Corona: Deshalb ist Reha für Patienten mit schweren Verläufen wichtig

22.12.2020, 12:36 Uhr
Corona: Deshalb ist Reha für Patienten mit schweren Verläufen wichtig

© imago images/Hans Lucas

Herr von Rosen, Sie und Ihre Mitarbeiter haben schon Erfahrung gesammelt mit Patienten, die eine schwere Corona-Infektion durchgemacht haben. Wie war das im Frühjahr?

Friedricht von Rosen: Mitte April bekamen wir von den Intensivstationen der umliegenden Krankenhäuser – insbesondere vom Uniklinikum Erlangen, vom Nordklinikum Nürnberg und vom Klinikum Fürth – Anfragen, ob wir nicht Patienten übernehmen könnten, die eine schwere Corona-Infektion durchgemacht hatten. Nach der Intensivtherapie erholten sie sich langsam, waren aber noch stark beeinträchtigt.

Corona: Deshalb ist Reha für Patienten mit schweren Verläufen wichtig

© Bezirkskliniken Mittelfranken

Wir haben dann eine Station umgewidmet und diese Patienten übernommen. Bei einigen war noch nicht sicher, ob sie das Virus in sich tragen, so dass wir eine richtige Covid-Station mit mehr Personal in voller Schutzausrüstung und mit einer komplizierteren Logistik so wie in Akutkliniken betreiben mussten. Wir hatten dann teilweise zehn Patienten mit schweren Verläufen gleichzeitig. Bis 10. Juni hatten wir insgesamt fast 30 Patienten, danach nur noch vereinzelte Erkrankte.

Jetzt sind Sie wieder bereit, solche Patienten aufzunehmen?

Von Rosen: Ja, wir haben die Station soeben wieder umgewidmet. Die ersten Patienten nach schweren Covid-Verläufen sind bereits zu uns gekommen. Wir rechnen damit, dass wir die Station wieder füllen werden. Damit entlasten wir die Intensivstationen der Umgebung, damit sie ihre Betten und Beatmungsgeräte für die akuten Neuzugänge zur Verfügung haben.

 


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Welche Symptome hatten die Patienten, die im Frühjahr auf die Post-Covid-Station kamen?

Von Rosen: Sie hatten schwere Infektionen der Lungen, aber auch anderer Organe und im Laufe der Krankheitsgeschichte auch neurologische Komplikationen, also Hirnblutung, Hirninfarkt oder schwere Lähmungen der Arme und Beine. Sie waren bettlägerig, völlig hilflos, manche hatten nach einem Luftröhrenschnitt noch schwere Schluckstörungen. Sie konnten sich im Bett nicht einmal auch nur ein bisschen drehen, sie konnten ihre Arme nicht zum Mund führen und auch nicht frei sitzen.

 

Wie ging es dann weiter?

Von Rosen: Bei etwa einem Drittel der Patienten war der Verlauf sehr langwierig, das heißt, es hat zwei bis drei Monate gedauert, bis sie mit Mühe wieder steh- und gehfähig waren. Sie wurden entlassen, als sie nicht mehr pflegebedürftig waren. Mit einigen, die wieder zuhause waren, haben wir telefoniert, und sie haben uns erzählt, dass sie immer noch weit weg vom normalen Zustand sind.

Bei schweren Verläufen gibt es selbst nach sechs Monaten noch Beschwerden. Erst die Zeit wird zeigen, wie die langfristige Entwicklung von Menschen ist, die einen schweren Covid-Verlauf überlebt haben.


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Wie war die Entwicklung bei den anderen Patienten?

Von Rosen: Bei zwei Dritteln gab es ausgesprochen positive Verläufe, sie kamen innerhalb weniger Wochen wieder auf die Beine. Obwohl manche von ihnen anfangs ebenfalls hochgradige Lähmungen hatten, haben sich diese relativ schnell gebessert, schneller als wir das sonst kennen etwa bei Patienten nach schweren Schlaganfällen, die oft erhebliche Behinderungen zurückbehalten. Es waren also erfreuliche Verläufe, die wir sonst in der neurologischen Frührehabilitation selten so sehen.

In welchem Alter waren die Covid-Patienten, die zu Ihnen kamen?

Von Rosen: Das Altersspektrum lag zwischen 30 und 80, das mittlere Alter bei etwas über 60. Das heißt, sie waren deutlich jünger als der Großteil der Patienten, die an Covid versterben. Der ältere Mensch, der an die Beatmung genommen werden muss, hat ein höheres Risiko als der jüngere Mensch, und es überleben von den jüngeren Patienten prozentual etwas mehr als von den älteren.



Wie viel Respekt haben Sie und Ihre Mitarbeiter heute vor dieser Krankheit, mit der sie im Frühjahr wochenlang zu tun hatten?

Von Rosen: Wir alle haben großen Respekt, weil wir gesehen haben, dass unter unseren schwer betroffenen Patienten auch jüngere Menschen waren, die nicht anders sind als wir selbst, die beinahe gestorben wären und mit viel Mühe wieder auf die Beine kommen. Manche hatten Vorerkrankungen, viele aber auch nicht. Es waren leistungsfähige, berufstätige, gesunde Menschen, die zwei Wochen, nachdem sie sich infiziert hatten, am Beatmungsgerät hingen.

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