Betrugsprozess: Ex-Landrat Pech spricht erstmals

10.5.2019, 18:40 Uhr
Der angeklagte suspendierte Vize-Landrat von Erlangen-Höchstadt, Christian Pech, im Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

© Foto: Timm Schamberger/dpa Der angeklagte suspendierte Vize-Landrat von Erlangen-Höchstadt, Christian Pech, im Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Es waren dunkle Herbsttage für den SPD-Politiker Christian Pech (42), als er im Oktober 2017 als verdächtiger Schmuggler in U-Haft landete. Erst damals, so trägt er nun in der 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vor, will er "überrascht" begriffen haben, wie alles zusammenhängt: Zollbestimmungen, Mindestpreise für Solarmodule, EU-Politik. Vorher sei ihm eine mögliche "strafrechtliche Relevanz" gar nicht in den Sinn gekommen.

Es geht um 21 Millionen Euro hinterzogene Steuern – und der suspendierte Vize-Landrat aus Erlangen-Höchstadt soll in den Zollbetrug verwickelt sein. Seit Anfang April wird im Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelt, in der 3. Strafkammer gestaltete sich der Prozess gegen die vier Männer und zwei Frauen (alle zwischen 41 und 56 Jahre alt) zäh.

Prozess geht kaum voran

Die Angeklagten sollen Antidumping- und Ausgleichszölle der EU hinterzogen haben, davon ist der Staatsanwalt überzeugt. Doch es dauerte Tage, bis allein die Vorwürfe der 42 Seiten dicken Anklageschrift überhaupt verlesen werden konnten. Erst stellten die Verteidiger infrage, ob die 3. Strafkammer tatsächlich das zuständige Gericht sei, Tage später rügte ein Rechtsanwalt die angeblich unvollständigen Akten, schließlich sorgte die Leistung der Dolmetscherin – bei beiden angeklagten Frauen handelt es sich um Chinesinnen – für Unmut: Die Dolmetscherin hatte angeblich mit Verständnisschwierigkeiten und rechtlichen Fachbegriffen zu kämpfen.

Man konnte all dies auch als Säbelrasseln verstehen – die Prozessbeteiligten stecken in einem aufwendigen Verfahren, bis Juli soll verhandelt werden. Und manchmal meint Verteidigung vor allem eines: Angriff.

In dieser tendenziell gereizten Stimmung wirkt Christian Pech, der Angeklagte, der mit 16 Jahren in die SPD eintrat und bis zu seiner Verhaftung eine Bilderbuch-Karriere hingelegt hatte, konstant gut gelaunt, wenn er den Sitzungssaal betritt.

Solarparks in Italien

Es hätte schlechter laufen können, für Pech. Zwar bescherte ihm seine mutmaßliche Verstrickung in den millionenschweren Zollbetrug die Suspendierung aus seinem politischen Amt, doch im Herbst 2017 kam er nach vier Wochen U-Haft wieder auf freien Fuß. Nun schildert er vor Gericht seinen Werdegang, seine persönlichen Verhältnisse, spricht seine Karriere als Politiker an.

Er habe sich nie persönlich bereichert, dies festzustellen, ist ihm wichtig. Für seinen Arbeitgeber, die Zhejiang Sunflower Light Energy Science & Technology LLC, die in Europa unter dem Namen Sunowe Photovoltaic agiert, habe er unter anderem vier Solarparks in Italien betreut, sich auch mit Geschäftspartnern vor Ort getroffen. Man kann dies auch so verstehen, als sei er, der Projektleiter, weit weg gewesen vom Geschehen in der Chefetage seines Arbeitgebers. Denn die Geschäftsführung der Nürnberger Firma führte laut Anklage Solarmodule aus China zu Dumpingpreisen ein und verschleierte dies gegenüber dem Zoll.

Angeklagter gibt sich unwissend

Unterstützt wurde sie von drei Mitarbeitern. Zwei Kunden der Firma sollen die Solarmodule deutlich unter dem Mindestpreis gekauft haben. Die ganze Problematik mit den Mindestpreisen sei ihm damals nur in groben Zügen bekanntgewesen, sagt Christian Pech, über die Verzollung habe er sich keine Gedanken gemacht.

Ist das zu glauben? In der Solar-Branche – die deutschen Firmen saßen bis 2005 fest im Sattel – war der Preiskrieg mit der Konkurrenz aus Fernost ein großes Thema, zig Arbeitsplätze standen auf dem Spiel. Er selbst, so sagt Christian Pech, habe nie Angst um seinen Arbeitsplatz gehabt. Dies dürfte auch einer Rettungsmaßnahme der EU zu verdanken sein – als die Chinesen den Weltmarkt mit Billigware überschwemmten, führte die EU im Jahr 2013 Antidumping- und Ausgleichszölle ein.

Preisvorgaben nicht eingehalten

Christian Pechs Arbeitgeber unterlief die in der EU geltenden Mindestpreise, so die Anklage. Er habe sich fast ausschließlich um den Vertrieb gekümmert, sagt Pech, doch es sei so gewesen, dass die Mutterfirma in China den Takt angab und "konkurrenzfähige Preise" forderte.

So dürfte es zu dem zweiten Vorwurf der Anklage gekommen sein: Denn zusätzlich sollen zwei Kunden der Firma geschmuggelte Module weit unter Mindestpreis angekauft und das Einhalten der Preisvorgaben nur vorgetäuscht haben – indem sie verschleierte Rückzahlungen oder die Manipulation von Montage- und Zubehörkosten vereinbarten.

Er sei nicht auf die Idee gekommen, dass dieses Geschäftsgebaren nicht zulässig sein könnte, so Pech. Ihm schien es angeblich möglich, auf Gewinnmargen zu verzichten. Gleichzeitig erklärt er auch, dass er sich schon gedacht habe, dass ein derartiges Geschäftsgebaren nicht zulässig ist. Außerdem, so sagt er, könne er ja kein Chinesisch.

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