Ohne Gepäck, ohne Bargeld

Er war nur auf der Toilette: Passagier an der A6 vergessen - Busunternehmen: "sein Pech"

23.6.2022, 09:18 Uhr
Die Personenbeförderungsfirma konnte "aus Gründen des Datenschutzes" nicht helfen.

© Markus Mainka via www.imago-images.de Die Personenbeförderungsfirma konnte "aus Gründen des Datenschutzes" nicht helfen.

Der Vorfall ereignete sich gegen 13.55 Uhr an einem Parkplatz an der A6. Der Mann war mit einem Fernbusunternehmen auf einer Reise von Prag nach Paris. Der Fahrer des Reisebusses legte auf dem Parkplatz eine “kurze Pause” ein, um den Reisenden den Gang zur Toilette zu ermöglichen. Diese Gelegenheit nahm auch der Fahrgast wahr. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass die “kurze Pause" sehr eng ausgelegt wird.

Als der Fahrgast schon nach wenigen Minuten die WC-Anlage wieder verließ, sah er von seinem Bus nur noch die Rücklichter - der Fahrer war davon gefahren, ohne die Vollzähligkeit der Reisenden geprüft zu haben. Das Nachrennen und wilde Gestikulieren brachte auch nichts: Seine Reisegelegenheit war weg - und damit auch das Reisegepäck, die Verpflegung und das gesamte Bargeld.

Nur sein Mobiltelefon und sein Reisepass blieben ihm. Allerdings hatte er auf dem Telefon kein Guthaben mehr, sodass er einen Passanten mit der Bitte ansprach, die Polizei zu verständigen. Bis zum Eintreffen der Streifenwagenbesatzung der Verkehrspolizei Ansbach wurde er von einer weiteren Person mit Trinkwasser versorgt.

"Es könne ja jeder behaupten, er sei von der Polizei."

Als die Ordnungshüter eintrafen, waren sie zunächst guter Dinge, das Problem schnell aus der Welt zu schaffen - denn das Reiseunternehmen ist in Deutschland ansässig. Leider gestaltete sich dies schwieriger als gedacht. Zunächst wurden die Kollegen in Baden-Württemberg gebeten, nach dem Reisebus Ausschau zu halten - ohne Erfolg. Anschließend nahm man telefonisch Kontakt mit der Personenbeförderungsfirma auf. Doch "aus Gründen des Datenschutzes" könne nicht gesagt werden, wie er nun sein Gepäck zurückbekommen kann. Es könne ja jeder behaupten, er sei von der Polizei. Auf das Angebot, die weitere Kommunikation über die Dienststelle in Ansbach abzuwickeln, ging man im Servicebereich des Unternehmens nicht ein.

Auch als der Reisende mit einem rund zwanzigminütigen Telefonat einen weiteren Versuch wagte, wurde ihm mitgeteilt, es sei "sein Pech“ und man werde "nichts weiter unternehmen“. Er solle den Verlust seines Gepäcks bei der Polizei anzeigen, hieß es weiter.

Die Beamten gaben nicht auf

Die Beamten vor Ort waren in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben. Über das Internet fanden sie anhand des Start- und des Zielortes, der Nummer des Busses sowie des Reisetages heraus, dass der nächste planmäßige Halt des Reisebusses in Heidelberg vorgesehen ist. Daraufhin wurden die Kollegen um Mithilfe gebeten. Nachdem der Passagier sein Gepäck und den Lagerort beschrieben hatte, konnten die Beamten das Gepäck zur Eigentumssicherung sicherstellen und verwahrten es anschließend auf ihrer Dienststelle.

Nun stellte sich nur noch die Frage: Wie kommt der 45-Jährige nach Heidelberg? Die Lösung: Das Neun-Euro-Ticket. Die Ansbacher Polizisten streckten den Betrag vor, brachten ihn zum Bahnhof nach Schnelldorf, kauften ihm dort das Zugticket und suchten ihm dann die entsprechenden möglichen Zugverbindungen aus dem Fahrplan. Als Dank gab es dann zum Abschied noch einen Handschlag und den Wunsch des Mannes um "Gottes Segen" für die beiden Beamten - privat und in ihrem Beruf.


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