Rettung für den Verbrenner?

e-Fuels: Die wichtigsten Infos rund um den grünen Kraftstoff

Ulla Ellmer

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7.3.2023, 16:15 Uhr
Porsche ist an einer e-Fuel-Produktionsstätte in Südchile beteiligt und der Hauptabnehmer des mit Windstrom erzeugten Kraftstoffs.

© Porsche Porsche ist an einer e-Fuel-Produktionsstätte in Südchile beteiligt und der Hauptabnehmer des mit Windstrom erzeugten Kraftstoffs.

Was ist bei der EU passiert?

Das sogenannte Verbrenner-Verbot, das EU-weit ab dem 1. Januar 2035 greifen soll, schien schon in trockenen Tüchern zu sein. Bereits Mitte Februar hatte das Europaparlament dem entsprechenden Vorschlag sein Placet erteilt, dass sich der Rat der Europäischen Union dem anschließen würde, galt als bloße Formsache. Von Polen und Bulgarien war zwar bekannt, dass sie wohl nicht zustimmen würden, auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte Ablehnungs-Absichten geäußert, Tschechien wackelte zumindest. Doch es waren die überraschenden Nachforderungen und das angedrohte Veto Deutschlands, das die erforderliche Mehrheit dann stark infrage stellte. Deshalb wurde die Entscheidung auf unbestimmte Zeit verschoben. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will, dass die EU-Kommission einen Vorschlag unterbreitet, wonach Verbrenner, die ausschließlich mit klimaneutralen e-Fuels betrieben werden, eine Ausnahmeregelung bekommen und dem geplanten Verbot dann nicht unterliegen.

e-Fuel – was heißt das?

Der Begriff leitet sich vom englischen Wort „electrofuel“ ab, ins Deutsche übersetzt bedeutet das so viel wie „Elektro-Sprit“. Gemeint ist synthetisch nachgebauter Kraftstoff. Bei der Herstellung wird zunächst Wasser mithilfe von Strom – idealerweise aus regenerativen Quellen wie Wind oder Sonne - in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Diesen Vorgang nennt man Elektrolyse. Anschließend erfolgt eine Anmischung des Wasserstoffs mit Kohlendioxid (CO2), das der Atmosphäre beziehungsweise Umgebungsluft entnommen wird oder – dann als Abfallprodukt – aus industriellen Prozessen stammt. Mit dem Endprodukt – synthetischem Methan, Benzin, Diesel oder Kerosin - könnten Verbrenner-Fahrzeuge, aber auch Flugzeuge oder Schiffe betrieben werden. Sofern der nicht-fossile Kraftstoff die gängigen Normen für Benzin und Diesel erfüllt, ist eine aufwendige Umrüstung des Autos nicht erforderlich.

Im Unterschied zu klassischen Biokraftstoffen, die aus Energiepflanzen gewonnen werden, stehen e-Fuels nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Wie hilft der Synthetik-Sprit dem Verbrenner?

Strenggenommen hat die EU nicht explizit ein Verbrenner-Verbot formuliert. Aber: Sie will ab 2035 nur noch neue Pkw, Vans und leichte Nutzfahrzeuge erlauben, die während der Fahrt keinerlei Treibhausgase emittieren. Und das läuft nach derzeitigem Stand auf batterieelektrische- oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge hinaus. Denn auch Autos, die mit synthetischem Kraftstoff fahren, stoßen CO2 aus. Allerdings nur so viel, wie vorher bei der e-Fuel-Herstellung gebunden worden ist. Bilanziell ergibt sich daraus zumindest ein klimaneutraler Betrieb. Das ist der Punkt, aus dem die Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Autos, die ausschließlich den neuen grünen Kraftstoff verbrennen, resultiert.

Was sagen die Befürworter?

