Helden in Badelatschen: Erlanger Ruderer holen WM-Bronze

30.7.2018, 17:30 Uhr
Helden in Badelatschen: Erlanger Ruderer holen WM-Bronze

© Foto: Ingo Euler

Die Taktik ist aufgegangen. Gerade noch. Der Plan war: Gas geben. "Wir sind aggressiv ins Rennen gegangen", sagt Jonathan Schreiber. "Knallhart" war das Finale, alle sechs Boote hatten die Chance auf eine Medaille, "theoretisch jeder". Auch die Erlanger.

Schreiber rudert gemeinsam mit Julian Schneider von der Frankfurter RG Germania, früher waren beide noch Vereinskollegen in Erlangen. Im Leichtgewichts-Doppelzweier treten sie im Team an, in der olympischen Bootsklasse. Auch bei der U23-Weltmeisterschaft schicken die Nationen hier ihre besten Nachwuchsruderer ins Rennen.

"200 Meter vor dem Ziel waren wir ausgepowert"

Wenn man dann unter den besten Sechs der Welt ist, heißt das schon etwas. Doch diesmal wollten Schreiber und Schneider mehr — nach Rang sechs im Vorjahr. Für Schneider ist es zudem die letzte Saison in der U23. Beide wollten zeigen, dass sie sich verbessert, dass sie sich weiterentwickelt hatten. Also ruderten sie, so schnell sie konnten.

"Auf den ersten 500 Metern lagen wir auf Platz zwei", sagt Schreiber. Nur Spanien war schneller. Im Endspurt aber, auf den letzten 100 Metern, hatten die Erlanger ihre Kräfte verbraucht. "200 Meter vor dem Ziel waren wir komplett ausgepowert und erschöpft." Titelverteidiger Italien zog vorbei, Chile drängte auf Platz vier.

"Wir mussten unsere Medaille verteidigen. Irgendwie haben wir es ins Ziel geschafft." Die jungen Ruderer sind mittlerweile ein eingespieltes Team, kurze Kommandos reichen auf dem Wasser zur Kommunikation aus. "Groß geredet wird dann nicht mehr", sagt Schreiber. "Und ein Endspurt ist auch selbstverständlich." Also gaben beide noch einmal alles. Und holten Bronze.

In 6:17.87 Minuten hatten die Erlanger die 2000 Meter lange Strecke bewältigt. "Es war unser bestes Rennen", sagt Schneider. "Platz drei ist ein super Ergebnis." Der 20-Jährige hatte es zuvor schon zweimal bei einer Weltmeisterschaft versucht, nun endlich hat es mit einer Medaille geklappt. Richtig freuen konnte er sich zunächst nicht darüber, "wir waren ordentlich platt". Bei der Siegerehrung aber kam die Freude.

Nach Rang sechs im Vorjahr haben sich die Erlanger "deutlich gesteigert, rudertechnisch und physisch", meint Schreiber. Die vier Wochen im gemeinsamen Trainingslager vor der Saison haben sich gelohnt, ebenso die lange Vorbereitung. Bronze ist der Lohn für die viele Arbeit. "Begonnen hat das schon letztes Jahr im Herbst."

Trainer Ingo Euler sagte im März noch, "die Medaillen werden im Winter gemacht". Neunmal pro Woche quälte sich Jonathan Schreiber am Ergometer, im Kraftraum, auf dem Main-Donau-Kanal. Zusätzlich ging er auch noch Langlaufen oder Joggen. Die Belohnung gab es jetzt, Ende Juli bei der WM in Poznan/Polen.

"Ein ziemlich guter Start in die Regatta"

Schon der Vorlauf war den Erlangern gelungen, als Sieger ihrer Gruppe sind Schneider und Schreiber mit einer Zeit von 6:33.77 Minuten direkt ins Halbfinale eingezogen. Dabei haben sie auch Spanien hinter sich gelassen, also den späteren Weltmeister. "Es war ein ziemlich guter Start in die Regatta", sagt Schreiber. "Dadurch haben wir uns auch den Hoffnungslauf erspart."

Von Beginn an haben die Deutschen das Boot aus Spanien stark eingeschätzt, "so waren wir zumindest einmal vor ihnen". Wie weit es gehen würde bei dieser WM, war den Erlangern vorab nicht klar gewesen. Ziel war das Finale, "doch es ist ein knappes Feld, schon eine Sekunde kann entscheidend sein", meint Schreiber. Im Endlauf sei sowieso alles möglich.

Im Halbfinale ruderten die Erlanger in 6:41.12 Minuten auf Rang zwei. "Damit waren wir zufrieden. Die ersten Drei kommen weiter, wir haben uns also deutlich fürs A-Finale qualifiziert", sagt Schreiber. "Wir waren unter den schnellsten Booten." Im Endlauf gestern Mittag war das auch so, zumindest auf den ersten 500 Metern. Spanien und Italien waren am Ende zwar besser, doch Rang drei ist dennoch ein Erfolg.

"Nach der Saison fängt wieder alles bei Null an"

Keine zwei Stunden nach der Siegerehrung ist dann schon fast wieder alles vorbei. Die Ruderer sitzen in ihrem Hotelzimmer, sehen sich das Rennen noch einmal in einer Video-Aufzeichnung an, auch ihr Trainer Ingo Euler ist dabei. "Eine WM ist immer etwas Besonderes", sagt Jonathan Schreiber noch, er kann das Video nicht ganz mit ansehen, für das Interview mit den Erlanger Nachrichten nimmt er sich kurz raus aus der direkten Renn-Analyse.

"Auch wenn ich zum dritten Mal bei einer WM war, es ist immer außergewöhnlich. Es ist nicht selbstverständlich." Und das wird es auch nie sein. Die Weltmeisterschaft war für das Duo der absolute Saisonhöhepunkt, kommende Woche geht es noch zur Hochschul-Weltmeisterschaft nach Shanghai. "Darüber kann ich aber noch nicht wirklich etwas sagen", meint Schreiber. "Das ist ein ganz anderer Wettkampf." Sicher aber ist: Er wird wieder mit Julian Schneider antreten. Dann vielleicht zum letzten Mal.

Denn "nach dieser Saison fängt wieder alles bei Null an". Der Deutsche Ruderverband wird wieder Leistungstests durchführen, bei denen sich alle Nachwuchssportler beweisen müssen. Der Kampf um die Plätze im Nationalkader entbrennt dann aufs Neue. Jonathan Schreiber wird ihn auch wieder annehmen. Er wird wieder Gas geben, im Herbst, Winter und Frühling, bis zur nächsten Weltmeisterschaft.

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