Auf eigene Faust oder mit Schiffs-Reiseleitung?

Ausflüge von billig bis richtig teuer: Wir sagen, mit wem Sie auf Kreuzfahrt an Land gehen sollten

7.5.2022, 05:58 Uhr
Organisierte Ausflügler machen sich auf den Weg.

© Joachim Hauck Organisierte Ausflügler machen sich auf den Weg.

Es ist eine Bilderbuch-Kreuzfahrt entlang der mittelamerikanischen Küste. Die Sonne strahlt mit den Urlaubern um die Wette, die "Mein Schiff 1" rauscht elegant durchs ruhige, tiefblaue Meer. Als erste Trauminsel kommt Jamaika in Sicht - höchste Zeit, die Landgänge für die nächsten 14 Tage zu planen - was nicht ganz einfach ist.

Allein die Bord-Reiseleitung hat 350 verschiedene Ausflüge im Programm, in den Häfen wartet nochmal ein halbes Hundert privater Tourguides und Taxifahrer, die Individualisten ihre Dienste anbieten. Bei wem also sollen wir zuschlagen?

Dennis Bruening, der lange als Chef der Landausflugs-Abteilung gearbeitet hat und jetzt als Kreuzfahrtdirektor unterwegs ist, berät uns gerne. "Entscheidend ist, was für wen passt. Ein junger Passagier mit Erfahrung als Rucksacktourist ist natürlich anders einzuschätzen als ein älterer, vielleicht gehbehinderter Urlauber, der kein Englisch kann."

Das Feilschen mit Privatanbietern an Land lohnt sich

Will heißen: Wer das Feilschen mit Privatanbietern beherrscht und genau weiß, was er will, ist mit individuellen Touren meist gut beraten. Passagiere, die sich um nichts kümmern und in puncto Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit auf Nummer sicher gehen wollen, sind mit dem Gang zur Bordreiseleitung besser beraten – auch wenn der in der Regel teurer ist.

Beispiel Jamaica: 47 Euro verlangt TUI Cruises für den Transfer zur bekanntesten Sehenswürdigkeit der Insel, den Dunns River Falls. Mit dem Taxifahrer entgehen wir zwar nicht dem Riesenrummel vor Ort, doch der ist immerhin für ein Drittel des offiziellen Preises zu haben. Nicht unbedingt billiger, aber total entspannend ohne Menschenmassen und Gruppenkoller ist die Tagestour, die vorab und individuell im Internet bei einem professionellen Anbieter zu buchen ist: Ein Trip zum Vogelparadies in den Bergen, wo putzige Kolibris den Besuchern aus der Hand fressen, verbunden mit einem Abstecher zum Lethe River, der zu einer romantischen Bambusfloß-Fahrt einlädt. Immerhin 180 Dollar kostet die Tour für zwei Personen, doch sie ist es wert.

Was man nicht von allen selbst organisierten Touren sagen kann. Spottbillig ist der Ausflug zum "Barefoot Beach Club" im mexikanischen Costa Maya, den uns der Taxifahrer am Hafen aufgeschwatzt hat. Ein "super Club mit tollem Schnorchelrevier" sollte es sein und nur 17 Dollar kosten – entpuppt hat er sich als traurige Kaschemme mit ekligen Duschen und Toiletten, in der ein kleines Bier für fünf und die Cola für drei Dollar über die Theke geht. Können wir wenigstens schön schnorcheln? "Hier sehen Sie gar nichts", sagt der Kellner mit entwaffnender Offenheit – und bietet für 35 Dollar eine Bootsfahrt zu einem guten Schnorchel-Spot an.

Schnorchelsafari und Notfall-Taxi

Mit einem organisierten Ausflug wäre das sicher nicht passiert, was in Roatan, einer schmucken Insel vor Honduras, zu beweisen ist. 57 Euro kostet die Schnorchelsafari vor einem wirklich feinen Strandclub – so relaxed geht es zu, dass wir glatt die Rückfahrt verbummeln. Der Reiseleiter bleibt cool, bestellt ein schon geordertes Notfall-Taxi ab und organisiert uns stattdessen eine kostenlose Heimfahrt mit dem nächsten Ausflugsbus. Zwei Stunden mehr am Strand, kein Stress und keine zusätzlichen Ausgaben – besser kann Service nicht sein.

Eine Faustregel hat sich auf unserer Mittelamerika-Reise bewährt: Stadtrundfahrten wie im kolumbianischen Cartagena und Ausflüge zu gut erreichbaren Zielen eignen sich recht gut für individuelle Trips. Längere, eher komplizierte Touren wie zum Panama-Kanal, in den Urwald von Costa Rica oder zur Tierwelt von Belize bucht man als Durchschnitts-Passagier lieber an Bord.

Dass das sogar billiger sein kann, erleben wir auf der mexikanischen Insel Cozumel: 145 Euro pro Nase verlangt das Schiffsreisebüro für die Tagestour zur alten Maya-Stadt Tulum und der Lagune Xel Ha, Fahrt mit der Fähre zum Festland und Eintrittsgelder inklusive. Die freien Anbieter im Hafen machen die Tour für die Hälfte – allerdings ohne die Nebenkosten zu erwähnen. Die aber sind happig: 39 US-Dollar werden am Kassenhäuschen von Tulum fällig, der Freizeitpark in Xel Ha schlägt gar mit 99 Dollar zu Buche.

