Treuchtlinger Klinik soll "Anlaufstelle" bleiben

9.9.2019, 15:25 Uhr
Treuchtlinger Klinik soll

© Patrick Shaw

Ein Schelm ist, wer in der Atmosphäre der kleinen Runde am improvisiert zusammengerückten Ensemble aus Biertisch und alten Sesseln im verstaubten Krankenhaus-Foyer Parallelen zum aktuellen Zustand der SPD sieht. Die mittelfränkischen Sozialdemokraten treten da jedoch selbstbewusster auf, wie Fraktionsvorsitzende Gisela Niclas verdeutlichte. Von der "Entmachtung der CSU", der man das Bezirkstags-Präsidentenamt und den Verwaltungsratsvorsitz der Kliniken abgerungen habe, über die Ambulanten Sozialen Dienste sowie Inklusion und Nachhaltigkeit in Kultur und Tourismus bis hin zur Förderung des Solnhofener Museums und des Klosterprojekts in Heidenheim (wo Teil eins der Klausur stattfand) habe man trotz der hohen Stimmenverluste "Pflöcke eingerammt".

Und auch die Entscheidung für die psychosomatische Bezirksklinik als Nachfolgerin des Treuchtlinger Stadtkrankenhauses sehen Niclas und ihre Fraktionskollegen Christa Naaß, Horst Krömker und Sven Ehrhardt als gewonnenen "Kampf für den Erhalt einer zumindest ansatzweise öffentlichen Krankenhausstruktur". Die SPD sei überzeugt, dass "die Bezirkskliniken nicht nur ein Unternehmen, sondern ein Mittel der Gesundheitsversorgung in der Region sind". Diese müsse durch ambulante Einrichtungen auch "kleinteilig in der Fläche" bewahrt werden. "Es war für uns keine Frage, dass das Treuchtlinger Krankenhaus in öffentlicher Hand bleiben muss", so die Fraktionschefin.

Gesundheit muss über Ökonomie stehen

"Gesundheit darf nicht dem Ökonomieprinzip unterliegen", stimmt Horst Krömker zu, der selbst Arzt ist. "Die Sorge, dass das Land irgendwann nur noch per Hubschrauber versorgt wird, ist vollkommen berechtigt." Deshalb sei es gut, dass Treuchtlingen künftig "auch ohne echtes Krankenhaus mit den ambulanten Ergänzungen weiterhin eine medizinische Anlaufstelle hat".

Wie diese Ergänzungen aussehen könnten und wie es in den nächsten Jahren mit dem Altbau und der neuen Klinik in der Wettelsheimer Straße weitergeht, erläuterten Bürgermeister Werner Baum und Bezirkskliniken-Vorstand Matthias Keilen. Laut Baum wurde im Juli das Architekturbüro mit der Planung beauftragt, diese Woche sollen erste Baugrundsondierungen stattfinden.

Bis Mitte nächsten Jahres erhofft sich der Rathauschef die Förderzusage aus München. Von der Empfehlung des Gesundheitsministeriums und der Regierung von Mittelfranken hänge auch das Schicksal des Altbaus ab – ob Abriss oder Umbau, sei noch offen. In der zweiten Jahreshälfte werde es dann an die Ausschreibungen gehen, möglicher Baubeginn sei Anfang 2021. Wenn alles planmäßig läuft, könne das neue Krankenhaus Ende 2023 eingeweiht werden. "Der Zeitplan ist ehrgeizig", so Baum.

MVZ soll weitermachen

Bereits zu Jahresbeginn will die Stadt das Grundstück an die Bezirkskliniken übergeben. Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), das eine internistische, eine chirurgische und eine orthopädische Praxis beherbergt, soll jedoch noch so lange wie möglich im Altbau weitermachen und dann während der Bauzeit in einen Container oder ein anderes Provisorium umziehen.

"Es ist unser Wunsch, dass sich das MVZ später in einem Nebentrakt der Klinik oder anderweitig angegliedert wiederfindet", betont das Stadtoberhaupt. Wie genau, das entscheiden allerdings der Bezirk und das Klinikum Altmühlfranken als Träger des MVZ. "Wir stehen hier in einem engen Austausch", bestätigt Matthias Keilen. Die Psychosomatik umfasse schließlich nicht nur psychische Belastungen, sondern auch die Somatik, also deren körperliche Folgen. Hier sei zum Beispiel häufig die Orthopädie gefragt.

Der Kliniken-Vorstand sieht die Medizin und das konkrete Projekt zunehmend "im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Qualität und Regionalität". Es gehe "nicht ohne Gewinnerzielung, aber auch nicht ohne Augenmaß auf das Wohl der Bevölkerung". Die neue Bezirksklinik werde dem mit der geplanten Angliederung ambulanter Einrichtungen gerecht, aber auch mit der Entlastung des psychosomatischen Bereichs, in dem Wartezeiten von sieben bis acht Monaten auf einen Therapieplatz keine Seltenheit seien.

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