Neue Etappenwanderung per App

Diese Festungen hätten Sie sonst nie erobert: So spannend sind fünf Tage auf dem Tiroler Burgenweg

Silke Roennefahrt

Lokalredaktion

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19.9.2023, 10:47 Uhr
Jeden Tag lockt eine andere Burg - zum Beispiel die Kronburg, die über dem gleichnamigen Wallfahrtsort thront.

© Silke Roennefahrt, NNZ Jeden Tag lockt eine andere Burg - zum Beispiel die Kronburg, die über dem gleichnamigen Wallfahrtsort thront.

Ein Aperol Spritz kommt uns bei Christoph Kössler nicht ins Glas. Der Chef der gleichnamigen Feindestillerie serviert lieber seinen Granta Sprizz, gemixt aus Preiselbeerlikör und Soda. Der fruchtig-frische Aperitif sei ein reines Naturprodukt, sagt Kössler. "Schon zwei bis drei Stunden nach der Ernte landen die Beeren in der Maische." Leider ist er in Tirol so gefragt, dass für den Export kaum etwas übrig bleibt. Dabei ist das prickelnde Getränk eigentlich ein Nebenprodukt, bekannt ist Kössler für Hochprozentiges.

Seine vielfach preisgekrönten Edelbrände kann man im Tiroler Schnapsdorf Stanz probieren, das wir auf unserer Wanderung passieren. Am sonnenverwöhnten Südhang im geschützten Landauer Talkessel reifen unter anderem Zwetschge und Spänling, eine Wildpflaumenart. Stanz bezeichnet sich selbst als größtes Brennereidorf Europas - 54 Brenner üben hier ihr Handwerk aus. Der Superlativ verschweigt jedoch, dass die meisten nur im Nebenberuf Spirituosen herstellen.

Von touristischem Rummel keine Spur, als wir mittags durchs Dorf spazieren, sind die Straßen leergefegt. Zum Glück ist mit Christoph Kösslers Destillerie auch ein hauptberuflicher Betrieb vor Ort, der uns auf Anfrage seine Türen öffnet und zeigt, wie die Maische in großen Edelstahltanks kontrolliert vergoren und dann destilliert wird. Eine Kostprobe des Schnapses genießen wir am historischen Ort: Im Geburtshaus des berühmten Tiroler Barockbaukünstlers Jakob Prandtauer - hier lebt Kössler mit seiner Familie.

Wir sehen tolle Schlösser, an denen man sonst vorbeirauscht

Zum Glück sind wir zu Fuß unterwegs und können ein paar Schluck genießen. Doch weil noch eine längere Wegstrecke vor uns liegt, wollen wir es mit den Edelbränden nicht übertreiben. Schließlich steht noch der Aufstieg zur Ruine Schrofenstein an, eine von fünf Burgen und Schlössern, die wir auf unserer mehrtägigen Wandertour passieren. Die trutzigen Bauten waren früher strategisch wichtige Punkte der Tiroler Grafschaften, sie thronen markant auf Felsvorsprüngen und prägen das obere Inntal. Dennoch rauscht man auf der Autobahn im Nu an manchen vorbei und schenkt ihnen allenfalls einen kurzen Blick.

An etlichen Stellen ist der Burgenweg mit einem Logo schon gut beschildert, zusätzlich hilft eine App auf dem Smartphone bei der Orientierung.

An etlichen Stellen ist der Burgenweg mit einem Logo schon gut beschildert, zusätzlich hilft eine App auf dem Smartphone bei der Orientierung. © Silke Roennefahrt, NNZ

Der Tiroler Burgenweg könnte das ändern. Im vergangenen Jahr neu ausgeschildert, verbindet er auf 65 Kilometern in fünf Tagesetappen nicht nur etliche Burgen und Schlösser, sondern auch zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten am Wegesrand. Der Clou dabei: Mit Hilfe einer App auf dem Smartphone kann man sich nicht nur über die im Frühsommer saftig grünen Almwiesen zur nächsten Station lotsen lassen, sondern hat gleich seinen mobilen Reiseführer in der Tasche. In Wort, Schrift und kurzen Hörspielen ist unterwegs viel Wissenswertes über die Region zu erfahren.

