Spät, aber doch: Fürther Rabbiner bekommt Gedenktafel

9.8.2020, 16:00 Uhr
Spät, aber doch: Fürther Rabbiner bekommt Gedenktafel

© Foto: Armin Leberzammer

"Überaus freundlich" sei sie vom Rabbiner und dessen Familie aufgenommen worden, erinnert sich Dumann. Die Seniorin war damals zwölf Jahre alt und zu Besuch bei ihren Großeltern, denen das Wohn-haus der Breslauers gehörte. Um 1936 müsse das gewesen sein. "Am Kachelofen war etwas kaputt und mein Großvater hat mich mitgenommen, als er das richten wollte", sagt sie. Zwei Jahre darauf hörte sie – zurück an ihrem damaligen Wohnort in Oberbayern – erneut etwas aus Fürth und es waren erschütternde Nachrichten. "Die Großmutter war ganz aufgelöst, weil die Nazis den Breslauer mitten in der Nacht aus der Wohnung geholt haben", erzählt Annemarie Dumann, "im November, nur mit einem Nachthemd bekleidet – das hat mich nie wieder losgelas-sen." Nun, im hohen Alter, wollte die mittlerweile in einem Senioren-heim in Nürnberg lebende Zeitzeugin dem einst diffamierten und misshandelten Leo Breslauer ein Denkmal setzen.

Ein Wunsch, dem die Stadt gerne nachkam. "Wir sind dankbar, wenn sich Bürger für die Erinnerung engagieren, vor allem, wenn sie die damalige Zeit noch selbst miterlebt haben", erklärte Bürgermeister Markus Braun. Kleiner Wermutstropfen: Mit der Adresse scheint es irgendwo in der Verwaltung einen Zahlendreher gegeben zu haben. Statt vor der Theaterstraße 54 wurde die Plakette vor der Hausnummer 44 ins Trottoir eingelassen. Abschließend klären ließ sich der Sachverhalt bei der Enthüllung zwar nicht. Doch sind sich Dumann und ihre Tochter sehr sicher, dass es sich bei Nummer 54 um die richtige Anschrift handelt. Dafür spricht auch, dass genau dieses Haus in den 80er Jahren von ihrer Familie an die heutigen Eigentümer verkauft wurde. Eindeutige Belege hofft nun die Fürther Historikerin Barbara Ohm im Stadtarchiv zu finden. Die Arbeiter des Tiefbauamts werden demnächst also wohl noch einmal Hand anlegen müssen.

In die USA

Die Geste an sich wird durch den Fauxpas jedoch nicht geschmälert, wie auch Daniela Eisenstein betonte. Die Leiterin des Jüdischen Museums hatte erst unlängst von dem Vorhaben erfahren und steuerte bei der Enthüllung der Tafel – trotz der kurzen Frist – einige interessante Informationen bei. Demnach konnte Leo Breslauer, der von 1924 bis 1938 als Rabbiner in Fürth wirkte, vor Beginn des Krieges und der millionenfachen Ermordung der europäischen Juden mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten emigrieren.

Für Annemarie Dumann eine gute Nachricht, denn vom Schicksal des Rabbiners hatte sie nie wieder etwas erfahren und befürchtete deshalb, er sei nach seiner Verhaftung irgend-wann ermordet worden. "Seine Frau und die Kinder konnten wohl nach Holland auswandern, aber dann haben wir auch nichts mehr von ihnen gehört", erzählt sie.

Den Juden sei so viel Böses angetan worden, mit der Gedenkplatte wolle sie daran erinnern und "einen herzlichen Menschen und seine Familie" ins öffentliche Gedächtnis zurückholen.

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