Freude auf allen Seiten
Endlich: Besuche in Erlanger Kliniken nach Corona-Pause
13.06.2021, 12:30 Uhr
Trennungen sind Ruth Maria und Peter Wissmann eigentlich gewohnt, beide haben ein erfolgreiches Berufsleben hinter sich, mit Dienstreisen und Auslandsaufenthalten in aller Welt: Sie als Führungskraft bei der Bundesagentur für Arbeit und später dann für ihr Ehrenamt im Senior Expert Service, er als Professor am Department Chemie und Pharmazie - Lehrstuhl für Physikalische Chemie II an der Universität Erlangen-Nürnberg.

An diese Zeit erinnern sich die zwei noch gerne, gerade jetzt, da sie die wohl längste Trennung unter ganz besonderen Umständen nun endlich hinter sich haben: Seit mehreren Wochen liegt der 84-Jährige im Krankenhaus, zunächst im Universitätsklinikum, seit Anfang Mai im Malteser Waldkrankenhaus St. Marien.
Wissmanns linkes Bein war bereits aufgrund massiver Durchblutungsstörungen ab dem Knie amputiert, nun kam der rechte Vorderfuß hinzu. Die OP wurde am 22. April 2021 in der Uniklinik durchgeführt, seit Anfang Mai findet die Reha im Geriatrischen Zentrum des Waldkrankenhauses statt - und mehrere Wochen lang konnten sie sich wegen der Corona-Pandemie und dem Besuchsverbot ausgerechnet im 50. Ehejubiläumsjahr persönlich nicht sehen.
"Wir haben telefoniert", erzählt Ruth Maria Wissmann, "und ich habe Sachen gebracht, die er braucht, aber das ist ja nicht alles, man will jemanden ja auch sehen".
Mit Verständnis für Situation
Die ganze Zeit habe sie ihren Mann nicht besuchen dürfen, berichtet Ruth Maria Wissmann, das sei schon alles irgendwie gegangen und sie könne das ja mit Blick auf das Coronavirus auch verstehen. "Ich konnte die Regelung nachvollziehen, denn wenn man das so gemacht hätte, dass jeder mal fünf Minuten rein kann, dann wäre das auch nichts halbes und nichts ganzes gewesen", sagt die 76-Jährige.
Es sei bei allem Verständnis für die Situation auch schwer gewesen, vor allem, da sie ihn nach einem solchen Eingriff auch gerne persönlich sehen wollte, ebenso die Wunde. "Es war eine völlig ungewohnte Situation und auch schade", berichtet die Erlangerin, "Bei früheren Krankenhausaufenthalten durfte ich natürlich hin, konnte ihn zumindest beruhigen oder trösten." Seit dem vergangenen Wochenende kann sie das wieder, beruhigen oder trösten muss sie ihn derzeit aber nicht.
Denn der emeritierte Hochschulprofessor ist trotz des schweren Eingriffs guten Mutes und sehr aufgeräumt. "Sie hat mir am Sonntag Schokolade, Eis und Obst mitgebracht", berichtet er auf der Dachterrasse der Klinik und lacht dabei herzlich. Auch er konnte die strikten Besucherregelungen während der hohen Inzidenz-Zahlen nachvollziehen. Da könne man doch nichts machen, sagt er besonnen.
Umso schöner ist für ihn, dass er in der Klinik die restlichen Tage seiner Therapie nun seine Frau, die so wie er gegen Sars-CoV-2 vollständig geimpft ist, sehen darf und kann. "Es war ein großer Freudentag", sagt seine Ehefrau. Seit diesem Sonntag ist sie täglich da gewesen. "Das ist natürlich schön", meint Peter Wissmann und hofft, dass die Menschen auch bei sinkenden Ansteckungszahlen und zunehmenden Impfungen doch auch vernünftig bleiben: "Damit das Ganze nicht wieder von vorne losgeht."
