Verbotene Stoffe

Was sind Weichmacher, warum sind sie gefährlich - und wie kann man sich schützen?

Georgios Tsakiridis

Online-Redakteur

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15.06.2024, 04:55 Uhr
In einer Untersuchung der Zeitschrift "Öko-Test" konnte in sieben Produkten der Weichmacher DnHexP nachgewiesen werden.

© Silvia Marks/dpa In einer Untersuchung der Zeitschrift "Öko-Test" konnte in sieben Produkten der Weichmacher DnHexP nachgewiesen werden.

Wir brauchen sie in unserem Alltag - und doch stellen sie ein beträchtliches Gesundheitsrisiko dar. Die Rede ist von Weichmachern. Laut Umweltbundesamt werden sie vor allem als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt. Erst ihre Zugabe verleiht dem an sich harten und spröden Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) elastische Eigenschaften und ermöglicht, dass er als Weich-Kunststoff eingesetzt wird.

Die chemische Industrie produzierte in Westeuropa laut dem Amt bereits 2013 jährlich rund eine Million Tonnen Phthalate. Mehr als 90 Prozent gingen in die Produktion des sogenannten Weich-PVC. Sie werden beispielsweise in Kabeln, Folien, Fußbodenbelägen, Schläuchen, Tapeten, Sport- und Freizeitartikeln eingesetzt.

Anfang 2024 sorgte der jüngste Weichmacher-Skandal für Aufsehe. Dabei hatte das Umweltbundesamt im Urin zahlreicher Bürger Hinweise auf einen in der EU bereits seit Jahren verbotenen und schädlichen Phthalat-Weichmacher gefunden. Verbraucher sind entsprechend verunsichert und fragen sich, wie sie sich schützen können.

Weichmachern können unter anderem die Leber schädigen und sich negativ auf den Hormonhaushalt und die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken, sagt Expertin Marta Ochalek vom internationalen Spezialchemiekonzern ALTANA. Durch den jahrzehntelangen Einsatz sei unsere Umwelt mit Weichmachern kontaminiert, sodass wir die Stoffe täglich unwissentlich über Luft und Nahrung aufnehmen, erklärt die Expertin.

Um die Anreicherung im menschlichen Organismus nicht weiter zu forcieren und die Gesundheit der Verbraucher zu schützen, sind in der EU bestimmte EU-Grenzwerte für ihren Einsatz. In besonders sensiblen Bereichen wie bei Lebensmittelverpackungen oder Kinderspielzeug ist die Verwendung bestimmter Phthalate mittlerweile stark begrenzt und teilweise komplett verboten.

Dennoch bestätigen Studienergebnisse wie die des Kantonalen Labor Zürich, dass die festgelegten Grenzwerte regelmäßig überschritten und Verbote umgangen würden, so Ochalek. Im aktuellen Fall bestehe der Verdacht, dass Importerzeugnisse von außerhalb der EU oder alte EU-Produkte verwendet wurden. Der Zoll könne immer nur stichpunktartig prüfen, so fallen eigentlich verbotene Produkte durch das Raster.

Was Verbraucher tun können, um sich zu schützen

"Bei Neuanschaffungen haben wir die Wahl und können bei manchen Alltagsgegenständen auf Holz oder andere Naturmaterialien statt auf Kunststoff setzen". Wenn ein Kunststoffprodukt aber unumgänglich ist, sollten Verbraucher laut Expertin Waren aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) wählen, da die ohne Weichmacher auskommen. Um welchen Kunststoff es sich handelt, ist am Recyclingsymbol und der darunter abgebildeten Bezeichnung zu erkennen

Idealerweise greifen Verbraucher im Supermarkt auf Lebensmittel in Glasverpackungen zurück. Doch Achtung: auch die kommen nicht komplett ohne Kunststoff aus. So finde sich im Schraubdeckel immer ein Kunststoffring, der dafür sorgt, dass das Glas wirklich luftdicht verschlossen ist, weiß Ochalek. Gerade in Bezug auf Babynahrung und speziell bei ölhaltigen Lebensmitteln ist Vorsicht geboten: Öl trägt dazu bei, Weichmacher aus dem Kunststoff zu lösen, sodass diese über das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) hinaus in die Nahrung wandern können.