«Erlangen ist sehr gut aufgestellt»

25.8.2007, 00:00 Uhr
«Erlangen ist sehr gut aufgestellt»

© Bernd Böhner

Als Sie 2002 zur Wiederwahl antraten, war eine Ihrer Vorgaben, Erlangen solle die kinder- und familienfreundlichste Großstadt Bayerns werden. Die Menschen sollten ihre Zukunft gerne mit dieser Stadt verbinden. Haben Sie Ihr Ziel erreicht?

Balleis: Ganz subjektiv, ja. Ich sehe allenfalls noch Würzburg oder Regensburg vorne. Wenn ich aber alle unsere Daten betrachte, dann behaupte ich: Das Ziel ist erreicht.

Was musste dafür in den vergangenen fünf Jahren getan werden? Wo sahen Sie spezielle Erlanger Probleme?

Balleis: Wir haben weniger ein Problem mit den Einrichtungen, sondern ein ganz essentielles Informationsproblem. Es gibt so zahlreiche und auch unterschiedliche Einrichtungen rund um Kind und Familie, die aber oft zu wenig bekannt sind. Deshalb bin ich dankbar dafür, dass wir im Juli 2005 auch in Erlangen ein «Bündnis für Familie» gründen konnten, das mit seiner ehrenamtlichen Struktur die Interessen von Familien bündelt, das berät und unterstützt. Es hat bereits zahlreiche wichtige Projekte umgesetzt oder angestoßen, wie etwa die ganzjährige Ferienbetreuung oder den großen «Familienatlas», der derzeit ins Internet gestellt wird und ab Herbst abrufbar ist. Wie Sie sehen, haben wir für unseren Weg zu einem besonders kinder- und familienfreundlichen Klima in der Stadt auch keinen großen Masterplan angefertigt, sondern darauf gesetzt, dass die Anregungen von den Betroffenen selbst kommen. Und das ist bisher ein sehr pragmatischer Prozess gewesen.

Es war Ihnen aber auch daran gelegen, Familienfreundlichkeit intern umzusetzen und sämtliche Ämter einzubinden.

Balleis: Es war mir zum einen wichtig, allen Ämtern deutlich zu machen, dass Familienfreundlichkeit eine Querschnittsaufgabe ist und ihr Handeln Familien in vielen Punkten berührt. Zum anderen haben wir im Rathaus eine eigene Stabsstelle kinder- und familienfreundliches Erlangen eingerichtet, der die Geschäftsführung des Bündnisses für Familie obliegt, die das Thema aber auch nach innen, innerhalb der Verwaltung, vertritt. Diese Aufgabe erfüllen Jolana Hill und ihr Team hervorragend. Zum dritten war es mir als Vorgesetztem sehr wichtig, die eigene Verwaltung vorbildlich zu gestalten und sie so fortschrittlich wie möglich mit Teilzeit und Telearbeitsplätzen zu versorgen. Wir haben heute 100 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle in der Stadtverwaltung. Wenn also nicht wir Beispiel gebend vorangehen, wer dann?

Für die Lebensbedingungen von Eltern sind tatsächlich erst einmal die Arbeitgeber zuständig, für die soziale Infrastruktur vor Ort aber die Kommunen. Wie bewerten Sie den Ausbaustand, den Erlangen in punkto Kinderbetreuung erreicht hat?

Balleis: Erlangen ist hier sehr gut aufgestellt. Das ist ja bekannt, und da sind wir auch stolz darauf. Schon vor Jahren haben wir bei den Kindergärten die Vollversorgung erreicht. In etlichen älteren Stadtteilen liegt unsere Versorgungsquote sogar um die 110 Prozent. Was die Hortplätze angeht: Auch da sind wir auf einem guten Weg. Und was die Krippenplätze angeht: Da sind wir doppelt so gut wie der Durchschnittswert der bayerischen Kommunen. Hier haben wir eine Versorgungsquote von 19 Prozent, die wir, das ist längst beschlossen, bis 2010 auf 25 Prozent ausbauen werden. 2020 wollen wir bei 35 Prozent liegen, wobei ich aber grundsätzlich die Finanzhilfe des Bundes einfordere. Auch beim Krippenausbau gilt für mich das Konnexitätsprinzip.

Wenn eine Kommune ein hochwertiger Standort für Familien werden will, muss sie Wohn- und Lebensraum bieten, der den Bedürfnissen von Erwachsenen wie Kindern entgegen kommt. Ist das in Erlangen der Fall?

Balleis: Es gab ab 1996 die klare Strategie, Bauland auszuweisen, wobei ich mir hier niedrigere Preise wünschen würde. Etwa ab 1998 kam es zu einer verstärkten Ausweisung, um so Druck auf die Bodenpreise auszuüben. Auf diese Weise wollten wir Familien in Büchenbach und im Röthelheimpark an uns binden. Das ist uns auch gelungen, unsere Strategie hat gegriffen. Wir haben zwar etliche Millionen Mark weniger eingenommen als möglich gewesen wären, aber so haben viele davon profitiert, die sich in den beiden Stadtteilen ein Haus bauen wollten. Unsere Strategie ist somit aufgegangen: Inzwischen zählt Erlangen knapp 104 000 Einwohner. Das Ziel ist es jetzt, weiter Bauland auszuweisen, um verstärkt Wohnen und Arbeiten verbinden zu können. Dabei wollen wir aber auch Wohnbaulücken nutzen, die sich in Erlangen auf immerhin 66 Hektar summieren.

Im Wettbewerb um qualifizierte Kräfte werden in den Unternehmen familienfreundliche Arbeitsbedingungen immer wichtiger. Die Unternehmen sehen sich aber auch zunehmend genauer an, wie familienfreundlich die Kommunen rings um ihre Standorte agieren. Sind diese Entwicklungen in Erlangen schon zu spüren?

Balleis: Diese Entwicklungen finden eindeutig auch in Erlangen statt, und wir haben ja bereits eine ganze Reihe von Unternehmen und Einrichtungen hier, die ihren Mitarbeitern familienfreundliche Arbeitsbedingungen anbieten. Um nur einige Beispiele zu nennen: Siemens, Areva oder das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen. Da kommen immer mehr Firmen hinzu. Dies hat das Bündnis für Familie bereits im vergangenen Jahr aufgegriffen und zu seinem Wettbewerb «Trendunternehmen» eingeladen, um solche Vorbilder zu transportieren.

Nach sechs Jahren Konzentration auf die Familienfreundlichkeit wollen Sie ab 2008 mit dem Thema Bildung einen neuen Schwerpunkt setzen. Was wird damit aus der kinder- und familienfreundlichsten Großstadt Bayerns? Was wird aus der Unterstützung für das Bündnis für Familie?

Balleis: Die Antwort ist eindeutig: Selbstverständlich wird die Kinder- und Familienfreundlichkeit weiterhin höchste Priorität für Erlangens Kommunalpolitik besitzen, zumal sie mit der Bildung eng verwoben ist. Beide Themen schließen sich ja nicht aus, sondern bedingen einander aufgrund der wichtigen Bildungs- und Erziehungsleistungen, die Eltern erbringen. In gleichem Umfang wie bisher werden wir damit auch die Unterstützung des Bündnisses für Familie beibehalten. Interview: G.GUTHMANN

(Mit diesem Interview beendet die Redaktion ihre achtmonatige Serie zum Thema Familie.)

Verwandte Themen