Weltweit gibt es derzeit rund 1,3 Milliarden Autos mit klassischem Antrieb. Und 2035 wird der Verbrenner nicht schlagartig von den Straßen verschwinden. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter eines Autos bei rund zehn Jahren. Viele Fahrzeugbesitzer werden ihren Benziner oder Diesel erst einmal weiterfahren, auch der Erwerb und die Umschreibung eines gebrauchten Verbrenners bleiben erlaubt, zudem werden ausrangierte Autos oft ins Ausland verkauft und laufen dort weiter. In Weltgegenden wie Afrika oder Indien ist von einem Verbrenner-Aus ohnedies nicht die Rede, und selbst in einigen EU-Staaten – siehe oben – regt sich Widerstand. Denn nicht überall ist die Kaufkraft so hoch und die Elektroauto-Ladeinfrastruktur schon so aufgestellt wie in Deutschland oder Norwegen. Mit e-Fuels, für die sich das bestehende Tankstellennetz nutzen ließe, könnte der vorerst hohe Verbrenner-Bestand zumindest CO2-neutral betrieben werden. Das käme dem Klima zugute.

Wie argumentieren die Kritiker?

Sie bemängeln zunächst den niedrigen Wirkungsgrad der synthetischen Kraftstoffe. Ihre Herstellung, und da besonders die Elektrolyse, ist mit einem hohen Aufwand an Strom verbunden. Doch von der eingesetzten elektrischen Energie kommen selbst im Idealfall nur 20 bis 30 Prozent dem Vortrieb des Autos zugute, der ADAC geht sogar von lediglich 10 bis 15 Prozent aus. Beim batterieelektrischen Fahrzeug hingegen sind es etwa 70 bis 80 Prozent. Deshalb erscheint es ungleich sinnvoller, den Strom gleich direkt in den Akku eines E-Autos fließen zu lassen. Hinzu kommt, dass Öko-Strom zumindest derzeit noch knapp ist. Viele Entscheidungsträger wollen die e-Fuels deshalb lieber dort eingesetzt wissen, wo batterieelektrischer Antrieb eher keine Option ist – im Flug- oder Schwerlastverkehr beispielsweise.

Weil die Produktionsbedingungen für wirklich grünen synthetischen Kraftstoff in sonnen- oder windreichen Weltgegenden am besten sind, wirft auch die Frage des Transports Öko-Fragen auf. Die erforderlichen Schiffe oder Tanklaster müssten ebenfalls mit e-Fuels oder e-Methanol betrieben werden, was den Bedarf weiter steigen lässt.

Kann man e-Fuels schon kaufen?

Nein. Verschiedene Projekte befinden sich erst in der Vorbereitungsphase, unter anderem engagieren sich Unternehmen wie die atmosfair gGmbH, Ineratec oder das Dresdner Start-up Sunfire, das in Norwegen produzieren lassen will. Porsche wiederum ist ebenso wie Siemens Energy am Bau der e-Fuel-Produktionsstätte „Haru Oni“ im südchilenischen und windreichen Punta Arenas beteiligt, die den Betrieb bereits aufgenommen hat. Der mit „Windstrom“ erzeugte Öko-Sprit soll auch dazu dienen, Zuffenhauser Klassikern wie dem 911er das Überleben zu sichern. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund acht Millionen Euro unterstützt.

Wie teuer werden e-Fuels?

Das ist noch schwer zu sagen, auch, weil derzeit niemand weiß, wie sich die Preise für grünen Strom entwickeln werden und die Besteuerung aussehen wird. Aktuell gehen die einen Fachleute von mindestens 4,50 Euro pro Liter e-Fuel aus, andere denken, dass die Massenproduktion in Großanlagen perspektivisch Preise unter zwei Euro möglich macht.

Wie lässt sich Schummel-Betankung ausschließen?

Um sicherzugehen, dass wirklich grüner Sprit in den Tank fließt und das betreffende Auto zurecht kein Fall für das Verbrenner-Verbot ist, könnten spezielle Einfüllstutzen und Zapfpistolen verpflichtend werden.

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