Bayreuther Kandidaten geben sich bodenständig

15.9.2005, 00:00 Uhr
Bayreuther Kandidaten geben sich bodenständig

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Der Wahlkreis 238 — Stadt und Landkreis Bayreuth sowie der östliche Teil des Landkreises Forchheim — ist in Berlin gut vertreten: Gleich drei Abgeordnete entsendet der Wahlkreis in den Deutschen Bundestag. Und wenn sich die Ergebnisse der Meinungsumfragen bis zum 18. September nicht gravierend ändern, dann werden Hartmut Koschyk (CSU) und Horst Friedrich (FDP) auch künftig dem Parlament angehören. Zittern muss hingegen Anette Kramme (37) von der SPD.

Die Bayreuther Rechtsanwältin kämpft zwar um das Direktmandat, doch mit Koschyk hat sie einen starken Konkurrenten vor sich. Die gebürtige Essenerin muss wie schon 1998 und 2002 über die SPD-Landesliste den Sprung in den Bundestag schaffen. Doch in Anbetracht der SPD-Werte in Bayern bietet selbst Listenplatz 24 keine Gewähr dafür.

Wackliger Listenplatz

„Die SPD müsste 24 Prozent der Stimmen holen, dann könnte es klappen“, hat Anette Kramme ausgerechnet. Sie ist trotz des „Wackelplatzes“ optimistisch und hofft auf die noch unentschlossenen Wähler. Sollte sie wieder in den Bundestag kommen, will sich Anette Kramme für ein Mindestlohngesetz stark machen. „Millionen von Menschen arbeiten heute bereits zu Armutslöhnen“, betont sie.

Hartmut Koschyk (46), der in Forchheim zur Welt gekommene CSU-Politiker, ist leutselig und geht auf die Menschen zu. Berührungsängste kennt er nicht; der dreifache Familienvater ist auf Kirchweihfesten ebenso präsent wie bei Firmeneröffnungen. Er ist Vorsitzender der THW-Landesvereinigung Bayern und beim „Theatersommer Fränkische Schweiz“. „Ich mache es, damit ich in der Region verankert bin. Das gibt einem die Bodenhaftung, die man braucht“, sagt er.

Dem Berliner Parlament gehört Koschyk bereits 15 Jahre an; seit 1994 hält er das Direktmandat. Als innenpolitischer Sprecher koordiniert er die Innenpolitik der CDU/CSU-Fraktion. Politische Beobachter können sich vorstellen, dass Koschyk im Falle eines Wahlsiegs seiner Partei einen Staatssekretärposten erhält — womöglich unter einem Innenminister Beckstein.

Relativ locker sieht Horst Friedrich (54) der Bundestagswahl entgegen. Auf Platz zwei der FDP-Landesliste ist das Ticket nach Berlin so gut wie gelöst. Der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende hat sich als verkehrspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion einen Namen gemacht. Sein Lieblingsthema ist die Deutsche Bahn.

Friedrich kündigte vor einigen Wochen eine deutlich härtere Gangart gegenüber Bahnchef Hartmut Mehdorn an und schloss auch eine Auswechslung nicht aus: „Eine andere Mehrheit im Bund wird eine andere Bahnpolitik bedeuten.“ Dem Bayreuther Parlamentarier ist es wichtig, dass die Bahn dem Steuerzahler nicht weiter auf der Tasche liegt.

Deshalb lehnt er einen Börsengang der Bahn ab. Er fordert, Netz und Betrieb zu trennen, um politisch gewollte Strecken zu bauen. Keine Chancen sieht er aber, die Bahnstrecke Nürnberg—Marktredwitz—Prag auf bayerischer Seite zu elektrifizieren. Das Ziel der FDP, Subventionen abzubauen, unterstützt auch Friedrich — jedoch nur, wenn gleichzeitig eine Steuerreform verabschiedet wird, mit der die Bürger entlastet werden.

Ein krasser Außenseiter im Kampf um das Direktmandat ist Tobias Fabian-Krause (25) von Bündnis 90/Die Grünen. Ihm geht es vor allem darum, möglichst viele Zweitstimmen für seine Partei einzusammeln. „Wir wollen eine kleine Schippe drauflegen. Sechs Prozent ist das Ziel.“

Der Student der Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth hat Glück, dass der Wahlkampf in die Semesterferien fällt. So hat er Zeit, um Termine mit den Medien wahrzunehmen, Arbeiten zu koordinieren sowie Plakate aufzustellen. Angesichts der weltweiten Energieknappheit und der drohenden Klimaveränderung gelte es, möglichst schnell alternative Energiequellen zu nutzen wie Windkraft, Biomasse und Erdwärme. Tobias Fabian-Krause: „Es muss heute etwas geschehen, um Schaden für die Natur und unsere Volkswirtschaft zu verhindern.“