Treuchtlingen: Wohnen, Wirtschaft oder Wellness?

24.5.2017, 06:11 Uhr
Treuchtlingen: Wohnen, Wirtschaft oder Wellness?

© Patrick Shaw

Ziel und Zeithorizont gab Bürgermeister Werner Baum vor. Der Flächennutzungsplan sei „das wichtigs­te Instrument der Bauleitplanung“ und sehr komplex. Deshalb wolle die Stadt derzeit auch „ausdrücklich noch nichts festzurren“. Er würde sich allerdings „freuen, wenn der Plan in einem Jahr verabschiedet werden kann“.

Der aktuelle Plan für die Altmühlstadt und ihre Ortsteile hat bereits rund 25 Jahre auf dem Buckel. Einige der jetzigen Änderungen sind deshalb Anpassungen an die bestehende Nutzung, andere wichtig für geplante Projekte und wieder andere lediglich Spielmasse für die Zukunft. „Nicht jede Fläche, die wir als Bauland festlegen, wird in ein paar Jahren erschlossen“, so Bauamtsleiter Thomas Schäff.

In das neue Kartenwerk hat das Nürnberger Büro TB Markert schon jetzt mehr als 2700 Arbeitsstunden gesteckt. Das kostet Geld: Knapp 180.000 Euro hat der Stadtrat bereits genehmigt, weitere 108.000 bewilligte er nun. Sobald alle Änderungen den Rat passiert haben, wird der Plan vier Wochen lang öffentlich ausgelegt. Im ersten Anlauf reichte die Zeit allerdings nur für die Kernstadt und sieben Ortsteile (siehe unten). Über die fehlenden Dörfer berät das Gremium deshalb nochmals heute um 18 Uhr.

Für den Hauptort mit seinen 7782 Bürgern hat das Planungsbüro einen Wohnbauland-Bedarf von 10,6 Hektar errechnet. Dem stehen 11,6 Hektar Baulücken und 3,4 Hektar Reserven gegenüber. Die größten Baugebiete sind „Winkel Süd“ und „Am Brühl“. Durch Topografie und Gewässer ist weiteres Bauland nicht allzu üppig vorhanden. Zudem gilt laut Gesetz das Ziel „Innen- vor Außenentwicklung“.

Treuchtlingen Süd

Die Wohnbauflächen entlang der Eulenhofstraße nördlich des Friedhofs sind den Planern zufolge wegen der benachbarten Betriebe nicht attraktiv genug. FW-Sprecher Klaus Fackler sieht das jedoch anders und setzte mit Schützenhilfe von CSU-Fraktionschef Uwe Linss durch, dass das Areal ein Mischgebiet bleibt. Der als Deponie genutzte Steinbruch am südlichen Stadtrand bleibt auf Wunsch des Stadtrats als Gewerbefläche im Plan.

Ebenso überstimmt wurden die Planer trotz der Mahnung, den Flächen­verbrauch nicht überzustrapazieren, bei der Freifläche nordwestlich der Firma Krauß-Maffei. Sie ist zwar wegen des Hochwassergebiets kaum bebaubar, vor allem die CSU sprach sich aber für den Erhalt als Gewerbegebiet aus. „Besser wir sind zu großzügig, denn die Regierung wird uns sowieso noch Flächen rausstreichen“, waren sich Rathauschef Baum und Stellvertreter Richard Zäh einig.

Unisono plädierte der Rat auch für eine Entwicklungsfläche zwischen Dietfurter Straße, Bahn und Biogasanlage für die Vergrößerung des Wertstoffhofs. Die Freien Wähler wollten diese kleiner halten (nur bis zum Weg zur Heusteige), scheiterten damit aber.

Treuchtlingen Mitte

Im Stadtzentrum gab es eher wenig Diskussionsbedarf. Die Kleingärten westlich des Bahnhofs legt der neue Nutzungsplan als Mischflächen fest, sodass dort auch Wohnhäuser entstehen können. Die bisher für ein mögliches Hotel freigehaltene Sonderfläche neben dem Schützenhaus am Brühl ist künftig ebenfalls wieder Wohnbaufläche, da die Stadt für ein Hotel andere Standorte im Auge hat.

Treuchtlingen Ost

Einen „gewagten Vorschlag“ machte FW-Sprecher Fackler für die ehemalige Limonadenfabrik Pledl. Könnte dort das neue Feuerwehrhaus entstehen? So gewagt war dies dann aber doch nicht, denn laut Thomas Schäff war die Idee bereits Teil der Vorprüfung. Sollte der Standort noch einmal aktuell werden, sei die Ausweisung als Gewerbegebiet kein Hindernis.