Wir wohnen bei den Barmherzigen Schwestern

Die Alpinschule Innsbruck (ASI) hat die Tour zudem leicht variiert und so angelegt, dass man während der Reise nur einmal das Quartier wechseln muss. Vom Etappenziel geht es dank guter Busverbindungen an drei Tagen ins Hotel Jägerhof in Zams zurück. Erst am vierten Wandertag ziehen wir um in den idyllisch gelegenen Gasthof Kronburg am Fuße der gleichnamigen Burg - ein abgeschiedener Ort, dessen besondere Atmosphäre auch von den Barmherzigen Schwestern von Zams geprägt wird, die die Anlage 2005 übernommen haben. Hier tragen die Zimmer Namen wie "Treue", "Güte" und "Leichtigkeit", nach dem Wandern lockt ein Kneippbad im Rosenlabyrinth.

Start- und Endpunkt der Tour ist Landeck, wo wir zum Auftakt das gleichnamige Schloss besichtigen - die einzige Burg auf diesem Weg, die zugleich ein Museum ist. Andere befinden sich in Privatbesitz, zum Teil sind auch nur noch Ruinen erhalten. In Landeck aber wartet ein Rundgang auf uns, der gleich mehrere Kapitel der Tiroler Geschichte streift und dabei zum Beispiel an das traurige Schicksal der Schwabenkinder erinnert.

Bis in die 1930er Jahre hinein mussten sich Kinder aus Tirol, Vorarlberg, Liechtenstein und der Schweiz während der Sommermonate in Oberschwaben und im Allgäu als Arbeitskräfte auf Bauernhöfen und in Bürgerhäusern verdingen. Alljährlich wanderten Hunderte von Minderjährigen dorthin, rund 200 Kilometer lang war der Weg über den Arlberg zum Kindermarkt in Ravensburg.

Der perfekte Einstieg ins Etappenwandern

Wir selbst legen gerade mal ein Drittel der Strecke zurück, bei steileren Abschnitten hilft die Bergbahn, mit der wir in wenigen Minuten den Venet erreichen. Der Abstecher dorthin ist nicht Teil des Burgenwegs, er lohnt sich aber auch wegen der grandiosen Aussicht auf Ötztaler und Lechtaler Alpen. Noch im Frühsommer kann es durchaus passieren, dass man ein paar Schneefelder passieren muss - eine gute Ausrüstung empfiehlt sich also auch für diese sonst nicht allzu anspruchsvolle Tour. Auch beim Wetter sollte man auf alles gefasst sein - binnen Minuten ziehen manchmal Gewitter am zuvor noch strahlend blauen Himmel auf.

Wasser und ein wenig Proviant im Rucksack können ebenfalls nicht schaden, allzu viele Einkehrmöglichkeiten gibt es entlang des Burgenweges nicht. Das wäre dann aber schon der einzige "Nachteil" auf der ansonsten äußerst abwechslungsreichen Tour, die von vielen schönen Ausblicken über erfrischende Kneippbäder bis hin zu spektakulären Wasserfällen wie dem Zammer Lochputz jede Menge zu bieten hat. Und auch als bequemer Einstieg ins Etappenwandern eignet sich der Burgenweg perfekt.


Mehr Informationen:
Alpinschule Innsbruck

Telefon: +43 512 54600060 oder +49 30 3187793360

www.asi-reisen.de, die Wanderreisen auf dem Tiroler Burgenweg organisieren.

Beste Reisezeit: Juni bis Oktober.

Anreise: Mit dem Auto in dreieinhalb Stunden über München und Garmisch (340 Kilometer) oder mit der Bahn in vier bis fünf Stunden über München und Innsbruck.

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