Turnen

70 Jahre alt und top fit: Elisabeth Zeier vom TSV Neunkirchen

27.2.2020, 14:00 Uhr
70 Jahre alt und top fit: Elisabeth Zeier vom TSV Neunkirchen

© Foto: Edgar Pfrogner

Elisabeth Zeier schaut sich jedes einzelne Bild genau an. Auf dem winzigen Display der Kamera ist das gar nicht so leicht. Doch es muss sein. Sie will dem Zeitungsfotografen genau erklären, welche Bilder die besten sind. Schließlich muss die Turnübung korrekt sein, der Körper gerade, die Füße im richtigen Winkel gestreckt. Am Reck wirkt Zeier überhaupt nicht wie eine 70-jährige Oma. Und selbst, als sie direkt vor einem steht, nicht.

Yoga, Skifahren, Wandern - und Turnen

Seit acht Jahren ist sie im Ruhestand, Zeier kümmert sich um ihren großen Garten und geht zum Yoga, fährt Ski, wandert. So intensiv wie Geräteturnen aber hat sie nie etwas gemacht. Beim TSV Neunkirchen gibt es die Sportgruppe auch dank ihres ehrenamtlichen Engagements. Die Gruppenleitung hat Zeier mittlerweile abgegeben, auch Abteilungsleiterin ist sie nicht mehr. "Jetzt ist jemand anderes dran." Zur Aushilfe aber kommt die Übungsleiterin gerne in die Halle am Schellenberger Weg, der Verein sucht immer Helfer.

"Manchmal juckt es mich aber auch, dass ich selbst etwas mache." Im Mai hat Zeier noch auf der Deutschen Senioren-Meisterschaft mitgeturnt. Nach Neunkirchen ist Zeier mit ihrem Mann gezogen, "durch Heirat, ganz einfach", sagt sie. Aufgewachsen ist die 70-Jährige in Südtirol, an der Uni in München lernte sie ihren späteren Ehemann kennen. Den Dialekt ihrer Heimat hat sie abgelegt. Stattdessen ist die Aussprache klar. Für eine Juristin sei Dialekt unpassend, meint Zeier. Als Richterin arbeitete sie in Erlangen.

Der Beruf passt gut zu ihr und ihrem Sport. Zeier ist sehr sorgfältig, auch zu Hause muss eine gewisse Ordnung herrschen. "Einmal am Tag räume ich auf." Zum Pressetermin trägt Zeier ihren grünen Wettkampfanzug aus Samt. Ein Turnanzug und die passende Leggings dazu. Lockere Kleidung ist hier unzulässig. Wie bei den Turnelementen auch muss es schon korrekt sein.

"Ich bin mit Turnen aufgewachsen", sagt Zeier, schon als Sechsjährige begann sie mit dem Training, später engagierte sie sich schon als Jugendliche im Verein. In Neunkirchen hatte die berufstätige Mutter von Zwillingen und einer Nachzüglerin zunächst keine Zeit für Sport. Als "die Kinder aus dem Gröbsten raus waren", ging Zeier zum TSV. Sie wohnt nicht weit von der Sporthalle entfernt. Gemeinsam mit einer Übungsleiterin, die verstorben ist, gab sie Training im Geräteturnen.

"Man bekommt Körpergefühl, Spannung und Kraft"

"Hauptsächlich habe ich mich um die Kinder gekümmert, die Wettkampfturnen im Breitensport machen." Sie treten auf Wettbewerben im Gau-Bereich und auf Landesebene an. In Zeiers Turngruppe geht es aber nicht nur um Erfolg. Ihr liegen die Kinder am Herzen. "Dieser Breitensport gibt allen Turnern die Möglichkeit, auch in einen anderen Sport zu wechseln. Man bekommt Körpergefühl, Spannung und Kraft. Das ist die Basis jeglichen Sports." Turnen sei zudem "Kopfarbeit". Man müsse sich sehr konzentrieren.

Ab und an erschreckt es die Übungsleiterin, wie unbeweglich manche Kinder heutzutage sind. Manche könnten nicht einmal richtig Anlauf nehmen für einen Pferdsprung. Es gebe aber auch "Wunderkinder", sagt Zeier. "Die klettern auf jeden Baum und haben Kraft." Sie selbst möchte allen eine Chance geben. "Durch Üben kann man sehr viel lernen."

"Wichtig ist, dass man den Kindern die Liebe zum Turnen mitgegeben hat"

Über die Jahre hat Zeier viele Generationen trainiert. "Die Ersten, mit denen ich geturnt habe, sind jetzt schon 45 Jahre alt." Manche kommen bereits wieder mit ihren eigenen Kindern. "Leider verlieren wir viele junge Leute in Neunkirchen." Doch selbst wenn talentierte Sportler den Verein verlassen: "Wichtig ist, dass man den Kindern die Liebe zum Turnen mitgegeben hat."

Selbst hat sie erst mit 50 Jahren wieder angefangen. "Durch die Kinder habe ich mich fit gehalten." Bei den Senioren gewann Zeier dreimal die Deutsche Meisterschaft. Das Schöne aber daran sei nicht so sehr, dass man Erste sei. Vielmehr sind alle Teilnehmer stolz auf das, was sie leisten. "Wir sind eine große Familie", sagt Zeier über die Gemeinschaft, die im Alter immer kleiner wird. Der Respekt untereinander ist groß.

Zeier erzählt zum Beispiel von Johanna Quaas, einer 94-Jährigen, die als älteste Wettkampfturnerin der Welt gilt. "Es gibt nicht mehr viele Frauen, die einen Dreikampf durchstehen können. Die eine hat es im Fuß, die andere an der Schulter." Dabei gehört Zeier nicht zu den Menschen, die das Älterwerden bedauern. Sie sieht es pragmatisch und versucht zu turnen, was noch geht. "Ich mache keinen Flickflack. Das tue ich meiner Wirbelsäule nicht an." Doch wenn sie etwas turnt, muss es schon korrekt sein.

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