Bayern: Das Wintersemester startet wegen Corona später

29.7.2020, 16:37 Uhr
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) will im Hochschulbetrieb des Wintersemesters wenigstens etwas mehr Alltag, als im Sommersemester. Er weiß aber, wie schwierig sich das aktuell gestaltet.

© Kay Nietfeld, dpa Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) will im Hochschulbetrieb des Wintersemesters wenigstens etwas mehr Alltag, als im Sommersemester. Er weiß aber, wie schwierig sich das aktuell gestaltet.

Nach einem Sommersemester im Ausnahmezustand sollen Bayerns Universitäten und Hochschulen langsam wieder zurück in den Normalbetrieb finden. Doch das ist so kompliziert, dass gleich am Anfang wieder eine Ausnahme steht, die zeigt, wie weit der Weg zur Normalität noch ist.

Denn eigentlich sollte das kommende Wintersemester am 12. Oktober beginnen. Nun verschiebt sich der Start um fast einen Monat auf den 2. November für die Universitäten. Die technischen Hochschulen und die für angewandte Wissenschaften bleiben in ihrem Rhythmus und starten am 1. Oktober. Doch auch hier gibt es wieder eine Ausnahme für zulassungsbeschränkte Fächer, die bundesweit verwaltet werden. Hier startet der Betrieb erst am 2. November und endet am 19. Februar.

Bayern: Weiteres Semester im Ausnahmezustand

Bayern holt nach, was andere Bundesländer schon vor längerem verkündet hatten, etwa Sachsen. Der Grund liegt nahe: Die Universitäten und ihr Lehrpersonal müssen sich auf ein weiteres Semester im Ausnahmezustand vorbereiten, Hygienekonzepte erarbeiten und neue Lehrpläne erstellen.

Zwar will auch Bayerns Wissenschaftsminister, dass die Institute nach den Semesterferien zum Normalbetrieb zurückkehren: Doch er weiß auch, dass das kaum möglich sein wird. Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei; Fachleute warnen, im Herbst könne es zu einer zweiten Welle kommen. Das Robert-Koch-Institut meldet bereits jetzt steigende Zahlen und gibt sich besorgt. Vorsicht ist also angeraten.


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Dem steht der "übergroße Wunsch der Studierenden wie der Professoren gegenüber, wieder in Präsenz zu sein", wie Sibler das nennt. Denn der Betrieb an den Universitäten basiert auch auf Diskussion und Kontroverse, auf wissenschaftlichem Arbeiten und je nach Fach praktischen Übungen. Davon war über den Sommer nichts möglich, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Das klappte in manchen Fächern besser, in anderen nur unter größten Mühen. Wie etwa, fragen Musikdozenten, sollen sie online ihren Studenten erklären, dass sie Noten falsch gespielt haben.

Rückkehr zur Präsenz gestaltet sich in Praxis schwierig

In der Praxis allerdings gestaltet sich die Rückkehr zur Präsenz schwierig. Die Teilnehmerzahl für große Veranstaltungen bleibt auf maximal zweihundert begrenzt, und auch dann nur, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Studierenden garantiert ist. Schon deshalb werden auch weiterhin etliche Vorlesungen von Haus aus online ablaufen müssen. Sibler schätzt vorsichtig, dass etwa die Hälfte der Vorlesungen weiterhin digital erfolgen dürften. Er stellt den Häusern allerdings frei, in welches Verhältnis sie Präsenz und Online setzen. Andere wie Oliver Jahraus sind entsprechend pessimistischer. Jahraus leitet als Vizepräsident die Ludwig-Maximilians-Universität in München mit. "Das kommende Wintersemester wird hauptsächlich digital ablaufen", sagt er.


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Wo sich der Mindestabstand nicht einhalten lässt, etwa auf den Gängen, müssen alle Mund-Nasen-Schutz tragen. Das ist nicht ungewöhnlich, sondern Vorschrift an vielen Orten. Über den Sommer, sagt Minister Sibler, sollen die Universitäten nun Hygienekonzepte erarbeiten, die passgenau auf ihren Betrieb und ihre Gebäude zugeschnitten sind. An einem Punkt allerdings tun sie sich leicht. Weil die Universitäten ohnehin alle Studierenden erfassen, die Präsenzpflicht in Vorlesungen haben, lässt sich später leicht dokumentieren, wer an welcher Vorlesung teilgenommen hat. Wichtig, falls an einer Universität das Virus ausbrechen sollte.

Erstis sollen angemessen empfangen werden

Dabei sind die Erfahrungen der Lehrbetriebe aus dem Sommersemester nicht durchweg schlecht. Zwar bedeutete der Umstieg auf digital für viele Unterrichtende zunächst erhebliche Mehrarbeit. Für die Studierenden allerdings hatte das auch Vorteile. Nicht alle Vorlesungen waren live, etliche aufgezeichnet und so auch später verfügbar. Inzwischen sind auch sämtliche Hochschulen technisch so ausgestattet, dass der Betrieb digital reibungslos funktioniert. Und es habe sich gezeigt, sagt Wissenschaftsminister Sibler, dass die Studierenden durchweg mit onlinefähigen Geräten ausgestattet sind. Lediglich an den Vorgaben für digitale Prüfungen arbeitet das Ministerium noch. Bislang sind sie in den Satzungen nicht vorgesehen; damit aber fehlt die Rechtssicherheit.

Das sei auch deshalb wichtig, sagt Bernd Sibler, weil je nach Universität zwischen zehn und zwanzig Prozent der Studierenden aus dem Ausland kommen, Viele von ihnen könnten momentan wegen der Corona-Beschränkungen gar nicht einreisen, folgten den Vorlesungen deshalb weiterhin nur online und müssen später die Prüfungen entsprechend digital ablegen.


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Sibler ist der Betrieb, auch wenn es weiter nur ein Notbetrieb sein dürfte, auch aus einem anderen Grund wichtig. Im Winter starten traditionell die Erstsemester. Sie mussten sich schon durch ein Schuljahr im Ausnahmezustand und durch eine entsprechende Abiturprüfung kämpfen. Jetzt sollen sie wenigstens beim Unistart angemessen in Empfang genommen und in den Betrieb eingeführt werden. Ob es allerdings die berühmt-berüchtigte Ersti-Woche mit Stadtralley und Party geben wird, steht auf einem anderen Blatt.

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