"Hambacher Forst" am Treuchtlinger Patrich?

4.1.2020, 06:04 Uhr

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Die Bewohner des Baugebiets stören sich schon seit längerem an der Verkehrssituation. Auf der Staatsstraße 2216 seien die Autofahrer oft viel zu schnell unterwegs, vor allem aus Richtung Auernheim erreichten sie Tempo 50 häufig erst weit hinter dem Ortsschild. Direkt nach diesem quert jedoch der Fußweg zum Patrich, zum gegenüberliegenden Spielplatz und weiter in Richtung Stadtmitte und Schulen die Fahrbahn.

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Bald soll zwar eine Verkehrsinsel die Raser bremsen, einen "Geschwindigkeitstrichter" halten Stadt, Polizei, Bau- und Landratsamt aber einhellig für unnötig. Wer nicht bremsen will, werde das dort so oder so nicht tun. Die Anwohner wiederum verstehen nicht, warum nur stadtauswärts Tempo 30 gilt.

Neben den Gefahren geht es den Bürgern im Winkel, die deshalb im April 2019 eine "Initiative für Verkehrssicherheit" gegründet haben, aber auch um den Lärm. Im Süden wird gerade der Schutzwall verlängert. In der Fortsetzung bis zur Hahnenkammstraße und von der Zufahrt bis zum Amselring schützte außerdem bisher ein zehn bis 20 Meter breiter Baumstreifen das Wohngebiet, über den Anlieger wie Dieter Hecker "sehr glücklich waren".

"So weit der Baggerarm reichte"

Doch der Streifen ist nun größtenteils weg. Er wurde "mit schwerem Gerät durch den Bauhof der Stadt Treuchtlingen für viele Jahre unwiederbringlich zerstört", wie Hecker unserer Zeitung berichtet und auch die Stadt auf Nachfrage bestätigt. Die Arbeiter hatten den Auftrag, den Bewuchs zu stutzen, um ein "Lichtraumprofil" entlang der Fahrbahn freizuschneiden.

"Viereinhalb Meter über der Fahrbahn und zweieinhalb über dem Gehweg sind Vorschrift", räumt Hecker ein. Stattdessen habe der Trupp "alles herausgeschnitten und -gerissen, so weit der Baggerarm reichte". Rund 150 meist junge, aber schon um die zehn Meter hohe Bäume seien dem etwa sechs Meter breiten "Kahlschlag" zum Opfer gefallen.

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Anders als am Bahndamm nach Graben, dessen radikale Rodung vergangenes Jahr nachträglich beklagt wurde, formierte sich im Winkel jedoch Widerstand. Anwohner kamen hinzu, um die Arbeiten zu stoppen. Zuerst hätten sich Bauhofmitarbeiter und Förster unbeeindruckt gezeigt und ihr Vorgehen "mit wirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten begründet, da nach dem Kahlschlag für viele Jahre nicht mehr nachgeschnitten werden müsse und kein Laub mehr fallen würde, was wiederum zu Einsparungen beim Einsatz der Kehrmaschine führe", erzählt Dieter Hecker.

Als die Bürger jedoch begannen, die Straßenseiten mit ihren Autos zuzuparken, um den Bagger zu blockieren, kochte die Stimmung hoch. Wer am Ende die Polizei rief, weiß Hecker nicht – "verängstigte Anwohner, die um ihre Wohnqualität fürchteten, oder Arbeiter, um die Rodung durchzusetzen". Die Beamten jedenfalls glätteten die Wogen: Die Bürger kehrten in ihre Häuser zurück, der Rodungstrupp zog nach halb getaner Arbeit ab. Immerhin das Wäldchen am Amselring blieb intakt.

Verstoß gegen Bebauungsplan?

Gegen die Abholzung spricht für Hecker neben dem Lärmschutz auch der Bebauungsplan. "Der Erhalt eines straßenbegleitenden Waldstreifens wird angestrebt. Entlang der Straße Im Winkel ist ein älterer Laubbaumbestand vorhanden, der erhalten bleiben sollte", heißt es dort. Und weiter: "Die Rodung von Waldflächen stellt grundsätzlich einen Verlust von Lebensräumen dar. (...) Die grünordnerischen Maßnahmen sollen zur Minimierung des Eingriffes in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild beitragen. Die Gehölzbestände werden (...) zu parkähnlichen, lichten Wäldern entwickelt."

"Das klappt aber nicht, wenn man sie alle fünf Jahre platt macht", sagt Hecker, der nun prüfen will, ob das Landratsamt die Stadt zu Nachpflanzungen verdonnern kann. Neben der Rodung selbst ärgere ihn, dass die Stadt nach all den Debatten über Bürgerbeteiligung erneut einsam gehandelt und die Betroffenen vor vollendete Tatsachen gestellt habe.

Rathauschef Werner Baum wehrt sich indes. Zum einen habe er "keinen Kahlschlag angeordnet" – er könne sich als Bürgermeister aber "nicht um jede Pflegemaßnahme persönlich kümmern". Mit der Bauhof-Leitung habe er gesprochen und vereinbart, dass solche Arbeiten künftig noch sensibler geprüft werden. Seines Wissens seien aber "höchstens armstarke Bäume gefällt worden, die schnell wieder nachwachsen – ja, vielleicht auch ein paar, die man hätte stehen lassen können". Nachpflanzen werde die Stadt "definitiv nicht, aber in Zukunft vorsichtiger sein".

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