Finanzskandal im Rathaus: Bamberg kommt einfach nicht zur Ruhe

3.7.2021, 12:41 Uhr
Finanzskandal im Rathaus: Bamberg kommt einfach nicht zur Ruhe

© Nicolas Armer, dpa

Vor etwa einem Jahr legte der Kommunale Prüfungsverband (BKPV) als Rechnungshof der bayerischen Kommunen einen Bericht vor, der das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Stadtverwaltung erschütterte: Die Stadt Bamberg soll von 2011 bis 2017 knapp eine halbe Million Euro unrechtmäßig an Beamte und Angestellte ausbezahlt haben. Der Hauptkritikpunkt: "Die Zahlung monatlicher Überstundenpauschalen ist unzulässig, wenn teilweise die Arbeitszeiten nicht erfasst werden", heißt es wörtlich in dem Bericht.


Weitergabe des Prüfungsberichts: Die Stadt Bamberg will Anzeige erstatten


Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) versprach "lückenlose" Aufklärung - der Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrats sollte alle Vorwürfe um mutmaßlich unrechtmäßige Sonderzahlungen aufarbeiten. Das Ergebnis im März: Die Stadt räumte Fehler ein und sorgte für eine Zeiterfassung für alle Beschäftigten. Zugleich betonte der Personalamtsleiter Robert Sporer, dass die Stadt in vielen Fällen eine andere Rechtsauffassung als der BKPV vertrete - und mehr noch: Es sei zu keinen Zahlungen ohne Gegenleistung gekommen.

Razzia im Rathaus

Alles also nur halb so schlimm? Um Licht ins Dunkeln zu bringen, sind die Regierung von Oberfranken und die Staatsanwaltschaft in Hof entscheidend. Während die Beamten aus Hof bis dato relativ unauffällig wegen des Verdachts der Untreue ermittelten, sorgte eine Razzia Ende Mai für jede Menge Aufmerksamkeit: Über 40 Polizistinnen und Polizisten der Kriminalpolizei Coburg sowie vier Staatsanwälte durchsuchten unter anderem das Rathaus, beschlagnahmten Papiere und verhörten mehrere Rathausmitarbeiter. Ergebnisse sind erst Ende des Jahres zu erwarten.

Als die Regierung von Oberfranken im Juni in einer Stellungnahme die Rechtsauffassung des BKPV und damit die Kritik an der Stadt Bamberg weitestgehend bestätigte, geriet OB Starke erneut in Bedrängnis. Klaus Stieringer, SPD-Fraktionsvorsitzender, mahnte jedoch: "Die Regierung hat nicht bestätigt, dass es zu Zahlungen ohne Gegenleistung kam." Zudem sprach er von einer "Stimmungsmache gegen den OB".

Neues Gutachten belastet die Stadt

Doch wie groß ist das Ausmaß? Müssen Beamte und Angestellte, die unrechtmäßig Geld erhalten haben, die Beträge zurückzahlen? Und müssen jene, welche die Zahlungen veranlasst haben, Schadensersatz zahlen? Um das herauszufinden, beauftragte Jonas Glüsenkamp (Grüne), zweiter Bürgermeister, die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz damit, ein Gutachten für die Stadt Bamberg zu erstellen.

"Ziel muss es sein, dass der nächste Prüfungsbericht keine Fehler mehr enthält", begründet Glüsenkamp die Entscheidung für das Guthaben. Die Kosten dafür belaufen sich seinen Angaben zufolge auf etwa 100.000 bis 200.000 Euro - was unter anderem CSU-Stadträte als unverhältnismäßig ansehen. Nach der Veröffentlichung der ersten Zwischenergebnisse der Kanzlei sieht sich Glüsenkamp jedoch bestätigt, dass das Gutachten notwendig sei.

Rückforderungen bei Beamten möglich

Die Kanzlei kommt zu dem Schluss, dass zahlreiche Zahlungen an Beamte rechtswidrig gewesen seien, wie Stadt Bamberg mitteilte. Da es dabei keinen grundsätzlichen Verjährungszeitraum gebe, sei es möglich, das Geld von den Beamten zurückzufordern. Bei den Angestellten sieht die Lage anders aus: In den meisten Fällen seien hier keine Rückforderungsansprüche möglich. Über die Zahl und die Höhe der möglichen Rückforderungen oder Schadensersatzansprüche könne noch keine Aussage getroffen werden. Dafür seien weitere Untersuchungen und Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nötig. In zwei bis drei Wochen soll das endgültige Gutachten vorliegen.

Glüsenkamp sieht das Gutachten als Handlungsfaden für das weitere Vorgehen an und hofft dadurch, die Debatte zu versachlichen und eine unabhängige Aufklärung der Vorwürfe zu beschleunigen. Einige Stadtratsmitglieder kritisieren allerdings mangelnde Transparenz: Das Gutachten sollte aus ihrer Sicht für alle Stadträte sofort und vollständig einsichtig sein - und nicht nur in Auszügen.

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