Kranken- und Pflegekasse

"Eine einheitliche Krankenkasse ist die Lösung"

19.7.2021, 14:30 Uhr

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Herr Bauer, sind Sie privat oder gesetzlich krankenversichert?

Ich bin gesetzlich versichert, habe das nie bereut und bin glücklich damit.

Nun zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass es sinnvoll sein kann, die privaten und gesetzlichen Krankenkassen in einer einheitlichen Krankenversicherung zu vereinen. Warum unterstützt der VdK diese Idee?

Weil alle Versicherten davon profitieren - unabhängig von Alter und Einkommen. Die Lasten würden in diesem Modell anders verteilt, die heute gesetzlich versicherten könnten sich auf geringere Beiträge einstellen. Das jetzige System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung ist zutiefst ungerecht und unsolidarisch.

"Wir zahlen ein - es kommt nur nicht an"

Die Krankenkassen erhöhen immer wieder Ihre Beiträge - wie kann so ein Gesamtmodell dann günstiger und sinnvoller sein?

Die Alpenländer, die längst nach einheitlichem Modell arbeiten, zeigen uns, dass das funktioniert. Im Vergleich mit Österreich etwa haben wir deutlich mehr Gesamtvolumen in den über 100 gesetzlichen Krankenkassen, es kommt aber - anders als in Österreich - viel weniger vom Eingezahlten tatsächlich da an, wo es soll. In den Nachbarländern ist es kein Problem, alle zwei, drei Jahre eine Reha oder Kur zu beantragen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage: Eine Rentenkasse, eine Sozialkasse, eine Pflegekasse hätten dieselben positiven Folgen. Denn auch von der einheitlichen Rente bekommen die Pensionäre am Ende deutlich mehr Geld heraus.

Was geschieht mit den Zusatzleistungen wie für Zahnbehandlungen oder Brillen?

Auch so ein Punkt: Die Brillen wären plötzlich wieder finanzierbar durch die Kassen, die sind ja aktuell gestrichen. Für die 18 Euro Zuzahlung, sage ich Ihnen ganz ehrlich, muss ich nicht zum Augenarzt oder zum Optiker gehen. Eine hochwertige, ansehnliche Brille für 18 Euro gibt es doch gar nicht. Aber die vielen Krankenkassen würden sich reihenweise Vorstandsgehälter sparen, dieses Geld würde dorthin fließen, wo die Versicherten unmittelbar etwas davon haben. Bei den Berufsgenossenschaften hat der Bund vorgemacht, wie es gehen kann: Hier hatten wir einmal 160, nun sind es weniger als neun bundesweit. Es kann also funktionieren.

"Privilegien genießen nur die 18- bis 28-Jährigen"

Nun plädieren die gesetzlich Versicherten aus nachvollziehbaren Gründen für mehr Solidarität in einer einheitlichen Krankenversicherung. Die Privatpatienten fürchten vermutlich um Privilegien.

Privilegien, die nur die jungen Versicherten, die zwischen 18 und 28 wirklich durch niedrige Beiträge spüren. Was meinen Sie, wie viele 55-Jährige klagen, weil sie mit 54, als es letztmals möglich war, den Absprung von der privaten Kasse nicht geschafft haben? Die können spätestens, wenn sie nicht mehr arbeiten, die hohen Beiträge nicht mehr leisten. Und dann wechseln sie zur Grundsicherung - mit der auch all die Privilegien wegfallen und die Ärzte ihnen sagen, dass sie für sie nun behandelt werden wie ein gesetzlich Versicherter.

"Das macht in meinen Augen keinen Sinn mehr"

Und die Ärzte? Die sagen, dass sie Ihre Praxen nur durch die Beiträge der Privatversicherten finanzieren können. Werden die Praxen alle schließen müssen, wenn die einheitliche Versicherung kommt?

© privat, NN

Ich kenne viele Ärzte, die sagen, wenn sie nicht über die Ärzteversicherung versichert wären, würden sie in die gesetzliche wechseln. Leistungen doppelt oder dreifach Abrechnen können nur die Chefärzte mit Begründung. Und die leicht höheren Einnahmen schluckt der Mehraufwand, weil ein Privatversicherter eine Kaffeemaschine und ein eigenes Wartezimmer haben möchte. Der Grund, weshalb manche Ärzte nur noch Privatpatienten nehmen, ist, weil sie sagen, sie haben den Schriftverkehr mit den gesetzlichen Kassen satt. Doch der geht nun auch mit den Privaten mehr und mehr los. Also macht das in meinen Augen keinen Sinn mehr.

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