Weißlein-Anwesen in Graben aus Dornröschenschlaf erweckt

24.8.2012, 13:59 Uhr
Weißlein-Anwesen in Graben aus Dornröschenschlaf erweckt

© Shaw

Der Weißlein-Hof steht schon immer im Mittelpunkt des Treuchtlinger Ortsteils Graben. Buchstäblich dort liegt das markante Ensemble, nämlich gegenüber der Kunigundenkirche an der zentralen Straßenkreuzung, die mit ihren Grünflächen, alten Bäumen und dem Wasserlauf zum Karlsgraben einen natürlichen Dorfplatz bildet. Außerdem entstand um 1900 anstelle des Hauptgebäudes aus dem 19. Jahrhundert das Grabener Schulhaus, das inzwischen allerdings abgerissen ist. Es lag also nahe, das Anwesen auch künftig als zentralen Platz zu nutzen.


200.000 Euro investiert die Stadt Treuchtlingen nun laut dem stellvertretenden Kämmerer Thomas Sommer in den Umbau. Weitere 120.000 Euro steuert das Amt für ländliche Entwicklung bei. Dafür wird aus der ehemaligen Scheune ein teilbarer, insgesamt 106 Quadratmeter großer Saal für Feiern, Bürger- und Vereinsversammlungen. Im Westen schließen sich eine Theke und eine vom Grabener Küchenhändler Gerd Meyer ausgestattete Küche an, im Osten Sanitär-, Abstell- und Heizraum. In letzterem versorgt eine Pelletanlage sowohl die Dorfscheune als auch das angrenzende Korbhaus mit Wärme.


Richtung Süden erhält das Dorfgemeinschaftshaus überdies einen neuen, großflächig verglasten Eingang. Die niedrige, alte Scheunentür daneben bleibt aber ebenso erhalten wie die winzigen, schießschartenähnlichen Fenster im Westgiebel, hinter denen später einmal ein über eine Außentreppe erreichbarer Jugendtreff entstehen könnte.


Weißlein-Anwesen in Graben aus Dornröschenschlaf erweckt

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Das Gesamtkonzept ist laut Architektin Bittner überraschenderweise fast identisch mit dem ersten Entwurf aus dem Jahr 2003, der freilich im Dorf seither „in vielen Sitzungen und Gesprächen diskutiert wurde“. Genauso „wahnsinnig engagiert“ waren und sind die Grabener auch auf der Baustelle zugange: Rund 1500 Stunden ehrenamtliche Zuarbeit stecken bereits in der mittlerweile von außen fast fertiggestellten Scheune. So glänzt das Dach inzwischen wieder strahlend rot, weißer Putz bedeckt die Bruchsteinmauern, und neue Fenster und Türen verschließen die nach Bittners Worten „recht eigenwilligen Öffnungen“.

Weißlein-Anwesen in Graben aus Dornröschenschlaf erweckt

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Aufwand contra Nutzen


Aktuell sind die Dorfbewohner dabei, die Außenwände mit innenliegenden Dämmsteinen aufzudoppeln. Dadurch verliert das Innere der Scheune zwar etwas von seinem rustikalen Charakter. „Es gilt aber immer, Aufwand und Kosten gegen den Nutzen abzuwägen“, betont die Planerin. Die mächtigen Stützbalken und die Holzdecke bleiben dagegen, wie sie sind. Klappt im nächsten Jahr auch der Innenausbau so reibungslos, rechnet Michaela Bittner mit einem Bezugstermin im Herbst 2013.


Fingerspitzengefühl mussten Stadt und Dorfgemeinschaft aber auch in der Außenwirkung beweisen. „Unser Etat ist nicht zuletzt deshalb so knapp, weil die Stadt keinen Ortsteil überproportional fördern wollte“, erklärt Bittner – auch wenn Graben in Sachen Fremdenverkehr schon etwas Besonderes sei. Wichtig sei zudem gewesen, dass das Dorfgemeinschaftshaus der örtlichen Gaststätte keine Konkurrenz macht. Diese könne nun bei Bedarf sogar als Caterer fungieren.


Ein touristisches „zweites Leben“ erhält schließlich auch das Korbhaus nördlich der Dorfscheune. Michaela und Reiner Bittner haben das denkmalgeschützte Jurahäuschen gekauft, um es zum Feriendomizil umzubauen. Mehr Bruchstein, historische Türen und Einbauten, offenes Fachwerk im Obergeschoss und eine Gewölbe-Küche mit Kamin machen das Häuschen zu einem Kleinod. „Schade nur, dass der Landkreis die neue Legschiefer-Eindeckung nicht fördert, wie es zum Beispiel Eichstätt tut“, bedauert Michaela Bittner. Dabei seien die Juradächer „viel typischer für die Region als etwa die fränkische Bratwurst“.

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