Lyrik und Prosaskizzen

8.11.2008, 00:00 Uhr
Lyrik und Prosaskizzen

© Bernd Böhner

«Die Autorin verbindet Wirklichkeit und Fiktion zu einer Sprachwelt, die so eigen ist, dass man ihren unverwechselbaren dichterischen Rang erkennt.» Dieses Zitat des ehemaligen Erlanger Kulturreferenten Wolf Peter Schnetz ziert die Einladungskarte zum Festakt zur Verleihung des Kulturpreises der Stadt Erlangen. Am Sonntag wird diese alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung im Wassersaal der Orangerie an Inge Obermayer verliehen. Die Stadt Erlangen würdigt damit die «besonderen Verdienste von Inge Obermayer um die Literaturvermittlung und ihr umfangreiches schriftstellerisches Wirken.»

Geboren wurde Obermayer am 10. November 1928 in Berlin. Das Buch «Sara», das sie am Sonntag in der «Garage» vorstellt, erzählt davon. 1943 zog die Familie nach einem Bombenangriff, bei dem sie verschüttet worden war, von Berlin nach Bad Kissingen. Dort machte Inge Obermayer ihr Abitur und begann ein journalistisches Volontariat bei einem US-Pressedienst. 1950 ging sie nach München und heiratete Klaus Obermayer. In München arbeitete und übersetzte sie als «secretary interpreter» in der Geschäftsführung der internationalen Flüchtlingsorganisation IRO (International Refugee Organisation).

1961 zog die junge Familie mit Sohn und Tochter nach Erlangen. Hier hatte Klaus Obermayer den Lehrstuhl für Verwaltungs-, Öffentliches und Kirchenrecht übernommen. Inge Obermayer fasste in der Hugenottenstadt schnell als Journalistin und Autorin Fuß. Ihre Veröffentlichungen umfassen unter anderen Schulspiele, Jugendromane, Lyrikbände und Drehbücher für das Fernsehen. Spätere Veröffentlichungen nahmen die bildreiche Lyrik wieder auf und mischten sie mit Prosaskizzen. Die neueren Bände sind im Spätlese Verlag in Nürnberg erschienen: «Der Stein in meiner Hand» (1994) und «Manhattan Stakkato» (2000), ein poetisches Stenogramm von New York als atemberaubendes Zeitstück.

Stellvertretende Vorsitzende

Inge Obermayer machte sich um die Literaturvermittlung in Erlangen besonders verdient. Von 1985 bis 1999 war sie Vorsitzende der Neuen Gesellschaft für Literatur (NGL) Erlangen sowie stellvertretende Vorsitzende der Regionalgruppe Erlangen des Verbands deutscher Schriftsteller (VS). Seit 1999 ist sie Ehrenvorsitzende der NGL Erlangen. «Bildung, Bescheidenheit und Gastfreundschaft sind Eigenschaften, die ihre Persönlichkeit prägen.» So beschreibt Wolf Peter Schnetz, der am Sonntag die Laudatio auf Obermayer hält, die Kulturpreisträgerin und erinnert an die vielen Autoren aus der Region oder aus Erlangens östlichen Partnerstädten, die in Obermayers Holzhaus in Spardorf gelesen haben. Schnetz: «Wer einen gesellschaftlichen Mittelpunkt für Literatur in Erlangen sucht, kann ihn bei Inge Obermayer finden.»

Inge Obermayer hat insbesondere in den 70er und 80er Jahren als Autorin wesentlich zum Gelingen der Städtepartnerschaft zwischen Wladimir und Erlangen beigetragen und diese Verbindung in ihrer weiteren Entwicklung gefördert. Viele ihrer Gedichte wurden in Wladimir in russischer Übersetzung publiziert und fanden ihren Weg sogar bis in die überregionale «Literaturnaja Gaseta».

Anlässlich ihres 80. Geburtstags erscheint im Spätlese Verlag Nürnberg das Buch «Ein Haus aus Sternsteinen bauen» als Sonder-Edition der NGL mit diversen Texten, unter anderen von Christoph Meckel, Habib Bektas, Nevfel Cumart, Harald Grill, Fitzgerald Kusz und Peter Horst Neumann. en