Erlangen: Energiegewinn oder Luftnummer?

18.9.2020, 15:00 Uhr
Erlangen: Energiegewinn oder Luftnummer?

Eine Vorreiterrolle spielen und als erste Stadt Bayerns den Klimanotstand ausrufen, damit ist es längst nicht getan. Die Stadtoberen haben sich auch sonst eine fortschrittliche Umwelt- und Klimapolitik auf die Fahnen geschrieben – und wollen demgemäß handeln. Jetzt wird eine Windkraftanlage von überschaubarer Größe aufs Rathausdach gepflanzt, mit der regenerative Energie erzeugt werden soll. Das sieht durchaus nach einer guten Idee aus. Jedenfalls sehen die einen das Projekt als "innovativen Schritt" nach vorn. Für die anderen ist das Ganze eine eher windige Angelegenheit, die sie in dieser Form rundweg ablehnen. Die Sache sorgte jüngst in der Sitzung des Bauausschusses für einen recht kontroversen Wortwechsel.

63.000 Euro Kosten

In den Rathaus-Etagen wird reichlich Strom verbraucht. Mit einer Fünf-Windwalzen-Anlage möchte man künftig wenigstens einen Teil des Verbrauchs durch diese "regenerative Energiegewinnung" abdecken. Die Anlage wird mit Kosten von 63 000 Euro angesetzt und belastet von daher den Stadtsäckel nicht allzu sehr. Dennoch sind vor allem die Umweltparteien strikt gegen die Anschaffung. Denn es gebe vom Hersteller bislang keinen Nachweis, dass diese Walzen auch tatsächlich funktionieren.

"Wir wissen nicht, was wir kaufen – damit machen wir uns ja lächerlich", kritisierte Birgit Marenbach. Die Grüne Liste-Stadträtin plädierte dafür, dieses Projekt solange zu verschieben, bis schließlich handfeste und belastbare Daten auf dem Tisch liegen. Ihr entsprechender Antrag blieb jedoch erfolglos. Und: Dass jene Walzen quasi zunächst einmal zeigen sollen, was sie können, und die Stadt erst nach einer Erprobungsphase die Anlage vom Hersteller übernimmt, fand reihum zwar viel Beifall, aber letztlich nicht genug. Denn auch dieser zweite Anlauf von Birgit Marenbach wurde abgelehnt.

Vor den Sommerferien präsentiert

Bereits vor den Sommerferien wurden jene Windwalzen präsentiert. Bei sechs solcher Walzen wurde letztlich ein Windstromertrag von 3300 kWh pro Jahr geschätzt. "Damit hätte man eine geringfügige CO2-Einsparung – etwa vergleichbar mit einer Solaranlage auf einer Doppelgarage – erzielen können. Die Menge würde ausreichen, um eine Familie mit regenerativem Strom zu versorgen.

Mittlerweile gibt es von Seiten des Herstellers überhaupt keine Angaben mehr zur Windstromleistung", wird in einer gemeinsamen Stellungnahme aller Umweltparteien moniert.

Wie vom Winde verweht

Dass sich der Hersteller gleichsam wie vom Winde verweht verhält, war für ÖDP-Rätin Barbara Grille Grund genug, erhebliche "Zweifel an dem Unternehmen" anzumelden: "Das ist in meinen Augen nicht seriös." Auch Prof. Martin Hundhausen von der Klimaliste ließ kein gutes Haar an dem Walzen-Projekt. Er habe jedenfalls große Zweifel, ob diese Art der Windenergieerzeugung überhaupt funktioniert. "Die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns ist sehr groß", meinte Hundhausen und warnte eindringlich vor "voreiligen Entscheidungen".

Seine Worte wurden wohl gehört, konnten aber die Meinung der Projekt-Befürworter nicht mehr grundsätzlich aufweichen. "Sind wir mutig und gehen voraus" – CSU-Mann Christian Lehrmann erteilte den Bedenkenträgern eine klare Absage und sprach sich dafür aus, auch einmal eine andere Technologie auszuprobieren.

Stimmen reichten aus

Ganz an seiner Seite auch Alexandra Wunderlich: "Es steht uns gut, hier innovativ voranzugehen", so die CSU-Rätin. Von "Pioniergeist" sprach Philipp Dees, und so war auch er dafür, "dass wir das jetzt machen – trotz Risiko", so der SPD-Stadtrat. Am Ende genügten die vereinten Stimmen von CSU und SPD, um das Windwalzenprojekt mehrheitlich auf den Weg zu bringen.

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