Zahlen, Daten und Probleme

Booster für alle? So läuft die Auffrischungskampagne in Bayern wirklich

28.11.2021, 18:55 Uhr
Wer die Auffrischungsimpfung will, der soll sie unkompliziert bekommen - versprach die Staatsregierung. Die Realität sieht anders aus. 

© Sven Hoppe, dpa Wer die Auffrischungsimpfung will, der soll sie unkompliziert bekommen - versprach die Staatsregierung. Die Realität sieht anders aus. 

Für Markus Söder war die Sache relativ eindeutig. Nur die Auffrischungsimpfung, sagte der Ministerpräsident vor etwas mehr als zwei Wochen, hilft, die Zahl der Impfdurchbrüche zu minimieren. Seitdem kann sich jeder in Bayern fünf Monate nach seiner Zweitimpfung einen Booster abholen. Jung und Alt, Risikopatient oder nicht, möglichst unbürokratisch. In der Realität scheitert Söders Versprechen aber vielerorts an mangelnden Kapazitäten, Personalnot in den Impfzentren und fehlender Vakzine.

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Neue Zahlen zeigen, wie der Impffortschritt tatsächlich aussieht. Bislang, teilt das Gesundheitsministerium auf Nachfrage unserer Redaktion mit, haben 1.095.800 Menschen in Bayern eine Auffrischungsimpfung erhalten. "Damit verbleiben noch rund 5.669.000 Personen, die sich bis Jahresende boostern lassen könnten", sagt eine Sprecherin. Auch die Zahl der Erstimpfungen zieht an. In der ersten Novemberwoche waren es etwa 42.000, in der Woche darauf schon 74.000 - und vergangene Woche sogar 89.000.

Dennoch: Der absolute Großteil derer, die sich derzeit impfen lassen, frischt auf. Während sich in der ersten Novemberwoche rund 90.000 Menschen ihren Booster holten, frischten in den sieben Tagen danach schon rund 200.000 ihren Schutz gegen das Coronavirus auf. Die Woche darauf waren es 346.000. Im November gab es demnach in Bayern also 636.000 Booster-Spritzen. Im selben Zeitraum erschienen nur rund 200.000 Menschen zur Erstimpfung.

Auch viele junge Menschen lassen Impfung auffrischen

Zwar empfiehlt die Ständige Impfkommission die Auffrischungsimpfung mittlerweile für alle Menschen über 18 Jahre. Gerade ältere Menschen und Risikopatienten, so das Expertengremium, sollten aber bevorzugt werden. In Bayern geschieht das nicht wirklich, wie die Zahlen zeigen: Zwar entfallen rund 61 Prozent der Booster auf Menschen, die über 60 Jahre alt sind. Mehr als ein Drittel derer, die ihren Schutz auffrischen ließen, ist aber jünger (39 Prozent).

"Die Impfquote der Auffrischungsimpfungen liegt bezogen auf die Gesamtbevölkerung bei rund 8,3 Prozent, bei der volljährige Bevölkerung liegt sie bei rund 9,9 Prozent und bei den über 60-Jährigen bei 18,6 Prozent", erklärt eine Sprecherin des Ministeriums.

Erst spät reaktivierte Bayern für die Auffrischungskampagne seine Impfzentren - zu spät, sagen manche Verwaltungsbehörden, die sich überrumpelt fühlen. Oft kommt es vor den zentralen Impfstellen zu langen Schlangen, Interessierte müssen mancherorts abgewiesen werden (mehr dazu lesen Sie hier). Trotzdem: Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Booster wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in den Zentren, durch mobile Teams oder in Krankenhäusern verabreicht. Den Rest der Impfungen führten Haus-, Fach- und Betriebsärzte durch.

150.000 Impfungen an einem Tag

Allein am vergangenen Mittwoch etwa seien etwa rund 150.000 Impfungen durchgeführt worden, teilt das Ministerium mit - so viele wie zuletzt am 1. Juli, der Hochzeit der Kampagne. Dennoch: Die Nachfrage im Freistaat übersteigt das Angebot. "Sobald noch weitere Kapazitäten vor Ort geschaffen werden konnten, sollten noch mehr Impftermine verfügbar sein", sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Zwar klagen viele Städte auch in Franken über einen Mangel an Impfstoff - das sei aber nur ein kurzfristiges Problem, so das Ministerium. Der Bund hat rund 50 Millionen Dosen allein bis Jahresende versprochen. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) übt dennoch Kritik. "Für uns als 'Impfende' ist es absolut unbefriedigend, wenn Menschen abgewiesen werden müssen, weil wir schon wieder eine Knappheit haben", sagt Sprecher Sohrab Taheri-Sohi. Teilweise habe es bereits verbale Ausschreitungen und tätliche Angriffe auf das Personal gegeben. Die Verunsicherung bei den Menschen sei kontraproduktiv, viele hätten lange mit der Impfentscheidung gehadert. "Diese Menschen schicken wir jetzt wieder nach Hause, weil der Kühlschrank leer ist."

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