Schon Anrufe und Nachfragen
Das hofft auch Pressesprecherin Petra Hollederer. Sie weiß, wie schwer es für viele Kranke und Angehörige war, dass sie sich im Krankenhaus nicht sehen konnten. "Die meisten hatten die Öffnung ganz sehnsüchtig erwartet, wir bekamen auch in den vergangenen Tagen, als die Inzidenzen mehr und mehr nach unten gegangen sind, immer wieder Nachfragen und Anrufe, wann es endlich Besuche gibt", erzählt sie.
Der Druck sei also enorm hoch gewesen - auf allen Seiten. "Gerade im geriatrischen Bereich, in denen die Kranken meist länger stationär sind, ist es ohne Besuche wirklich sehr schwierig, für Patienten und Besucher." Auch für Ältere, die bei der Einweisung oft ihre Kinder mitbringen, sei es bitter gewesen: "Da haben die Leute wirklich Not gehabt, das ist verständlich." Auch die Beschäftigten freut
es, wenn Kranke wieder Besuche empfangen können. "Das ist sehr wichtig", sagt Hollederer.
Seit Samstag (5. Juni 2021) nun darf in der Rathsberger Straße jeder Patient täglich von einer festgelegten Person aus dem Angehörigen- und Familienkreis mit einer maximalen Aufenthaltsdauer von 60 Minuten besucht werden. Jeweils gültige Regelungen verkündet das Haus auf seiner Homepage unter www.waldkrankenhaus.de
"Wenn die Zahlen stabil bleiben, wird sich das bestimmt auch noch weiter ändern und öffnen, aber das mit den 60 Minuten ist jetzt erst mal eine gute Lösung und ein guter Anfang", sagt Hollederer.
Einen guten Anfang hat am Donnerstag (10. Juni 2021) auch das Universitätsklinikum Erlangen (UKER) gemacht und das Besuchsverbot gelockert. Hintergrund sind auch hier die derzeit niedrigen Inzidenzen für die Verbreitung des Coronavirus.
Jeder Patient darf von einer benannten Person pro Tag besucht werden, sofern diese in den vergangenen 14 Tagen keine Anzeichen einer Atemwegserkrankung oder eines fieberhaften Infektes, keinen Kontakt zu einer mit Sars-CoV-2 infizierten und/oder an Covid-19 erkrankten Person hatte und sich in keinem Risikogebiet aufgehalten hat, in dem zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus bestand. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de) über die Einstufung als Risikogebiet.
Konkret sieht das folgendermaßen aus, erläutert Kliniksprecher Johannes Eissing: Die Patienten können zwei feste Bezugspersonen als mögliche Besucher benennen. Die Besuchsdauer ist auf eine Stunde pro Patient pro Tag beschränkt. Die Besuchszeiten sind täglich von 10 bis 17 Uhr (letzter Einlass um 16 Uhr).
In einem Patientenzimmer darf (auch bei Mehrbettbelegung) nur ein Besucher empfangen werden. Jeder Besucher muss sich an die gültigen Hygiene- und Schutzbestimmungen halten und sich am Eingang registrieren.
Verschiedene Sonderregelungen
Sonderregelungen gelten in der Kinderklinik, der Geburtshilfe und wie auch im Waldkrankenhaus in der Palliativstation, den Intensiv- und Isolierstationen. Ganz wichtig: Besucher und ambulante Patienten bzw. ihre Begleitpersonen werden gebeten, sich vorab in jedem Fall auf der Homepage des Uni-Klinikums (www.uk-erlangen.de) unter dem Stichwort „Coronavirus“ zu informieren, ergänzt Eissing.
"Bei dieser Gelegenheit auch ein großer Dank für die gute Kooperation an alle Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen, die in den vergangenen Monaten keine Besuchsmöglichkeit hatten und andere Formen der Kommunikation nutzten mussten", sagt Eissing. Das sei für alle Beteiligten eine schwere Zeit gewesen. "Wir sind daher sehr froh, dass aktuell Besuchslockerungen in einem verantwortbaren Rahmen möglich sind."
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