Deshalb fehlen 50 Erlanger Schüler regelmäßig im Unterricht

23.12.2020, 18:30 Uhr
Deshalb fehlen 50 Erlanger Schüler regelmäßig im Unterricht

Zwei haben sie schon, fehlen also noch elf. "Aber ganz so einfach", sagt Michael Schöttler von derEFIE, der Ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung in Erlangen, "ist es leider nicht." Im Gegenteil. Es ist sogar ziemlich beschwerlich, alle Notunterkünfte, die es in der Stadt Erlangen gibt, mit einem eigenen, für die Bewohner kostenfreien Internetzugang auszustatten.

Denn wovon man meinen könnte, dass es seit 2015, als die ersten Geflüchteten Zuflucht in der Stadt fanden, längst Norm sein müsste, ist nur wenig geschehen. Dabei, erzählt Stephanie Gauter, ebenfalls bei der EFIE aktiv, sind Mobiltelefone und das Internet für Menschen, die ihre Heimat wegen Krieg und Verfolgung verlassen mussten, oft der letzte Draht nach Hause, zur Familie.

13 noch verbliebene Notunterkünfte

Doch nicht nur deshalb kämpft die EFIE um die Ausstattung der Notunterkünfte mit Internet-Routern, es gibt spätestens seit dem ersten Lockdown einen weiteren dringenden Grund, dass sich die Menschen endlich ohne Mühen ins Netz einwählen können: die Schule.

Über 50 schulpflichtige Kinder, schätzt die EFIE, sind mit ihren Familien in den 13 noch verbliebenen Notunterkünften untergebracht. Tendenz fallend. "Die meisten", sagt Michael Schöttler, "konnten schon in Wohnungen umziehen, Familien werden hier bevorzugt behandelt." Doch diese rund 50 Mädchen und Jungen haben zu Zeiten von Corona einen klaren Nachteil: Dadurch, dass ihre Eltern weder Tablets noch Internetanschluss haben, können sie nicht am Distanzunterricht teilnehmen. Nicht mal Arbeitsblätter oder Arbeitsanweisungen per Mail können diese Kinder von ihren Lehrerinnen und Lehrern erhalten, geschweige denn ausdrucken. "Das ist wirklich traurig", findet Stephanie Gauter. "Dadurch werden die Kinder, die ohnehin in einer fremden Sprache Schulstoff lernen müssen, noch mehr abgehängt."

Bedarf korrekt erhoben?

1200 Tablets hat die Stadt fürs mobile Lernen vor Monaten bestellt, erst vor kurzem sind die ersten davon eingetroffen. Auch ist unklar, ob der Bedarf der Kinder aus geflüchteten Familien korrekt erhoben wurde – Elternzettel laufen wenn überhaupt nur mäßig an die Lehrkräfte zurück, die Eltern können ohne Hilfe die Fragestellungen auf Deutsch nur selten beantworten. Die nächste Hürde ist das Gesetz: Würde die Stadt Erlangen ihre Notunterkünfte mit Internetzugängen ausstatten, müsste sie die Kosten dafür den Bewohnern von den Sozialleistungen abziehen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Stadt sogar offen, dass ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer die fehlenden Strukturen aufbauen und mit Spendengeld finanzieren: "Wir sind deshalb sehr froh, dass sich die Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung in Erlangen mit Hilfe des Vereins Freifunk dieses wichtigen Themas annimmt", lässt die Stadt über ihren Pressesprecher ausrichten.

So wie schon in zwei Unterkünften geschehen: Rund 500 Euro, so Michael Schöttler von der EFIE, koste es neben den monatlichen Gebühren, in einer Unterkunft ein funktionierendes W-LAN zu installieren: "Durch die Metallbauweise in den Containern wird der Funk gestört, daher braucht es mehr Geräte als in einem gewöhnlichen Haushalt." In angemieteten Unterkünften sind laut EFIE die Eigentümer häufig gegen bauliche Veränderungen. Und damit auch gegen Löcher für die Kabel, gegen Schrauben für die Router.

Unbürokratische Hilfe der Stadt

Die Stadt, so die Stellungnahme weiter, leiste, "wo es die bayerischen Regelungen zulassen" unbürokratische Hilfe. Auch für sie, das kann man zwischen den Zeilen herauslesen, ist die Situation unbefriedigend. Sie setzt weiter auf das ehrenamtliche Engagement und auf Privatanschlüsse. Auf diese Weise gebe es "in den meisten der elf städtischen Unterkünfte, darunter drei Gemeinschaftsunterkünfte (...) mittlerweile eine W-LAN-Versorgung". In den Unterkünften ohne Versorgung würden diese Möglichkeiten geprüft. Zusätzlich zu den städtischen gibt es zwei Regierungsunterkünfte, die noch ohne W-LAN sind.

Bis also das Ministerium anerkennt, dass ein Internetanschluss zu einer Notunterkunft zwingend dazugehört, wird die EFIE weiterhin auf eigene Faust mit dringend benötigten Spendengeldern die Unterkünfte anschließen lassen. Damit die Geflüchteten mit ihren Familien in Kontakt bleiben. Und damit die Kinder am Schulunterricht teilnehmen können.

 

Hier geht es um Kommentar unseres Redakteurs Christoph Benesch zu diesem Thema

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