Landkreis Erlangen-Höchstadt: Löten schnell gelernt

Scott Johnston

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19.9.2018, 18:00 Uhr
Geflohene, Arbeitgeber und Vertreter der Behörden diskutierten bei einem Treffen im Landratsamt sehr offen über die Erfahrungen mit dem „Refugees Day“. Die Bilanz aller Beteiligten fiel durchweg positiv aus, weshalb der Tag laut Landrat Tritthart auf jeden Fall wiederholt werden soll.

© Scott Johnston Geflohene, Arbeitgeber und Vertreter der Behörden diskutierten bei einem Treffen im Landratsamt sehr offen über die Erfahrungen mit dem „Refugees Day“. Die Bilanz aller Beteiligten fiel durchweg positiv aus, weshalb der Tag laut Landrat Tritthart auf jeden Fall wiederholt werden soll.

Zwölf Betriebe aus dem Landkreis und der Stadt Erlangen beteiligten sich im August an dem "Refugees Day". Hier sollten Geflüchtete und Geschäftsinhaber bei einem Tagespraktikum zusammengebracht werden, um den jungen Menschen eine Perspektive zu geben.

Laut Landrat Alexander Tritthart gehe es vor allem darum, Flüchtlinge, die anerkannt wurden, über eine fundierte Ausbildung in das Berufsleben zu integrieren. Dabei stelle sich die Situation inzwischen ganz anders dar als noch vor einigen Jahren.

War die Zahl der Ausbildungsstellen lange Zeit deutlich niedriger als die der Bewerber, hat sich das Verhältnis mittlerweile umgekehrt. Betroffen vom Fachkräftemangel ist nicht nur das Handwerk, sondern auch die Verwaltung. "Wir konnten erstmals nicht alle Stellen besetzen", berichtete der Landrat.

Wie Thomas Dippold, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesagentur für Arbeit in Fürth, die auch unser Gebiet betreut, hervorhob, profitierten sowohl die jungen Menschen, die aus Kriegsgebieten zu uns gekommen seien, als auch die heimischen Betriebe von einem solchen Schnupperpraktikum: "Beide Seiten lernen sich kennen und können besser einschätzen, ob eine spätere Ausbildung sinnvoll ist."

Wie Norbert Ratzke, der Geschäftsführer des Jobcenters Erlangen-Höchstadt informierte, nimmt der Landkreis mit einer Integrationsquote von 27 Prozent derzeit eine Spitzenstellung in ganz Deutschland ein. Mit diesem Wert wird gemessen, welcher Anteil von Flüchtlingen über eine solide Ausbildung im Arbeitsmarkt unterkommt.

Ratzke stellte heraus, dass anerkannte Geflohene genauso behandelt werden wie Deutsche, und widersprach gängigen Vorurteilen: "Beide Gruppen haben die gleichen Rechte und Pflichten."

Beide Seiten zufrieden

Die Palette der Arbeitgeber für das Tagespraktikum reichte von Kommunen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen über Frisöre und Gasthäuser bis zum produzierenden Gewerbe. Äußerst zufrieden war man hinterher bei der Firma Helmholz aus Großenseebach, die auf Automatisierungstechnik spezialisiert ist.

Der Ein-Tages-Azubi sei sehr interessiert und stets freundlich gewesen, berichtete Hardware-Entwickler Tobias Hirt. Bei einer Arbeit an einem elektronischen Würfel habe der Praktikant viel Talent gezeigt und sei auch mit dem Löten gut zurechtgekommen, obwohl er damit das erste Mal konfrontiert worden sei. Das Ergebnis: Eine Ausbildungsstelle ist für den Betroffenen nun in Aussicht.

Auch Thomas Wagner von der "Meilwald Apotheke" in Erlangen zieht ein positives Fazit: "Man merkt schnell, ob jemand gut mitarbeitet. In unserem Bereich ist es schließlich nicht einfach für jemanden, der aus einem anderen Land kommt, sich zurechtzufinden."

Johanna Auerbeck von der Einrichtungsleitung des "Vitanas Senioren Centrums St. Anna" in Höchstadt appellierte ausdrücklich an Geflüchtete, sich wegen einer Ausbildung zu melden: "Bei der Altenpflege herrscht ein großer Bedarf ."

Was besonders erfreulich ist: Sämtliche Geflohenen, die überwiegend aus Syrien stammen, betonten auf Nachfrage, dass sie in den Betrieben auf keine Vorbehalte stießen. Moki Almuksin: "Es gab keinerlei Fremdenfeindlichkeit. Die Leute waren vielmehr sehr offen und haben mir geholfen."

Er absolvierte sein Tagespraktikum am Erlanger Waldkrankenhaus. Lediglich mit den unterschiedlichen Dialekten hatte er Schwierigkeiten: "Nicht alle reden das Hochdeutsch, das wir in der Schule lernen."

Sara Alissa war am "Refugees Day" in der Küche des Erlanger Hotels und Restaurants "Schwarzer Bär" im Einsatz: "Es hat viel Spaß gemacht. Nur ans Kochen deutscher Gerichte traue ich mich nicht ran."

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