Erlanger Polizei-Streifen fühlen sich im Stich gelassen

13.1.2018, 05:53 Uhr
Erlanger Polizei-Streifen fühlen sich im Stich gelassen

© Klaus-Dieter Schreiter

"Ich habe Angst bei bestimmten Einsätzen", sagt Wening, "weil es keine Verstärkung gibt". Im Polizeieinsatz gebe es immer Situationen, bei denen es notwendig sei, mit zwei Streifenwagen zu einem Einsatz zu fahren. "Etwa, wenn wir zu psychisch Gestörten oder zu einem abgelehnten Asylbewerber fahren müssen". In diesen Situationen wisse niemand, wie sich die Lage vor Ort entwickeln könne. "Wenn Menschen in die Enge getrieben werden, ist alles möglich."

"Die Streifen werden sträflich vernachlässigt", sagt Wening, "weil es keine Verstärkung gibt. Wenn, dann müsste sie umständlich angefordert werden". Die Polizisten vor Ort müssten auch viel Schichtdienst machen und hätten "keine Ruhephasen mehr". "Der Schichtdienst wird allgemein vernachlässigt, weil er im Innenministerium in München keine Lobby hat", erklärt Wening, der sich seit Jahrzehnten politisch bei den Grünen engagiert.

Zum Teil selbst Schuld

Leider sei die Polizei auch zum Teil "selbst schuld an dieser unerträglichen Situation", sagt Wening. In der polizeilichen Führungsebene gelte es als "unangemessen", von der Regierung mehr Personal oder Ausstattung zu fordern.

Wie im EN-Hauptteil berichtet, hatte Innenminister Joachim Herrmann, der wie Helmut Wening in Erlangen lebt, erklärt "Sicherheit durch Stärke" in Bayern schaffen zu wollen. Bis 2020 sollen 500 zusätzliche Stellen bei der Polizei geschaffen werden. Allein in der ersten Jahreshälfte würden 575 frisch ausgebildete Beamtinnen und Beamte die Polizei verstärken. Das seien 58 mehr als in den Ruhestand gehen.

Für Helmut Wening ist diese Aussage "reines Placebo", also ein Mittel ohne Wirkung. Denn: "Alles, was nun an mehr kommt, wird von den Pensionierungen der geburtenstarken Jahrgänge sofort kompensiert". Was wiederum bedeute, dass die "Kolleginnen und Kollegen der Dienstgruppen in jungen Jahren kaum Rücksicht auf ihre physische und psychische Gesundheit nehmen und sich abrackern", so Wening. "Wir hetzen von Einsatz zu Einsatz."

Arbeitspensum deutlich gestiegen

In der Vergangenheit habe sich gezeigt, so Wening, dass "der Arbeitsanfall sowie zusätzliche Aufgaben im Polizeidienst massiv gestiegen sind". Dazu gehören die Verfolgung von Straftaten im Internet, Gefahren durch Terrorismus, zunehmend psychische Erkrankungen, Flüchtlinge, Prävention von Straftaten — und Statistiken führen.

Den Polizisten vor Ort mache aber auch "eine ausufernde Bürokratie oder aufgeblähte Anzeigen für die Staatsanwaltschaft, die dann doch nur eingestellt werden, zu schaffen", sagt Wening. Und das alles soll eine um ein Drittel reduzierte Polizeidienststelle schaffen? Wening ist sich sicher, dass die Reduzierung des Personals nicht nur die Dienststelle in Uttenreuth betrifft, sondern bayernweit gelte.

Auch wenn Innenminister Herrmann für "Ausrüstung und innovative Technik" 30 Millionen Euro bereitstellen will, müsste nach Ansicht von Helmut Wening , erst einmal in die Grundausstattung vor Ort investiert werden. "Erst seit 2017 können alle ermittelnden Beamten der Schutzpolizei von ihrem Arbeitsplatz aus ins Internet gehen und dort ermitteln", sagt Wening. "Vorher war das nicht möglich, und viele Kolleginnen und Kollegen benutzten und benutzen ihr privates Smartphone als Arbeitsmittel."

8 Kommentare