Impffortschritt stockt

Corona in Bayern: Droht jetzt schon die große Impfmüdigkeit?

5.7.2021, 11:55 Uhr
Der Impffortschritt in Bayern gerät ins Stocken. Die Ursachen sind vielfältig.

© Philipp Schulze, dpa Der Impffortschritt in Bayern gerät ins Stocken. Die Ursachen sind vielfältig.

Während im Frühjahr der Ansturm auf Impfzentren und vor allem Ärzte, die Impftermine gegen das Coronavirus anboten, kaum zu bewältigen war, herrscht jetzt Flaute. Menschen erscheinen nicht zum vereinbarten Termin im Impfzentrum, eine Impfaktion in Memmingen wurde Ende Juni vorzeitig beendet, weil sich nur 180 Menschen mit Astrazeneca impfen lassen wollten - geplant waren bis zu 1800 Impfungen über zwei Tage.

Dabei sind Anfang Juli erst rund 55 Prozent der Bayern einmal und 38 Prozent vollständig geimpft. Bis zu den Sommerferien soll nach Plänen der Landesregierung die Hälfte der bayerischen Bürger über 18 Jahre voll geimpft sein. Laut dem Virologen Christian Drosten müssen jedoch mindestens 80 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft sein, um eine Herdenimmunität zu erreichen und das Virus in Schach halten zu können.

Im Gesundheitsamt im Nürnberger Land fürchtet man, dass die Impfbereitschaft in der Bevölkerung abgenommen hat, wie dessen Leiter, Hanspeter Kubin, im Gespräch mit der Pegnitz-Zeitung sagt. "Das ist ein Phänomen, das nicht allein den Landkreis betrifft", so Kubin. Zu erkennen sei eine allgemeine Tendenz in der deutschen Bevölkerung. Die Inzidenzen sind sehr niedrig, "die Bilder von Intensivstationen sind verblasst", so Kubin. Die Bevölkerung sei "pandemiemüde". Bis zu 1000 freie Termine seien in den folgenden Tagen noch frei, so Kubin.

Eine gewisse Sorglosigkeit zu beobachten

Auch in den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach geht die Impfbereitschaft merklich zurück. Oliver Hempfling, Leiter des Corona Krisenstabes im Kulmbacher Landratsamt, vermutet dahinter verschiedene Ursachen. So sei eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit der Pandemie bei den Menschen zu beobachten. Der allgemeine Impffortschritt und stark gesunkene Corona-Inzidenzzahlen würden dazu beitragen, so Hempfling gegenüber dem BR. Dazu käme, dass Impftermine auch deshalb nicht angetreten würden, weil es Überschneidungen mit der Urlaubsplanung gebe.

Bayerns Regierung reagierte auf die sinkende Impfbereitschaft und hob am 2. Juli auch die Priorisierung in den Impfzentren auf. Jeder, der sich jetzt auf dem Impfportal registriert, bekommt auch bald ein Impfangebot. Seit dieser Systemänderung werde die Reihenfolge zur Termineinladung ausschließlich über das Datum der Registrierung vergeben. Einen weiteren Anreiz, um die Impfbereitschaft zu steigern, sieht der Freistaat derzeit allerdings nicht vor. "Wir bleiben dabei: Es gibt keine Impfpflicht in Deutschland und wir verteilen jetzt auch keine Goodies dafür", so Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Impfgipfel am vergangenen Montag. Allerdings sei klar: "Das Impfen hat viele Vorteile: Ich bleibe gesund, ich schütze meine Familie, ich kann freier leben."

Andere Länder gehen kreative Wege

Anreize wie zum Beispiel eine Impflotterie, die in Bangkok initiiert wurde, wird es demnach nicht geben. Unter allen Bewohnern, die sich in einem bestimmten Zeitraum impfen ließen, wurde eine Wohnung im Millionenwert verlost. In Australien verloste die Fluggesellschaft Quantas ein Jahr Freiflüge für eine bis zu vierköpfige Familie. Die New Yorker Stadtspitze verteilte Cannabis unter allen Impfwilligen, andere Städte in den USA lockten mit Freibier, Donuts oder Sparbriefen die Bevölkerung in die Impfzentren. In Tel Aviv warb die Regierung mit dem Slogan "Get the Shot, drink a Shot" mit einem Freigetränk in sogenannten Impfbars.

Die Zentren in der Region gehen aber auch eigene Wege, um die Leute zum Impfen zu bewegen. Am Freitag, 9. Juli, und Samstag, 10. Juli, sowie am Freitag, 16. Juli, und Samstag, 17. Juli, können sich zum Beispiel Interessenten in der Oberasbacher Jahnturnhalle von 9 bis 16 Uhr mit dem Wirkstoff von Astrazeneca erstimpfen lassen. Zudem besteht seit 1. Juli die Möglichkeit, unter www.agnf.org (Button "Impfaktionen") für die Vakzine von Johnson & Johnson sowie Astrazeneca Termine zu buchen.

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