Frust und Existenzangst: So geht es den Treuchtlinger Wirten

10.4.2021, 06:01 Uhr
Frust und Existenzangst: So geht es den Treuchtlinger Wirten

© Foto: Lidia Piechulek

Es klingt im ersten Moment ziemlich rosig, ist es aber nicht: Denn anfangs hatte die Bundesregierung den Wirten und Wirtinnen im Lockdown Soforthilfe in Höhe von 75 Prozent des Umsatzes zugesichert. Erst im Nachhinein wurde der Umfang korrigiert: In der Praxis werden nun die Einnahmen aus dem "To Go"-Betrieb abgezogen, die Hilfsgelder werden dann als Gewinn jedes gastronomischen Betriebs verbucht.

Das bedeutet, dass am Ende des Jahres an die 40 Prozent als Einkommenssteuer erneut abgehen. "Da bleibt nicht mehr viel übrig", formuliert es Stadthallen-Wirt Ioannis Avgoustis. Erst im Januar ist der Restaurantbesitzer in das "To go"-Geschäft eingestiegen und sperrt auch unter der Woche auf.

Unter der Woche ist sehr wenig los

Notgedrungen, und um den vielen Nachfragen von Gästen gerecht zu werden. "Um etwas beizutragen", wie er es formuliert. Nicht etwa, weil es sich finanziell lohnen würde. Ein Großteil der Gaststätten in den Ortsteilen und Dörfern haben sich hingegen auf den Sonntag als einzigen Verkaufstag festgelegt. "Wegen zwei, drei Schnitzeln unter der Woche aufzusperren, rentiert sich einfach nicht", lautet die Begründung von Herbert Schmidt aus Graben. Der Wirt der Gaststätte zum Karlsgraben hätte im Normalfall in einer Woche die erste Kirchweih der Saison ausgerichtet, doch das fällt heuer zum zweiten Mal flach.


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Aber nicht nur er, sondern die meisten Dorfgaststätten sind gleich doppelt – ja sogar dreifach – gepeinigt: Sie haben teilweise Gästezimmer und Ferienwohnungen, würden normalerweise Hochzeiten und Geburtstage in ihren Räumen veranstalten und normalerweise laufend Gäste bewirten. Stattdessen herrscht seit einem halben Jahr Minimalbetrieb, und es zeichnet sich eine zweite Saison mit wenig Umsatz ab.

Sämtliche Wirte, die sich gegenüber dem Treuchtlinger Kurier geäußert haben, durchleben gerade dieselbe Gemütslage: Es herrscht Frust, man fühlt sich vergessen von Seiten der Politik, aber weiß um den Rückhalt der Stammkunden.

Jedes Lokal hat mittlerweile Erfahrungen gesammelt, welche Gerichte "gut gehen", und welche nicht nachgefragt werden oder schwer zu transportieren sind. Bei den deutschen Lokalen ist das Schäufele der klare Verkaufsschlager. So sehr, dass sich Christa Breit von der Brotzeitstube Breit in Schambach zuweilen selbst wundert, "wer die ganzen Schäuferla eigentlich alles wegbringt". Zumal ja in jeder Gaststätte genau dieses Gericht hoch im Kurs ist.

Dankbar um jeden Kunden

Auch sie ist sehr dankbar um all jene Kunden, die regelmäßig – teilweise fast jedes Wochenende – bei ihr bestellen. Fakt ist aber dennoch: "Das Konto wird trotz der Arbeit und des Aufwands, den wir betreiben, immer leerer", formuliert die Wirtin. Wer bereits viele Jahre eine Wirtschaft führt, könne zwar eine Weile von seinen Rücklagen zehren. "Aber das Geld, das jetzt weg ist, ist halt weg."

Frust und Existenzangst: So geht es den Treuchtlinger Wirten

© Foto: Lidia Piechulek

Der Wirt der Stadthalle ist einer von ihnen und gibt offen an, dass er in den vergangenen 28 Jahren Rücklagen bilden konnte, die ihm nun helfen, um über die Runden zu kommen. "Und auch die Hilfen halten uns über Wasser", erklärt er. Trotzdem musste der Gastronom einen Kredit aufnehmen, der mittlerweile auch schon wieder zur Hälfte aufgebraucht ist. Er investierte dieses Geld unter anderen in ein Objekt, dass seinem Lokal vielleicht langfristig weiterhelfen kann: Ein zwei Meter hoher Luftfilter, der sechsmal die Stunde die gesamte Luft im Raum auswechselt.

Nutzen will er dieses Gerät in seinem griechischen Lokal, damit seine Gäste sich auch bei einem Aufenthalt im Innenbereich sicher fühlen können. Die Anschaffung kostete stolze 4000 Euro. "Gedacht habe ich dabei vor allem an den Winter", erklärt Avgoustis. Ob dann die Innengastronomie erlaubt sein wird, steht aber auf einem anderen Blatt.

Außen ist es noch zu kalt

Problematisch ist laut Otto Schmidkunz vom Landgasthof zum Hirschen in Wettelsheim vor allem eines: die Perspektive fehlt. "Heuer weiß kein Mensch, wie es mit uns weitergeht, nicht mal der Steuerberater", moniert er. Seiner Ansicht nach wird der Erfolg in der Außengastronomie vor allen Dingen davon abhängen, wie hoch die Hürden für einen Besuch gelegt werden. Wenn für jeden Gast, der gerne auf ein Bier vorbeikommen würde, ein aktueller Corona-Test gefordert wird, wird das Gästeaufkommen gering sein – davon ist der Wirt überzeugt.


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Der Grabener Wirt, Herbert Schmidt, verweist hingegen auf das im April und Mai sehr unbeständige Wetter. Zelte und Pavillons, oder auch Heizpilze, würden vielleicht noch ein paar mehr Gäste anlocken, räumt er ein. Aber auch das wären weitere Kosten, in Zeiten, in denen die Wirte ohnehin kaum etwas einnehmen. "Es ist eine sehr schwierige Zeit für uns", erklärt er. Unendlich fortführen könne man den Betrieb so auch nicht. Und wenn es auf Dauer keine tragbaren Lösungskonzepte gibt, "dann gibt es bald halt keine Dorfgaststätten mehr", sagt er ganz deutlich.

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