Braucht Treuchtlingen mehr Wohnraum?

31.8.2020, 06:04 Uhr
Braucht Treuchtlingen mehr Wohnraum?

© Rudi Beringer, Limes-Luftbild

Der Wunsch nach mehr Sozialwohnungen war in den vergangenen Jahren immer wieder Thema im Treuchtlinger Stadtrat. In der Gstadter Straße sollten zuletzt entsprechende Gebäude entstehen, wobei sich die Ratsmitglieder noch uneins über Zahl und Größe waren. Aus dem neuen Flächennutzungsplan flog das Grundstück dann aber heraus. Das Aus für die neuen Wohnungen? Nein, nur eine Formalie. Doch wie sieht es insgesamt mit dem Wohnraum in der Altmühlstadt aus, und wohin geht die Reise?

Braucht Treuchtlingen mehr Wohnraum?

© TK-Archiv

53 Sozialwohnungen hält die Stadt Treuchtlingen aktuell nach Auskunft des Stadtbauamts bereit, dazu kommen weitere 195 Objekte der Wohnungsbaugenossenschaft Altmühlfranken. Nichtsdestotrotz sprach die Lenkungsgruppe bereits vor knapp drei Jahren von einem "dringenden Bedarf". Deshalb sollen seit 2018 zunächst zwei, später nur noch ein neuer städtischer Wohnblock auf den Wiesen am nördlichen Stadtrand zwischen Altmühl und Gstadter Straße entstehen. Von knapp zwei Millionen Euro war damals die Rede, die die Stadt in die Hand nehmen wolle.

Als der Stadtrat die Fläche nun im Zuge der Aktualisierung des Flächennutzungsplans für die Bebauung umwidmen wollte, machte dem jedoch das Landratsamt einen Strich durch die Rechnung. Wegen der Lage im Überschwemmungsgebiet der Altmühl muss das Areal vorerst Grünland bleiben. Das verärgerte auch etliche Leser unserer Zeitung, die der Kommune vorwarfen, mit der Modernisierung der Therme viel Geld in den Tourismus zu investieren, aber zu wenig für die Bürger vor Ort zu tun – insbesondere für die finanziell schwächer gestellten.

Kein Aus für die Gstadter Straße

Im konkreten Fall des Wohnprojekts in der Gstadter Straße ist diese Kritik jedoch offenbar unbegründet, wie es aus Verwaltungs- und Stadtratskreisen heißt. Denn das Landratsamt habe lediglich eine generelle, nicht an ein Vorhaben gebundene Nutzungsänderung der Fläche abgelehnt. Plane die Stadt dagegen ein konkretes Projekt, werde die Frage anhand der Notwendigkeit und Alternativen neu bewertet. Und vor allem letztere hat Treuchtlingen angesichts seiner beengten Lage kaum.

Aber nicht nur mehr Sozialwohnungen stünden der Altmühlstadt gut zu Gesicht. Die Interessensgruppe der Treuchtlinger Pendler, die sich in der Vergangenheit immer wieder für eine Aufwertung des Bahnhofs (samt besserer Taktung und Parkhaus) stark gemacht hat, weist auch auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Berufspendler hin. Denn immerhin arbeiten laut "Pendleratlas" der Bundesagentur für Arbeit rund 13.500 oder 34 Prozent der gut 39.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Wohnsitz im Landkreis außerhalb desselben, während nur 7000 "einpendeln".

Wohnen im Ballungsraum unbezahlbar

Angesichts von Monatsmieten jenseits der 20 Euro pro Quadratmeter (in der Spitze bis zu 2800 Euro für 70 Quadratmeter) und Neubaupreisen zwischen 5000 und 20.000 Euro pro Quadratmeter in den umliegenden Ballungsräumen München, Ingolstadt und Augsburg sowie im Umfeld großer Arbeitgeber wie Audi oder BMW wäre es laut Pendler-Sprecher Bernhard Reil eine echte Chance für Treuchtlingen, günstigere Alternativen anzubieten. Denn während die Gewerbesteuereinnahmen stark von der Konjunktur (und bisweilen vom Wohlwollen der örtlichen Unternehmen bei der Deklaration ihrer Standorte) abhängen, könnte eine höhere Einkommensteuerbeteiligung durch den Zugzug gut verdienender Pendler den notorisch klammen Stadtsäckel deutlich verlässlicher füllen.

"Der Stadtrat sollte nicht nur darüber nachdenken, wie wir Geld sparen, sondern auch darüber, wie wir mehr Einnahmen generieren. Und Pendler verdienen oft mehr als ortsansässige Arbeitnehmer", erklärt Reil. Dennoch müsse es nicht immer ein Einfamilienhaus sein. So wäre beispielsweise im Zuge der potenziellen, nach dem Streit um die Wasserrechte im vergangenen Jahr jedoch vorerst auf Eis liegenden Auslagerung der Firma Altmühltaler aus der Stadtmitte auf deren Gelände "viel Platz für mehrere große Wohnhäuser". Und deren Bewohner würden wiederum die von manchen bereits totgesagte Stadtmitte beleben.

Kleine Häuslebauer überwiegen

Wegen des Flächenverbrauchs umstritten ist unterdessen die Ausweisung neuer Baugebiete für Ein- und Zweifamilienhäuser. Während sie in Treuchtlingen und vor allem in dessen Ortsteilen wie etwa in Möhren schmerzlich fehlen, um die junge Generation im Dorf zu halten, steht Altmühlfranken hier insgesamt gar nicht so schlecht da. Wie der Zeitungsdienst Südwest (ZDS) berichtet, sind in Bayern zuletzt knapp 44 Prozent der jährlich rund 24.000 neu gebauten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern entstanden. Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen waren es fast zwei Drittel, was sogar bundesweit zu einem Platz im obersten Drittel der "häuslebauerfreundlichen" Gebiete reicht.

Unter dem Strich stand laut ZDS im Jahr 2018 im Landkreis ein Einwohner-Plus von 185 Personen 333 neuen Wohnungen gegenüber – 18 weniger als im Vorjahr, aber 61 mehr als 2016 (zum Vergleich: im Spitzenjahr 1995 lag die Zahl der fertiggestellten Wohnungen bei 950). 163 dieser Wohnungen seien in Einfamilien-, 25 in Zweifamilienhäusern entstanden, wobei nicht ermittelt wurde, ob die Bauherren von außerhalb kamen oder bereits in der Region lebten.

Allerdings spreche man erst davon, dass der Wohnungsbau nicht mehr mit der Bevölkerung Schritt hält, wenn letztere mehr als zweieinhalb Mal so schnell wächst wie die Zahl der Wohnungen, so der ZDS. Bei der Größe der Neubauten weist die Statistik für Altmühlfranken 45 zusätzliche Ein- und Zwei-, 75 Drei- und 78 Vier-Zimmer-Wohnungen sowie 135 neue Wohnungen mit fünf und mehr Räumen aus.

Keine Kommentare