Lockerungen in Erlangen: Menschen strömen in die Biergärten

10.5.2021, 16:45 Uhr
Lockerungen in Erlangen: Menschen strömen in die Biergärten

© Klaus-Dieter Schreiter

Patrick Halbert war glücklich. Der Montag war der erste Urlaubstag für den 41-Jährigen seit Januar. Und, ehrlich gesagt, am Samstag, da hatte er noch keine große Lust auf die freien Tage. "Ich habe zu meiner Frau noch gesagt: Am liebsten wäre es mir, ich spar’ sie mir für den Sommer." Die Hoffnung, dass dann die Corona-Situation eine andere ist, die Halberts vielleicht in die Sonne fliegen können, ist groß. Die Inzidenz am Wohnort der Halberts in Coburg lag gestern noch laut Robert-Koch-Institut bei 255,6.

Am Sonntag dann aber schlug die Laune im Hause Halbert schlagartig um: Im Internet hatte Monika Halbert gelesen, dass in Erlangen Außengastronomie und Biergärten wieder öffnen. "Wir haben beschlossen, dass wir dann eben nach Erlangen fahren", sagt sie. Und so wurde doch noch ein glücklicher Montag aus diesem ersten Urlaubstag, einer mit neuen Klamotten und mit einem Mittagessen in der Sonne in der Brasserie in der Nürnberger Straße.

"Haben uns das anders vorgestellt"

"Natürlich freuen wir uns über die Gäste", sagt Milenko Lukic. "Aber ich bin ehrlich: Nach sechs Monaten haben wir uns als Gastronomen die erste Öffnung anders vorgestellt." Per SMS erhielt Lukic am Samstag die Mitteilung von seinem Geschäftspartner: Ab Montag können wir wieder aufmachen. Erst am Mittwoch hatten sie beide mehrere tausend Euro investiert für den Fall der Fälle, Gewissheit gab es da noch nicht: "Wir mussten pokern, es gab da noch keine Gewissheit: Bleiben wir auf dem Essen sitzen, oder können wir es verkaufen?"

Also gab es immerhin die kleine Speisekarte: "Wir können den Gästen doch nicht sagen: Es gibt nur Kaffee und Wasser - für alles andere wussten wir zu spät Bescheid." So konnten sich auch Patrick und Monika Halbert im Schatten eines Sonnenschirms einen knackigen Salat gönnen und eine Heidelbeer-Panacotta-Torte.

"Habe nicht gut geschlafen"

"Ich bin ehrlich: Ich habe nicht gut geschlafen", sagt Milenko Lukic, "was wir gerade erleben, das ist ein Ritt auf der Rasierklinge." Die vielen Gäste beruhigen da nur kurz. "Wer weiß denn, wie es morgen ist? Und wie übermorgen?" Lieber wäre es dem Chef der Brasserie gewesen, noch abzuwarten und auf mehr Stabilität zu hoffen: noch mehr Geimpfte, eine noch niedrigere Inzidenz. Nun können die Öffnungen unter Umständen zum Jojo-Effekt werden, wenn fünf Tage folgen mit einer Inzidenz über 100 - und alle wieder schließen müssen.

"Wir brauchen außerdem klare Regelungen. Um die Vorgaben alle erfüllen zu können, muss man ein halber Jurist sein." Auch die Gäste, sagt er, sind sich nicht sicher, "man muss viel aufklären. Es blickt keiner mehr durch."

Auch bei Christoph Gewalt, ein paar Kilometer die Straße runter, klingelte gestern im "Steinbach Bräu" rund um die Uhr das Telefon: Was braucht man, um in den Biergarten zu dürfen? Kann man reservieren? "Wir hätten ein Vielfaches unseres Platzangebots losbekommen", sagt Gewalt. Auch er erhielt Anrufe vom potentiellen Kunden aus Landkreisen mit einer höheren Inzidenz.

"Das wäre ein Desaster"

Für mehr als Bratwürste und Steaks ging es mit der Öffnung letztlich zu schnell: "Ich bin seit langem mal wieder richtig aufgeregt", sagt der Chef, "jetzt hoffen wir, dass die Zahlen nicht gleich wieder hochgehen. Das wäre ein Desaster."

Auch beim Entlas-Keller konnten die Gäste am Montag frisch gezapftes Bier genießen.

Auch beim Entlas-Keller konnten die Gäste am Montag frisch gezapftes Bier genießen. © Klaus-Dieter Schreiter

Im Steinbach müssen die Kunden durch eine Art Schleuse in den Hof, zwei Mitarbeiter nehmen die Personalien auf, kontrollieren die Tests. "Das Bier immerhin, das wird uns nicht ausgehen. Davon haben wir genug", sagt Christoph Gewalt.

Das sagt auch Vincenz Schiller oben, auf dem Entlas Keller. Erstmals schenkte er gestern das Selbstgebraute in diesem Jahr in Krüge. Schon um 10 Uhr, eine Stunde vor Öffnung, herrschte reges Treiben: In der Küche dampften die Klöße - 300 waren es, die über die Ladentheke gingen. Vor der Schänke hielt der Metzger Güthlein, um Grillgut und Landjäger zu liefern. Knapp drei Stunden später war der Kellerbiergarten gefüllt. "So in etwa haben wir das erwartet", sagt Schiller und blinzelt in die Sonne, die durchs Blätterdach scheint.

Corona hat aber auch dem Entlas Keller die Aushilfen weggespült, von den 30 Bediensteten ist nur die Hälfte verfügbar. Nur wenige Studenten sind in der Stadt, die bewährten Kräfte arbeiten nach sechs Monaten Stillstand in Schnelltestcentern oder anderswo. "Aber was sollen wir jammern?", fragt Schiller, "jetzt freuen wir uns mit den Gästen, dass wir wieder draußen sitzen und das schöne Wetter genießen können."

Die Familie Halbert war da schon wieder auf der Autobahn Richtung Coburg. Schade sei es, dass man zu Hause nicht in die Biergärten könne, meinte Patrick Halbert, bevor es nach Hause ging. Aber halb so schlimm: Dann kommen sie eben morgen nochmal nach Erlangen.

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