Ebenso verfuhr das Gremium mit dem bislang explizit als Sondergebiet für ein Feuerwehrhaus ausgewiesenen Grundstück östlich des Norma-Markts. Vehement wehrten sich die Freien Wähler indes aus Naturschutzgründen gegen die Aufnahme neuer Gewerbeflächen nördlich der Staatsstraße 2216 Richtung Schambach, wurden aber überstimmt.

Treuchtlingen Nord

Neue Wohnhäuser könnten östlich der Gstadter Straße Richtung Graben entstehen. Die Freien Wähler sehen hier zwar Probleme beim denkbaren Bau einer Nordumfahrung, Bürgermeister Baum hält das Areal aber „für ideal für ein Mehrfamilienhaus“. Zudem werde die Stadt an dieser Stelle wegen des Hochwassergebiets nie wieder die Genehmigung für eine Wohnnutzung erhalten, wenn sie das Areal jetzt aus der Flächenplanung streiche. Da die andere Straßenseite bereits bebaut sei, runde der Bereich überdies das Stadtgebiet ab. Das sahen auch 19 der 21 anwesenden Ratsmitglieder so.

Für die Kriegsgräberstätte am Nagelberg sieht der neue Nutzungsplan eine Erweiterung um einen kleinen Friedwald vor. Darüber gab es keine Debatte. Die vorgesehene Bebauung am Ende der Rappenbergstraße rückt nach Ansicht von Klaus Fackler zu nah an den Wettelsheimer Keller heran, was der übrige Stadtrat aber ebenfalls anders bewertete.

Flächen für einen Grillplatz, einen Fitness-Parcours und einen Hundespielplatz wünschte sich Susanna Hartl (SPD). Mit Ausnahme der Hunde, für deren Vergnügen ein privater Betreiber sinnvoller sei, wäre dies nach Ansicht der Planer entlang der Altmühl nördlich des Kurparks möglich. So schlug Peter Markert vor, die gesamte Fläche zwischen dem Altmühlgraben und dem Fuß des Nagelbergs als Sondergebiet für die Erweiterung des Parks vorzusehen. Dem schloss sich der Stadtrat einstimmig an.

Treuchtlingen West

Einen weiteren Dämpfer erhielten die Freien Wähler, die sich akribisch auf jede Änderung vorbereitet hatten, in Sachen Erweiterungsflächen für die Grundschule. Da die Schülerzahlen eher sänken, beschlossen CSU und SPD, das Areal nördlich der Schule für die Wohnbebauung freizugeben. Neu in den Plan aufgenommen wird dagegen ein Sondergebiet im Wald südlich des Ziegelhüttenwegs, wo die Hochschule schon seit Jahren vor hat, ein „Hüttendorf“ zu errichten. Ob dies noch aktuell ist, sei allerdings unklar.

Neue Pläne für die Ortsteile

Wettelsheim

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Im mit 1381 Einwohnern größten Treuchtlinger Ortsteil gibt es dem neuen Flächennutzungsplan zufolge 1,9 Hektar Wohnbaulandbedarf, 4,1 Hektar Baulücken und 12,8 Hektar Reserven. Die größte Änderung hier ist die Verlegung des potenziellen Wohngebiets im Süden zwischen Windischhausener Straße und Viersteinweg in den im Nordwesten nördlich der Falbenthaler Straße. Zwar hält ein gutes Drittel der Stadtratsmitglieder die zehn Hektar große Fläche für zu groß, die Mehrheit billigte die Änderung aber. Mit 13:8 Stimmen entschied das Gremium darüber hinaus, auch entlang der Ostseite der Treuchtlinger Straße unterhalb des Wettelsheimer Kellers eine weitere Wohnhauszeile zuzulassen.

Noch knapper ging die Abstimmung über ein mögliches neues Gewerbegebiet zwischen Bahn und Staatsstraße 2230 nordwestlich der Firma Sanipa aus. „Wir sind hier nicht auf irgendeinem Acker, sondern im Altmühltal“, wehrte sich Klaus Fackler gegen den „Flächenfraß“. Auch Hans König (CSU) äußerte Bedenken und plädierte stattdessen für den flachen Streifen südwestlich der Straße unterhalb des Föttinger-Hofs. Damit wiederum hatte seine Parteifreundin Dr. Kristina Becker Bauchschmerzen wegen der Nähe zum gerade beschlossenen Wohngebiet. Am Ende stimmten elf Ratsmitglieder für das Areal an der Bahntrasse, zehn dagegen.

