Landkreis-Film für Erlangen-Höchstadt

Erlanger Filmemacher Jacco Kliesch: "Ich habe meinen Beruf zum Hobby gemacht"

3.8.2021, 12:07 Uhr
Erlanger Filmemacher Jacco Kliesch:

© Jacco Kliesch

"Karpfen, Kräuter, Kren und Kirschen und ganz viele Unternehmen": Diesen Titel hat Filmemacher Jacco Kliesch seinem Imagefilm für den Landkreis Erlangen-Höchstadt gegeben und damit schon einige markante Kennzeichen des Großraums zusammengefasst. Das Portrait des Landkreises wurde kürzlich veröffentlicht und beeindruckt mit ausdrucksstarken Aufnahmen der Vielfalt, die die Gegend ausmacht: Tradition trifft auf Moderne und Innovation, Familienbetriebe und das Ehrenamt haben genauso Platz wie Aufnahmen aus den Gebäuden des Global Players Adidas.

Die Kombination der Bilder - wie zum Beispiel des Aischgrundes im Nebel oder Höchstadts im Morgenlicht - machen in der Kombination mit kraftvoller Musik aus dem Landkreis-Film das, was der international renommierte Filmemacher Jacco Kliesch erreichen wollte: "Ein audiovisuelles Gedicht über den Landkreis Erlangen-Höchstadt." Der Film ist über die Homepage des Landkreises unter https://www.erlangen-hoechstadt.de/ oder über die Video-Plattform Youtube unter https://www.youtube.com/watch?v=PXD5DYVQN8w abrufbar.

Erlanger Filmemacher Jacco Kliesch:

© Jacco Kliesch

Herr Kliesch, Sie sind gerade im Urlaub auf den Azoren: Heißt Urlaub für Sie wirklich Urlaub oder ist die Kamera auch dort Ihr ständiger Begleiter?

Die Kamera ist ständig mit dabei. Abschalten kann ich aber trotzdem. Vieles entsteht auch spontan und gerade, wenn man mit Menschen filmt, die keine Vollprofis vor der Kamera sind, entstehen oft die coolsten Sachen. Und gerade auch beim Wandern, was ich gerade auf den Azoren mache, kommen mir viele Ideen und Fotomotive bietet es sowieso.

Auf Ihrer Homepage beschreiben Sie sich als Audiovisual Artist. Was genau umfasst Ihre Arbeit?

Ich bin zum einen als audiovisueller Künstler tätig, das heißt, ich mache eigene Filme, bei denen ich das Thema frei wähle und das tue, worauf ich Lust habe - und am besten kann. Zum anderen verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt, indem ich in der Werbung tätig bin und Imagefilme und Werbeclips für Unternehmen drehe - vom kleinen Familienbetrieb bis zum Weltkonzern. Und bei meinen Filmprojekten übernehme ich viele Aufgaben selbst: Vom Filmkonzept bis hin zu Kamera, Regie und Schnitt.

Seit wann drehen Sie bereits beruflich Filme?

Beruflich mache ich seit elf Jahren Filme. Lange Zeit war das aber "nur" ein Job, der mir zwar Spaß gemacht hat - aber so richtig leidenschaftlich mache ich das erst seit etwa vier Jahren.

Das heißt, bei Ihnen war es andersherum: Sie haben Ihren Beruf zum Hobby gemacht?

Genau. Ich war eine Weile etwas inspirationsleer und habe hauptsächlich Aufträge bearbeitet. Irgendwann habe ich angefangen, wirklich das zu machen, was mir Spaß macht: Ich habe meine Kamera mit auf Reisen genommen und einige Travel-Videos gemacht, die sind im Netz sehr gut angekommen - das hat mich motiviert, weiterzumachen. Und dann entstand die Idee, so etwas auch einmal zu Hause zu machen und ich habe den Kurzfilm "Franconia" gedreht. Die Idee dahinter war, die eigene Heimat noch einmal neu zu entdecken, quasi ein Travel-Video durch die eigene Heimat. Mittlerweile kommen Kunden zu mir und wollen Imagefilme in einem ähnlichen Stil haben. Im Nachhinein war es also eine der besten Ideen meines Lebens, einfach eine Weile einmal das zu tun, was ich liebe. So kann ich heute auch meine neuen Aufträge wieder voller Inspiration anfangen.

