Critical Mass: Stadt und Polizei appellieren an Rad-Aktivisten

29.7.2020, 17:45 Uhr
Einen Ansprechpartner für die Behörden gab es auch bei der Aktion im Sommer vergangenen Jahres nicht. In Zeiten von Corona greifen Ordnungsamt und Polizei deshalb durch. Gängeln wollen sie die Aktivisten dadurch aber nicht.

© Stefan Hippel, NN Einen Ansprechpartner für die Behörden gab es auch bei der Aktion im Sommer vergangenen Jahres nicht. In Zeiten von Corona greifen Ordnungsamt und Polizei deshalb durch. Gängeln wollen sie die Aktivisten dadurch aber nicht.

Den Teilnehmern der Critical Mass reicht es: Ende Mai und Ende Juni wurden die Treffen (50 bzw. 150 Teilnehmer) vor dem Opernhaus von der Polizei aufgelöst. Und nicht nur das: Auch an den Ausweichtreffpunkten in der Südstadt und am Kornmarkt standen die Einsatzkräfte bereit. "Wir wurden eingekesselt", meint ein Teilnehmer. Warum aber stoppten die Beamten die Critical Mass – wo doch die Teilnehmer selbst davon berichten, dass es vor Corona immer ein sehr harmonisches Verhältnis zwischen den bis zu 3000 Teilnehmern und der Polizei gab?
"Wir leben in besonderen Zeiten", sagt Katrin Kurr, die Leiterin des Nürnberger Ordnungsamtes.

Was sie meint? Corona. "Es ist für uns total unübersichtlich, wie viele Teilnehmer kommen und welche Strecke gefahren wird", sagt sie. Offiziell als Versammlung oder Veranstaltung angemeldet ist die Critical Mass schließlich – wie in den vergangenen Jahren – auch für diesen Freitag nicht. Sollte sich daran nichts ändern, so werden die Aktivisten auch diesmal nicht losfahren können.

Aktivisten sollen nicht gegängelt werden

Das Ordnungsamt will die Rad-Aktivisten dadurch nicht gängeln. "Uns ist es wichtig, dass das stattfinden kann", sagt Kurr, schließlich gehöre die Critical Mass zu Nürnberg. Allerdings – so betont sie – müsse das in geregelten Bahnen über die Bühne gehen. Dass das bei Rad-Demos durchaus möglich ist, habe man in der Vergangenheit bereits gesehen, sagt Kurr und verweist auf mehrere Aktionen, die von der Initiative "Fridays for Future" oder anderen Aktivisten angemeldet worden sind. "Wir suchen vehement einen Ansprechpartner", sagt Kurr. In anderen Städten sei das auch bereits gelungen.

Was genau aber müsste die Nürnberger Critical Mass dabei beachten? "Das Katz-und-Maus-Spiel an der Spitze muss aufhören", sagt Hermann Guth, Leitender Polizeidirektor des Polizeipräsidiums Mittelfranken. Die Strecken, die die Aktivisten radeln, seien bislang vorab nicht bekannt gewesen. Die Polizei aber müsse die Strecke kennen, um den Verkehr dort zu regeln und die Sicherheit der Radfahrer und anderer Verkehrsteilnehmer gewährleisten zu können.

Critical Mass will keine Verantwortlichen benennen

Ebenfalls dringend notwendig: ein Ansprechpartner und die klare Absprache, dass die Aktivisten nicht die ganze Breite der Straße nutzen – schon deshalb, weil Rettungsfahrzeuge und öffentliche Verkehrsmittel nicht ausgebremst werden dürfen. Guth appelliert deutlich an die Teilnehmer der Critical Mass, die zur Pressekonferenz im Rathaus gekommen sind: "Wenn man sich abspricht, könnte man das problemlos durchführen." Denn: "Beim ersten Unfall würde die ganze Aktion Schaden nehmen."


Critical Mass muss Verantwortung übernehmen


Ob der Appell fruchtet? Die Critical Mass verweist schon auf ihrer Facebook-Seite darauf, dass es eben keinen Organisator oder Anführer, "auch wenn die Polizei vielleicht noch so gerne einen hätte." Und auch die Teilnehmer ("wir sind keine Vertreter!"), die zu dem Gespräch im Rathaus gekommen sind, betonen, dass bei der Critical Mass alles spontan entsteht. "Wir werden natürlich weiterleiten, dass der Wunsch besteht, einen Ansprechpartner zu haben", sagt einer von ihnen. Katrin Kurrs Angebot steht: Ein Ansprechpartner für die Behörden kann von den Teilnehmern der Critical Mass auch kurzfristig benannt werden.

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