Jetzt gibt es eine Produktwarnung

Champagner-Unglück in Weiden: Polizei nennt neue Details - so kam die Flasche ins Lokal

André Ammer

Region und Bayern

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3.3.2022, 10:28 Uhr
Champagner-Unglück in Weiden: Polizei nennt neue Details - so kam die Flasche ins Lokal

© PPfotodesign/imago images

Angesichts der Chargennummer auf dem Etikett ist mittlerweile klar, dass diese Doppel-Magnum der Marke "Moët & Chandon Ice Impérial" 2017 auf dem Firmensitz der Kellerei in Épernay abgefüllt wurde. Vermutlich wurde die Flasche in die Niederlande ausgeliefert, wo mittlerweile ein zweiter Fall einer mit Ecstasy versetzten Champagnerflasche bekannt geworden ist. Dort wurden vier Personen durch die auch als MDMA bekannte Droge verletzt.

Die Flasche, mit deren Inhalt sich eine Feierrunde in Weiden vergiftet hatte, wurde nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen auf der Auktions-Plattform eBay angeboten und 2019 von einem im Umkreis der oberpfälzischen Stadt lebenden Privatmann erworben. Der Fan edler Tropfen hatte auch Videos seiner Champagner-Bestände auf Facebook gepostet und verkaufte die besagte Doppel-Magnum an das italienische Restaurant in der Weidner Innenstadt weiter, in der sich in der Nacht zum 13. Februar eine Clique zum Feiern getroffen hatte.

Kurz nach Mitternacht hatte die Runde auf einen Freund angestoßen, der in der Datingshow eines Privatsenders aufgetreten war. Wie berichtet, befand sich jedoch konzentriertes Ecstasy statt Champagner in der Flasche, die ein Mitarbeiter des Lokals dem erwähnten Schampus-Sammler für 490 Euro abgekauft hatte. Das 52-jährige Todesopfer, das die Flasche einige Tage vor der Feier bei dem Betreiber des Restaurants bestellt hatte, starb kurz nach einem Probeschluck, sieben weitere Gäste mussten mit schweren Vergiftungen in Kliniken gebracht werden.

Flasche war anscheinend neu verkorkt worden

Die weiß eingefärbte Dreiliterflasche, die vom Hersteller in der Regel in einer speziellen Holzkiste ausgeliefert wird, hatte der Vorbesitzer scheinbar originalverpackt erworben. Kriminaltechnische Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Flasche nicht mehr mit dem Originalkorken verschlossen war. Offensichtlich war sie geöffnet und neu verkorkt worden.

Deshalb warnt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nun offiziell vor Dreiliterflaschen der Marke "Moët & Chandon Ice Impérial" mit der Chargennummer LAJ7QAB6780004. Auch die manipulierte Flasche, die in den Niederlanden aufgetaucht war, trug diese Chargennummer auf dem Etikett, und es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere dieser Flaschen mit flüssigem MDMA im Umlauf sind. Die niederländische Behörde für Lebensmittel- und Verbraucherproduktsicherheit (NVWA) hat deshalb ebenfalls eine Produktwarnung veröffentlicht.

Rötlich-braune Farbe und intensiver Anisgeruch

"Lassen Sie die Flasche unberührt, wenn der Inhalt von dem abweicht, was für Champagner üblich ist. Probieren Sie nichts!", warnt das BVL. Selbst das Eintauchen einer Fingerspitze in die Flüssigkeit und das Schmecken könne auch ohne Schlucken zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Und die "Einnahme eines kleinen Schlucks" könne tödlich sein.

Flüssiges Ecstasy unterscheide sich aber schon rein optisch deutlich von Champagner. Es sprudle nicht, hat eine rötlich-braune Farbe, die sich mit der Zeit verdunkle, und rieche ziemlich intensiv nach Anis.

Die Ermittler der Sonderkommission "Markt" in Weiden arbeiten inzwischen mit den Behörden in den Niederlanden zusammen und gehen unter anderem der Frage nach, auf welchen Wegen die betreffenden Flaschen nach ihrer Abfüllung in Frankreich vor fünf Jahren zu den vergifteten Endverbrauchern gelangt waren. Weitere Details will der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schäfer angesichts der laufenden Ermittlungen nicht nennen.

Die Ermittlungen gegen das Personal des italienischen Restaurants in Weiden dagegen sind mittlerweile abgeschlossen. Laut Schäfer haben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Betreiber und die Beschäftigten vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hätten. Dass das Szenelokal und seine Stammgäste wohl Opfer einer Verkettung unglücklicher Umstände geworden sind, belegt auch das Schicksal der Bedienung, die die Flasche am Tisch der Feierrunde geöffnet hatte. Sie hatte ebenfalls einen Schluck probiert und musste mit schweren Vergiftungen ins Krankenhaus.