Erlanger Filmemacher Jacco Kliesch:

© Jacco Kliesch

Mittlerweile haben Sie sich auch selbstständig gemacht, richtig?

Genau, durch den "Franconia"-Film habe ich einige Anfragen bekommen und mich als freiberuflicher Filmemacher selbstständig gemacht. Ich hatte die technischen Kenntnisse durch mein Studium der Medientechnik mit Schwerpunkt Mediendesign und durch meinen Job und habe das dann einfach mit dem kombiniert, was mir Spaß macht. Und ich glaube, die Liebe und den Aufwand, den ich in die Produktionen stecke, weil es mir eben Spaß macht, merkt man in meinen Filmen auch.

Sie haben gerade davon gesprochen, dass Sie eine Weile lang "inspirationsleer" waren. Kreativität spielt eine große Rolle in Ihrem Beruf: Wo holen Sie sich heute Inspirationen?

Reisen inspiriert mich auf jeden Fall, weil man dort an neuen Orten viele neue Eindrücke sammelt. Alles, was neu ist, brennt sich ganz anders ins Gehirn ein. Was mich außerdem sehr inspiriert, ist die Musik. Die ist für mich sehr wichtig und meine Filme sind auch fast immer zur Musik geschnitten. Ich bin auch selbst über die Musikproduktion in den Videobereich gekommen und die Kenntnisse, die ich davon habe - hinsichtlich Abmischen, Sounddesign und Arrangieren - fließen ganz viel mit ein. Ich sage immer, die Videos, die ich mache, gleichen vom Aufbau her einem Musikstück.

Das merkt man auch in Ihrem Landkreis-Porträt - dort wirkt die Musik ganz besonders. Wie viel macht die Musik in Filmen aus?

Beim Film sind die eine Hälfte die Bilder, die andere der Ton. Vor allem was die Emotionen angeht, die kommen zu einem großen Teil über die Musik. Da gibt es das Beispiel: "Guck dir einmal einen Horrorfilm ohne Ton an - du wirst dich kaputtlachen".

Welchen Stellenwert geben Ihrer Erfahrung nach Unternehmen im Jahr 2021 Bewegtbildern?

Ich glaube, Film ist für Unternehmen eines der wichtigsten Medien überhaupt. Kein anderes Medium kann derart kompakt Information und vor allem Emotion übermitteln.

Das heißt, Ihr Herz hängt gegenüber der Fotografie am Bewegtbild?

Ja, absolut. Ich mache auch Fotos, aber mein Fokus liegt auf dem Bewegtbild. Es ist viel schwieriger mit einem Foto eine Geschichte zu erzählen, als mit einem Video - und Emotionen lassen sich durch Musik und Sprache viel besser transportieren. Durch diese Kombination von Ton und Bewegtbild hat man wahnsinnig viele kreative Möglichkeiten.

Mit der Anfrage für den Imagefilm über den Landkreis Erlangen-Höchstadt haben Sie ein Porträt über die Umgebung Ihrer alten Heimat gedreht. Wie leicht ist Ihnen das gefallen?

Ich habe mich riesig über die Anfrage gefreut und kannte die Gegend natürlich. Es war aber auch eine kleine Herausforderung: Landkreis Erlangen-Höchstadt klingt erst einmal ein wenig sperrig und viele können damit auch erst einmal nichts identifizieren - im Vergleich zur Fränkischen Schweiz zum Beispiel. Aber umso mehr hat es mich dann gereizt, da einzutauchen, zu schauen, was es hier für Spezialitäten gibt und diese herauszuarbeiten. Und auch die Landschaften - da war ich dann selbst wieder überrascht, wie schön zum Beispiel die Karpfenweiher sein können. Das kommt immer auf die Perspektive an, aus welcher man etwas betrachtet.

Das heißt, Sie haben selbst Ihre Heimat noch einmal neu kennengelernt?