"Wir können manches deutlich günstiger anbieten", sagt Landausflugschef Bruening, "denn wir handeln hohe Rabatte heraus, weil wir eine Menge Gäste bringen." Was zwangsläufig den Nachteil hat, dass es oft entsprechend turbulent zugeht. Da beim Besuch in Cozumel vier Kreuzfahrtschiffe im Hafen liegen und tausende Touristen gleichzeitig über die Maya-Stätten herfallen, wird die Tour zeitweise zur Tortur: Lange Warteschlagen am Eingang und vor den Toiletten, dichtes Gedränge auf den Wegen, im Lärm ringsum kaum zu verstehende Guides – wir sind froh, zum Baden nach Xel Ha und wieder zurück an Bord zu kommen.

Doppelt froh sogar, denn hätten wir die Tour selbst organisiert, hätte das ins Auge gehen können: Weil sich Dutzende Mitreisende in der schönen Lagune verbummelt haben und der Feierabendverkehr gar zu wild ist, kommt der Bus erst eine Stunde nach der geplanten Abfahrt der "Mein Schiff" zurück in den Hafen. Natürlich hat der Kapitän auf alle Passagiere gewartet, die ihren Ausflug an Bord gebucht haben – wer auf eigene Faust unterwegs ist, kann darauf nicht vertrauen.

Schwimmendes Hotel vor Karibikinseln.

Schwimmendes Hotel vor Karibikinseln. © Joachim Hauck

Dennis Bruening erzählt von dem deutschen Ehepaar, das mit dem selbst organisierten Taxi zu spät zum Kai kam und auf eigene Kosten zum nächsten Hafenstopp fliegen musste. Immerhin hilft die Reederei in solchen Fällen: Ein Agent vor Ort kümmert sich um Flugtickets und Dokumente der Pechvögel, manchmal macht die Reiseleitung sogar das Unmögliche möglich. Bei der älteren Frau zum Beispiel, die auf eigene Faust eine schwere Wandertour unternommen und sich dabei ein Bein gebrochen hatte. Weil eine Gruppe vom Schiff den gleichen Weg ging, hatte sie Glück im Unglück: Ein Tourguide fuhr sie ins Krankenhaus und danach zurück zum Hafen. Den hatte das Schiff zwar gerade verlassen, die Crew aber fand einen Ausweg: Die Frau durfte ihrem schwimmenden Hotel mit dem Lotsenboot nachfahren.

So wollen die Reedereien ihr schlechtes Ansehen aufbessern

Der Ruf der Kreuzfahrt-Branche leidet unter der hohen Umweltbelastung durch die Riesenschiffe. Michael Strauß, als Generalmanager auf Schiffen von TUI Cruises unterwegs, sieht hingegen Fortschritte, vor allem jenseits des Schadstoff-Ausstoßes. 2018 startete ein Programm zur Einsparung von Plastik- und Einwegprodukten. Jährlich werden flottenweit 30 Millionen Plastikartikel bereits gespart. Die Strohhalme sind aus Glas, die Cocktailrührer aus Holz, die Schürzen der Köche aus Baumwolle, und Butter gibt es nur noch an den Butterspender-Automaten.

Umweltoffizier Nicolas Stocker stellt auch ein „deutlich gestiegenes Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein“ der Passagiere fest. Diese meiden Plastikflaschen und füllen ihr Wasser immer häufiger aus den Wasserspendern in Mehrwegflaschen und Glaskaraffen ab. Auch Handtücher und Bettwäsche lassen sie seltener waschen, wodurch der Wasserverbrauch um 15 Prozent gesenkt werden konnte.

Abfälle wurden zwischen 2018 und 2019 um 2,5 Prozent pro Person/ Nacht reduziert, die Verschwendung von Lebensmitteln ging um 17 Prozent. Im Versorgungsbereich sieht Stocker noch Luft nach oben: Den Luxuslinern werden viele Lebensmittel von anderen Schiffen nachgefahren. Denn in vielen Häfen ist nicht genug Gemüse, Fleisch oder Fisch für Passagiere und Besatzung zu kaufen. In Gesprächen mit den Spediteuren wird nach umweltverträglicheren Alternativen gesucht.

Mehr Informationen:
TUI Cruises
www.tuicruises.com
Anreise:
Flug ab Frankfurt oder München zum Start in der Dominikanischen Republik in zehn Stunden.
Wohnen:
An Bord gibt es die unterschiedlichsten Kabinenkategorien.
Beste Reisezeit:
November bis Mai
Die Reise: Mittelamerika II mit der "Mein Schiff 1" führt von der Dominikanischen Republik über Jamaika, Mexiko, Belize, Honduras, Costa Rica, Panama und Kolumbien zurück in die DomRep.
Preise: 14 Tage an Bord mit premium all inclusive Verpflegung kosten in der Innenkabine ab 1.315, in einer Balkonkabine ab 1.515 und in der teuersten Suite ab 4.949 Euro. Hinzu kommt jeweils die An- und Abreise für ca. 1000 Euro für den Hin- und Rückflug ab München in der Economy Class.
Auskünfte: gibt es in jedem Reisebüro, beim TUI Cruises-Serviceteam unter der Rufnummer 040 60001 – 511 oder im Internet unter tuicruises.com

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