Von Null auf 1.000 Meter

Vom Meer zum Gipfel: Gran Canaria bietet für Radsportbegeisterte reichlich Abwechslung

Matthias Oberth

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6.5.2024, 14:29 Uhr
Schroffe Felsen, steile Rampen: Gran Canaria verlangt selbst sportlich ambitionierten Fahrer*innen einiges ab.

© Matthias Oberth Schroffe Felsen, steile Rampen: Gran Canaria verlangt selbst sportlich ambitionierten Fahrer*innen einiges ab.

Leicht panisch geht mein Blick auf das hintere Ritzel. Wie oft kann ich noch nach oben schalten, um einen leichteren Gang einzulegen? Dabei befinden wir uns auf einer fast brettlebenen Strecke von Maspalomas in Richtung der Hauptstadt Las Palmas. Immer hart an der Küste entlang und eigentlich eine perfekte Strecke zum Tempobolzen. Die Passatwinde haben aber für sich entschieden, dass sie an unserer ersten Ausfahrt mal zeigen wollen, was kräftig bis stürmischer Wind über Gran Canaria ganz konkret heißt.

Doch es gibt kein Zurück. Schließlich soll die Zeit, für die wir uns mit Leih-Rennrädern versorgt haben, auch optimal genutzt werden. Ob Rennrad oder Mountain-Bike – der Trend zur sportlichen Betätigung auf der Ferieninsel ist nicht neu, gewinnt aber immer mehr an Bedeutung. Befeuert wird die Entwicklung durch Verleihshops, die in den vergangenen Jahren sowohl an Quantität als auch in der Qualität deutlich zugelegt haben.

So bietet free motion inzwischen in sieben über die Insel verteilte Shops ihre Dienste an. Vom Radverleih über geführte Touren bis hin zum persönlichen Fahrrad-Guide, mit dem man gemeinsam die besten Routen erkunden kann. Weitere Anbieter sind beispielsweise cyclo canaria oder life on 2 wheels, die allesamt mit neuesten Rennrädern oder Moutainbikes im Verleih glänzen.

Eine Notwendigkeit sich einer geführten Tour anzuschließen, besteht allerdings nicht. In den Bike-Läden werden gerne Tipps für Routen auf weniger befahrenen Straßen gegeben oder reizvolle Moutainbike-Strecken empfohlen. Dabei wird Rücksicht auf das (selbst eingeschätzte) Leistungsvermögen genommen, denn die Insel hat es nicht nur wegen der steifen Brise an der Küste in sich.

Schweißtreibende Anstiege

Sobald man sich vom Küstenstreifen entfernt, beginnen die Anstiege, die schnell zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden. Beispielsweise über El Doctoral und Cruce de Arinaga hinauf nach Santa Lucia de Tirajana. Die sportlich-ambitionierten Hungerhaken ziehen an uns vorbei und plaudern noch locker miteinander, während wir unsere Gespräche längst eingestellt haben und uns von einer Serpentine zur nächsten quälen. Dabei ist unsere Tour mit rund 70 Kilometern Streckenlänge und 1000 Höhenmetern für die Rennradenthusiasten eher was zum warmfahren.

Wer es deutlich härter will, nimmt von Maspalomas direkt die Straße nach Degollas, lässt den Alto de los Culantonés (392 Meter) links liegen und nimmt dann den Mirador del Moro de las Vacas in Angriff. Zehn Kilometer mit bis zu 10 Prozent Steigung sind schon mal eine Ansage. Vom knapp 1000 Meter hohen Gipfel geht´s dann rasant hinab auf 300 Meter über dem Meeresspiegel, um dann erneut auf rund 900 Meter aufzusteigen. Am Ende einer Ausfahrt mit deutlich über 100 Kilometern zeigt das GPS-Gerät auch über 2000 Höhenmeter auf.

Rundgang mit klappernden Schuhen

Wir halten uns da eher an die weniger anspruchsvolle Route und mühen uns zunächst weiter in Richtung Santa Lucia de Tirajana ab. Die ebenso karge, wie atemberaubende Landschaft lässt uns zu diesem Zeitpunkt eher kalt. Wir sind viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Doch die Rettung naht in Form eines frühzeitigen Abzweigs, der uns viele Höhenmeter sparen wird. Die zum Teil halsbrecherische Abfahrt in Richtung Agüimes kann beginnen und alle Strapazen sind schnelle vergessen. Zumal das Städtchen zu einer längeren Pause einlädt und wer will, kann gerne mit seinen klappernden Rennradschuhen einen Rundgang durch die pittoresken Gassen starten. Zurück geht es schließlich entspannt über Igenio und Carrizal auf die Küstenstraße und – dank des nun extrem angenehmen wie hilfreichen Rückenwinds – in atemberaubender Geschwindigkeit zurück nach Maspalomas.

Große Auswahl an Routen

Wenngleich Maspalomas ein guter Ausgangspunkt für abwechslungsreiche Touren ist (besonders empfehlenswert ist auch die Route nach Puerto Mogán, wo sich gefühlt mehr Rennradenthusiasten auf der Straße bewegen als Autos), so halten die Apps von Komoot, Strava oder Outdooractive unzählige Tourenvorschläge für die Insel parat. Es gibt deshalb fast keinen Ort auf Gran Canaria von dem man sich nicht in ein (Renn-)Radabenteuer stürzen könnte.

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