Elektrifizierung: Kommt die Gräfenbergbahn unter Strom?

24.8.2019, 05:54 Uhr
Elektrifizierung: Kommt die Gräfenbergbahn unter Strom?

© Foto: Matthias Balk, dpa

Das sich etwas ändern muss, dürfte Sebastian Körber noch deutlicher geworden sein, als er vor einigen Tagen dem Lokführer der Gräfenbergbahn während der Fahrt über die Schulter schauen durfte. Der Forchheimer FDP-Landtagsabgeordnete sah, wie viele Bahnübergänge sich auf der kurzen Strecke befanden: 31 Stück auf fast 30 Kilometern, und nicht jeder ist mit einer Schranke gesichert. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, muss der Lokführer dort langsam fahren. Das wirkt sich auf die Fahrzeit aus.

Mehr als 5000 Bürger zeichneten die Petition

Körber sitzt dem Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr des bayerischen Landtags vor. Dieser beschäftigt sich mit der Petition zur Gräfenbergbahn, die im Februar 2019 eingereicht wurde. Über 5000 Menschen hatten diese unterschrieben. Zusammen mit anderen Landtagsabgeordneten hat sich Körber – er ist zusammen mit Josef Schmid (CSU) der Berichterstatter für die Petition – vor Ort ein Bild gemacht. Am Gräfenberger Bahnhof tauschte er sich mit Kommunalpolitikern und der Deutschen Bahn aus.

Dass der Ausschuss – in ihm bilden CSU und FW eine Mehrheit – die Petition annimmt, ist unwahrscheinlich. Denn damit wäre die Staatsregierung verpflichtet, die in der Petition gelisteten Punkte umzusetzen – darunter auch die geforderte Elektrifizierung. Diese hat jedoch für den Freistaat aufgrund der ungünstigen Wirtschaftlichkeit bisher keine Priorität.

Körber hofft auf ein Umdenken zugunsten der Elektrifizierung. Der Ausschuss hatte die Staatsregierung gebeten, darzulegen, welche Informationen herangezogen werden, um den Kosten-Nutzen-Faktor zu berechnen. Fällt das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung negativ aus, werden Maßnahmen nicht finanziert.

Ganserer will eigenes Programm

Der oberfränkische Landtagsabgeordnete spricht sich dafür aus, dass Faktoren wie die angespannten Mietmärkte in den Städten und die Entlastung der Städte durch einen attraktiven Nahverkehr im Umland bei der Berechnung künftig stärker gewichtet werden. "Vielleicht bekommen wir die Bewertungskriterien aufgeweicht", sagt Körber. Ende September wird die Staatsregierung dem Ausschuss berichten; über die Petition wird erst an einem anderen Termin abgestimmt.

Um die Elektrifizierung von Strecken voranzubringen, plädiert die Landtagsabgeordnete Tessa Ganserer (Grüne) dafür, dass der Freistaat ein eigenes Elektrifizierungsprogramm initiiert. Vorbild sei Baden-Württemberg. Das Bundesland investiert in die Elektrifizierung von Strecken eigene Landesmittel. Für die Infrastruktur ist grundsätzlich der Bund zuständig.

Freistaat steht wohlwollend gegenüber

Das bayerische Verkehrsministerium betont auf NZ-Nachfrage, bereits "freiwillig" in die Elektrifizierung investiert zu haben. So fördert die Staatsregierung die Planungen zur Elektrifizierung einer 84 Kilometer langen Strecke im Oberland mit 3,4 Millionen Euro. Konkret geht es unter anderem um die Abschnitte Holzkirchen–Bayrischzell und Holzkirchen–Schaftlach–Lenggries. In einem anderen Fall wurde die Elektrifizierung der Außerfernbahn zwischen der Grenze zu Österreich und dem Grenzbahnhof Pfronten-Steinach mit 55.000 Euro unterstützt.

Dass der Freistaat der Elektrifizierung von Strecken wohlwollend gegenübersteht, ist einer Mitteilung des Verkehrsministeriums zu entnehmen. Darin heißt es: "Die Investition zur Errichtung einer Oberleitung und der Betrieb mit konventionellen Elektrotriebfahrzeugen ist nach einer Studie der TU Dresden aus dem Jahr 2017 wirtschaftlicher als der Verkehr mit anderen Antriebsarten, einschließlich alternativer Antriebe, wenn im Stundentakt oder häufiger gefahren wird."

Finanzierung für das neue Stellwerk ist noch ungewiss

Einige Forderungen, die die Petition zur Gräfenbergbahn aufgreift, setzt die Bahn bereits um. Sie hatte noch vor dem Einreichen der Petition einen Fünfstufenplan zur Verbesserung der Infrastruktur der Gräfenbergbahn vorgelegt. Darin enthalten sind die Beseitigung von Langsamfahrstellen, Behebung von Schwellenschwachstellen und der Bau eines elektronischen Stellwerks. Dieses ist, teilte die Deutsche Bahn der NZ mit, frühestens ab 2024 realisierbar. Voraussetzung ist unter anderem die Finanzierung durch den Bund. Über den neuen Vertrag, die sogenannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung – sie regelt, wie viel Geld der Bund der Deutschen Bahn für Investitionen in seine Infrastruktur überweist – wird noch verhandelt.


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