Strafprozess
Bestechungsskandal um Taxi-Lizenzen: Heute beginnt der Strafprozess in Nürnberg
18.10.2023, 07:29 Uhr
Mindestens 110.800 Euro soll sich ein ehemaliger Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer (IHK) in die eigene Tasche gesteckt haben: zwischen Dezember 2016 und September 2018 führte der Mann sogenannte Fachkundeprüfungen für das Taxigewerbe durch - nur wer besteht, kann einen Taxibetrieb eröffnen. Damit kein Missverständnis entsteht: es geht um die Unternehmerprüfung, nicht um den "Taxischein" für den Fahrer. Ab 18. Oktober 2023 steht der Mann vor dem Amtsgericht Nürnberg, Bestechlichkeit in 17 Fällen wird ihm vorgeworfen, angeklagt wegen Beihilfe sind auch zwei mutmaßliche Komplizen.
Korruption durch zusätzliche Prüfungstermine
Rückblick: Die Verantwortlichen in der IHK waren dem seit drei Jahrzehnten im Haus beschäftigten Mitarbeiter nach Hinweisen von außen auf die Spur gekommen, dann fiel auch intern auf, dass von ihm ungewöhnlich viele Sonderprüftermine angesetzt worden waren - weil die Nachfrage immer größer geworden war. Nun wurden Kontrollen bei einem Prüfungstermin Anfang Oktober 2018 eingeleitet, der Verdacht der Regelverstöße bestätigte sich, dem Mann wurde umgehend gekündigt, die Strafverfolgungsbehörden wurden informiert.
Prüfung: "Unterstützung" gegen Bares
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermittelte und erhob im Januar 2023 Anklage gegen den heute 53-Jährigen. Nun steht der Verdacht im Raum, dass er bereits seit dem Jahr 2016 zusätzliche Prüfungstermine angesetzt hatte. Damals soll der Prüfungsausschuss nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sein, er selbst half den Prüflingen angeblich, die Fragen auch richtig zu beantworten. Im Anschluss verteilte er Urkunden. 17 Teilnehmer sollen für diese besondere "Dienstleistung" Beträge in Höhe von 500 Euro bis zu 7500 Euro bezahlt haben.
Für weitere Prüfungstermine soll er mindestens 100.000 Euro erhalten haben. Und weil er diese Einnahmen natürlich dem Finanzamt verschwiegen hat, steht auch noch Steuerbetrug, das Hinterziehen von Einkommenssteuer, als Vorwurf im Raum.
Komplizen sollen auswärtige Prüflinge angeworben haben
Seine Komplizen, zwei Männer im Alter von 44 und 60 Jahren, sollen ihn quasi im Vertrieb unterstützt haben. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wirft ihnen vor, dass sie mehrere Prüflinge, angeblich aus München und Berlin, angeworben haben. Zum Service gehörte auch, die Anreise nach Nürnberg zu organisieren. Sie sollen sich auch noch um die Anmeldung eines Scheinwohnsitzes in Nürnberg gekümmert haben, der schon allein deshalb erforderlich war, um die Zuständigkeit der IHK Nürnberg auch begründen zu können. Die Fachkundeprüfung, die zusammen mit dem Nachweis finanzieller Solidität und persönlicher Zuverlässigkeit Voraussetzung für den Erwerb einer Taxiunternehmer-Konzession ist, muss in der Regel bei der IHK am Wohnort abgelegt werden.
28 Zeugen sind benannt
Die "Prüfungsgebühren" soll das Trio aufgeteilt haben. Im Lauf des Strafverfahrens haben die Ermittler rund 200 Prüflinge unter die Lupe genommen, ihnen allen war zwischen 2016 und 2018 das Bestehen der Prüfung bescheinigt worden. Im Ermittlungsverfahren haben die Männer angeblich bisher geschwiegen. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat 28 Zeugen benannt, auch eine Vielzahl von Urkunden gehören zu dem Beweismaterial.
Bislang rechnet das Gericht mit Verhandlungstagen bis Ende November.
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