Dietfurt

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Das 427-Einwohner-Dorf zwischen Schambachried und Jurakante hat mit einem Wohnbaulandbedarf von 0,6 Hektar, Baulücken von 2,2 Hektar und keinerlei Reserven die beengtesten Verhältnisse. Weil zudem noch keine Trasse für die geplante B2-Umgehung feststeht, konnten Planer und Stadtrat hier nur festhalten, dass „wir später nachsteuern werden müssen“.

Schambach

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Mit seinen 707 Einwohnern hat Schambach einen Wohnbaulandbedarf von einem Hektar, 4,9 Hektar Baulücken und 5,7 Hektar Reserven.Ortssprecher Josef Ferschl kritisierte am neuen Plan, dass das Wohngebiet zwischen B 2 und Launer im Westen verkleinert, das viel zentralere Areal zwischen Lettenstraße und Wirtsbuck aber nicht aufgenommen werden sollte. Für letzteres sprachen sich alle Ratsmitglieder außer Klaus Fackler aus. Zum Ausgleich fällt eine Wohnbaufläche südwestlich des Hasenwegs weg. Für die Gärten am Sommerkeller gibt es perspektivisch mehr Platz. Zur Abrundung des Dorfrands ganz im Nordosten könnte sich Ferschl zudem einen Ringschluss zwischen Knipferstraße und Burggasse vorstellen.

Graben

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Graben hat den Planern zufolge 0,3 Hektar Wohnbaulandbedarf, 1,5 Hektar Baulücken und einen Hektar Reserven. Einzige im Stadtrat diskutierte Änderung ist hier die von den 222 Dorfbewohnern mehrheitlich gewünschte Erweiterung des Wohngebiets „Mandlfeld“ Richtung Westen bis zum Landschaftsschutzgebiet. Gegen sie stimmte nur Rathauschef Baum.

Bubenheim

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In Bubenheim mit seinen 360 Einwohnern gibt es einen halben Hektar Wohnbaulandbedarf, 0,8 Hektar Baulücken und 0,1 Hektar Reserven. Ortssprecherin Dr. Kristina Becker mahnte an, dass „die Bubenheimer auch in Bubenheim und nicht in Wettelsheim bauen wollen“. Sie wolle deshalb das im neuen Plan ausgesparte nördliche Baugebiet auf dem Bubenheimer Berg erhalten. Dort gebe es „zwar keine Versorgungsstruktur, aber einen tollen Blick“, und die Wege zu Schulen, Ärzten und Läden seien auch nicht weiter als etwa am Winkel. Letztlich stimmte der Stadtrat über diesen Wunsch jedoch nicht ab und beließ den Nutzungsplan wie vorgelegt.

Möhren

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Mit seinen 564 Einwohnern hat Möhren einen Wohnbaulandbedarf von 0,8 Hektar, Baulücken von etwa einem Hektar und 2,6 Hektar Reserven. Schade ist laut Ortssprecher Stefan Biber, dass der einst geplante Golfplatz kein Thema mehr sei und die dafür vorgesehene Fläche deshalb aus dem Nutzungsplan herausfällt. Über die Wohnbau- und Verdichtungsmöglichkeiten werde es wegen der beengten Verhältnisse noch einmal Gespräche geben müssen, wobei Biber vor allem Entwicklungsmöglichkeiten Richtung Norden sieht. Diese seien dringend nötig, um dem Wegzug von Einheimischen entgegenzuwirken.

Gundelsheim

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Gundelsheim kommt schließlich mit seinen 471 Einwohnern auf 0,7 Hektar Wohnbaulandbedarf, zwei Hektar Baulü­cken und einen halben Hektar Reserven. Ortssprecher Karl Heckl mahnte an, die Siedlung am Wiesenweg nicht ganz zum Wohngebiet zu machen, da es dort auch einige Betriebe gebe. „Eine Scheinausweisung als Mischgebiet nutzt uns aber auch nichts“, erklärte Peter Markert. Eigentlich sei das Gewerbe dort an der falschen Stelle. Zudem bräuchte das Dorf laut Heckl einen Fahrzeug- und Maschinen-Stellplatz. Dies ist jedoch laut Markert „keine Sache des Flächennutzungsplans, sondern der Kommunikation im Dorf“.

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