Ja, absolut. Zum einen natürlich Orte - ich bin zum Beispiel selbst nochmal wie ein Tourist durch Herzogenaurach oder Höchstadt gelaufen und habe bewusst auf alles geachtet, ohne vorgefertigte Bilder im Kopf. Und manches kannte ich zuvor auch gar nicht, zum Beispiel die Gardetänzerinnen - ich bin nämlich ein absoluter Faschingsmuffel. Der Vorschlag kam über das Landratsamt und ich wurde zu der Aufführung bei der Prunksitzung der "Röttenbacher Besenbinder" eingeladen. Und ich war wirklich absolut überwältigt, weil sie akrobatisch so wahnsinnig gut sind und das wirklich sportliche Höchstleistungen sind.

Haben Sie einen persönlichen Lieblingsort im Landkreis, der im Film vorkommt?

Auf jeden Fall der Aischgrund, da fand ich es schon immer unglaublich schön. Und zu meinen Favoriten gehören die Anfangsaufnahme mit Blick auf Höchstadt und die Bilder von Kalchreuth.

Welche Motive mussten unbedingt im Film enthalten sein? Haben das Landratsamt und Sie das gemeinsam entschieden?

Es gab zuvor ein Briefing und die Kernbotschaft des Films sollte in etwa lauten: Der Landkreis Erlangen-Höchstadt ist eine schöne, lebenswerte und wirtschaftsstarke Gegend. Außerdem sollten natürlich die regionalen Besonderheiten wie Karpfen, Kren, Kräuter und Kirschen mit rein. Und auch die verschiedenen Ortschaften wie zum Beispiel Herzogenaurach, Höchstadt und Kalchreuth sollten natürlich zu sehen sein. Gemeinsam haben wir dann überlegt, welche Motive und Besonderheiten es gibt und das Ganze dann nach und nach abgedreht - es war ja wirklich viel Zeit.

Weil Corona die Dreharbeiten verzögert hat? Wie lange hat der Dreh denn insgesamt gedauert?

Aufgrund der Pandemie lag das Projekt eine ganze Weile auf Eis. Die Anfrage vom Landratsamt erreichte mich 2019, fertig wurde der Film dann 2021. Als in 2020 alle Drehs mit Menschen warten mussten, habe ich die zusätzlich gewonnene Zeit genutzt, um viel rauszufahren und schöne Landschafts- und Architekturaufnahmen zu sammeln. Ich bin oft früh aufgestanden um Aufnahmen im besten Morgenlicht zu machen. Die Nebelschwadenbilder vom Aischgrund und von Höchstadt sind zum Beispiel an einem schönen Morgen während des Lockdowns entstanden. Und durch die viele Zeit konnten auch alle vier Jahreszeiten vorkommen: Kalchreuth sieht man zum Beispiel zur Kirschblüte im Frühjahr und auch verschneit im Winter.

Im Film kommen auch einige Unternehmen aus der Region vor. Wie hat da die Zusammenarbeit geklappt?

Wir waren unter anderem bei Schwan Stabilo zu Besuch, Adidas hat einige Aufnahmen zur Verfügung gestellt und auch der Dreh bei Schamel Meerrettich in Baiersdorf war spannend. Alle Beteiligten waren super hilfsbereit, die Feuerwehr Spardorf zum Beispiel hat wahnsinnig viel möglich gemacht. Damit wollten wir auch das Thema Ehrenamt ein bisschen promoten.

Was macht Ihren Beruf für Sie so besonders?

Zum Einen ist es eine super Mischung aus Büroarbeit und gleichzeitig viel draußen sein. Und für mich macht vor allem das Unterwegssein den Job sehr besonders. Man lernt extrem viele neue Leute durch Drehs kennen, kann neue Kontakte knüpfen und kommt mit Bereichen in Kontakt, mit denen man sonst nichts zu tun hat. Ein Beispiel sind da auch die Leichtathletik-Aufnahmen mit dem Hürdenläufer Creve Machava für den Imagefilm.

Was machen Sie, wenn Sie gerade keinen Imagefilm drehen? Und welche Projekte stehen als Nächstes an?

Häufig arbeite ich an freien, künstlerischen Projekten, wie zum Beispiel meinem Kurzfilm "Anomaly", den ich in Island gedreht habe. Ich reise außerdem gerne und mache Travel-Videos - da habe ich auch noch einige von ganz weit weg in der Pipeline, da verrate ich aber noch nicht wo genau. Oder ich arbeite an Projekten für Unternehmen, wie zum Beispiel dem ebl-Imagefilm oder dem Film für das Restaurant Sosein.

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