendes, etwa 50 bis 100 Zentimeter hohes Gewächs, das in Europa, Asien und Amerika heimisch ist. Es gibt über 150 verschiedenen Arten. In der Medizin wird der sogenannte "Echte Baldrian" verwendet. Er wächst vorzugs­weise auf feuchten und schattigen Standorten. In Deutschland fühlt die Pflanze sich vor allem an Wegrändern im Wald, in Flussnähe oder in Parkanlagen wohl.

Baldrian gehört zu den Geißblattgewächsen und hat doldenartige Blütenstände sowie gefiederte Blätter. Medizinisch genutzt wird die Wurzel. Sie wird auf verschiedene Arten verwendet:

  • Man kann die Wurzel zerkleinern und trocknen.
  • Man kann Saft aus der frischen Wurzel auspressen.
  • Man kann durch Lösungsmittel wie Methanol, Ethanol oder Wasser einen Extrakt gewinnen.

Je nach Herstellungsverfahren verändert sich auch die Zusammensetzung der genauen Inhaltsstoffe.

Die Wirkung von Baldrian: Wann das Kraut helfen kann

Eine Zusammenfassung der bisherigen Studien legt nahe, dass Baldrian bei der Verbesserung der Schlafqualität helfen kann. Zudem kennt die traditionelle Medizin Baldrian als Mittel bei Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Prüfungsangst und Überarbeitung. Mutmaßlich wirken Stoffe in der Baldrianwurzel, sogenannte Ligane, auf Neurotransmitter im menschlichen Körper. Dadurch entsteht eine entspannende und krampflösende Wirkung. Die Muskeln werden gelockert und der Kopf entspannt.

Laut der "Pharmazeutischen Zeitung" docken die Lignane vermutlich an die sogenannten A1-Rezeptoren im Hirn an, die auch für die Wirkung von Kaffee relevant sind. Nur sei der Effekt genau umgekehrt: Während Koffein die Rezeptoren blockiere und damit wach und nervös mache, wirke der Stoff aus der Baldrianwurzel beruhigend und entspannend.

Hierzu gab es auch eine kleine Pilotstudie, bei der die Teilnehmer erst viel Koffein erhielten und dann ein Kombi-Präparat mit Baldrian und Hopfen. Die Wirkstoffe konnten dem Koffein entgegenwirken, anscheinend indem sie es an den Rezeptoren verdrängten. Die stimulierende Wirkung des Koffeins wurde innerhalb von 60 Minuten gemindert oder aufgehoben, je nach Wirkstoffmenge.

Neben Baldrian und Hopfen sind auch Melisse und Lavendel typische Bestandteile von pflanzlichen Schlafmitteln.

Wie nimmt man Baldrian ein?

Baldrian gibt es in Form von Tees, Tabletten, Tropfen, Säfte und auch als Badezusatz. Auf den Präparaten steht jeweils, wann und in welcher Dosierung sie zu verwenden sind.

In der Regel nimmt man die Präparate bei Einschlafproblemen etwa eine Stunde bis eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen, bei Nervosität im Laufe des Tages.

Wer Baldrian ausprobieren will, sollte Geduld mitbringen: Zwar zeigen einige kleine Studien auch rasche Effekte. Es wird aber angenommen, dass sich der Effekt von Baldrian allmählich bis zur vollen Wirkung aufbaut. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) schreibt, für eine optimale Wirkung müssten manche Mittel zwei bis vier Wochen lang eingenommen werden.

Baldrian macht zwar nicht abhängig und erzeugt auch keinen Gewöhnungseffekt. Trotzdem gilt: Sind Symptome wie Schlafprobleme oder Nervosität nach zwei Wochen noch vorhanden, solle man sich an einen Arzt oder eine Ärztin wenden. Diese können zur Einnahme beraten, auf die Suche nach Ursachen gehen und Alternativen vorschlagen.

Gibt es Nebenwirkungen bei Baldrian?

Auch bei pflanzlichen Schlafmitteln kann es Nebenwirkungen geben. Bei Baldrian kommt es in seltenen Fällen zu Übelkeit, Bauchschmerzen oder Hautreaktionen.

Nimmt man zu hohe Dosen (etwa 20 Gramm am Tag) ein, kann es laut EMA weitere unangenehme Folgen geben: ein Engegefühl in der Brust, Benommenheit, Händezittern, Müdigkeit am Tag und Bauchkrämpfe. Diese Symptome enden in der Regel nach einem Tag wieder, sollten aber entsprechend behandelt werden.

Schwangeren und Stillenden rät die EMA davon ab, Mittel aus Baldrian zu verwenden, da es hierzu noch keine Studien gibt. Die EMA empfiehlt außerdem, dass Kinder unter 12 Jahren keine Baldrian-Produkte einnehmen sollten, da auch hier zu wenige Daten vorhanden sind.