Marathon trotz Herzinfarkt: Dieser Franke ist nicht aufzuhalten

26.11.2019, 14:00 Uhr
Glücklich auf der Laufstrecke: Beim Fränkische-Schweiz-Marathon ist Rudolf Höhn angetreten, um dabei zu sein. Seine Bestzeiten von früher spielen keine Rolle mehr.

© Rudolf Höhn Glücklich auf der Laufstrecke: Beim Fränkische-Schweiz-Marathon ist Rudolf Höhn angetreten, um dabei zu sein. Seine Bestzeiten von früher spielen keine Rolle mehr.

Geht es um seine Gesundheit, hört sich Rudolf Höhn fast an wie ein Arzt. Langsam und deutlich erklärt er, was in seinem Körper schief lief. Und weil das nicht immer leicht ist, packt er die wissenschaftlichen Fakten und Trainingsmethoden in bunte Bilder. Ein Marathon wird da schnell zur Autofahrt nach Hamburg.

"Wenn ich zu viel mache, breche ich ein"

"Mit einem vollen Tank hat man zwei Möglichkeiten: Vollgas geben, dann ist der Tank schnell leer, oder mit 80, 90 Kilometer pro Stunde zu fahren. Dann kommt man in Hamburg an." Ähnlich sei es beim Körper. "Energie ist nur begrenzt zur Verfügung. Wenn ich zu viel mache, breche ich ein", sagt Höhn. "Diese Strategie verfolgt mich schon mein ganzes Leben: Ich muss am Ende ankommen." Das galt selbst im Juni, als der Forther schwer erkrankte.

Eigentlich hatte sich Höhn auf einen Langdistanz-Triathlon vorbereitet. In Frankfurt wollte er 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42 Kilometer laufen. Am Wochenende vor Pfingsten kam es anders. "Ich hatte einen Herzinfarkt", sagt Höhn. Zuerst hakt er das schnell ab, als wären es wirklich nur Diagnose, Reha und Aufbautraining gewesen. Doch natürlich ist selbst ein Extremsportler ein Mensch, der eine schwere Erkrankung nicht einfach so wegsteckt.

"Ich hatte ein Brennen in den Armen, abends am Sofa, wie wenn jemand warmes Wasser durch die Adern pumpt." Dazu kam die Atemnot. "Man meint, jemand drückt einem die Brust zusammen", sagt Höhn. "Man bekommt dann nicht genug Luft in die Lunge." Höhn erlebte Tage der Ungewissheit, als er danach auf eine Diagnose wartete. Sonntagabend beim Notdienst hieß es, er hätte Sonnenbrand und Muskelkater. Montagmorgen beim Hausarzt gab es auch keine Antworten auf die Atembeschwerden.


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Erst der Lungenarzt am Mittwoch erkannte, dass es etwas am Herzen ist. Für Höhn war das ein Schock. "Man steht erst einmal da und das Leben läuft an einem vorbei", sagt er. "Man ist total überrascht. Stellen Sie sich vor, Sie gehen als Frau zum Zahnarzt. Und der sagt Ihnen, dass Sie schwanger sind." Mit dem Herzen hatte Höhn zuvor nie Probleme. "Ich bin gut durchtrainiert, habe einen Ruhepuls von 40 bis 50 Schlägen. Ich war eigentlich prädestiniert, nie einen Herzinfarkt zu bekommen."

Zweifel kamen auf, wie man weiter arbeiten und Sport treiben kann. "Bedenkenträger", meint Höhn, gebe es dann überall. Manche Freunde und Bekannte hätten schon nach den Lungenentzündungen vor ein paar Jahren vom Sport abgeraten. Seine Familie aber habe immer an ihn geglaubt. Bis Pfingstsamstag blieb Höhn in der Erlanger Uniklinik, alles lief gut. "Der ganze Organismus hatte es gut verkraftet."

"Ich zwar nicht der Jüngste, aber so ziemlich der Fitteste"

Und auch wenn Höhn noch nicht ganz fit war, durfte er gleich arbeiten, der Forther ist im Außendienst tätig, oder im Haushalt helfen. Zwei Wochen später ging es auf Reha. "Dort war ich zwar nicht der Jüngste, aber so ziemlich der Fitteste." Dennoch musste sich sein Herz erst an die neue Situation gewöhnen. "Drei Monate nach einem Herzinfarkt ist das Rückfallrisiko sehr hoch. Deswegen lief das Training äußerst moderat." Normal strampelt Höhn auf einem Ergometer zwischen 200 und 250 Watt. "Auf der Reha haben wir mit 40 Watt angefangen."

Doch es ging schnell voran, die Ärzte gaben ihr Okay für Ausdauersport-Wettbewerbe. "Ich hatte vorher sehr viel gemacht. Daher musste ich überlegen: Soll ich abtrainieren oder weiter trainieren?" Rudolf Höhn entschied sich fürs Weitermachen, "allerdings gemäßigter". Auch den Fränkische-Schweiz-Marathon, sein erster Wettbewerb nach dem Herzinfarkt, hat er nach strengen Auflagen seines Arztes gemacht. "Der Puls durfte nicht höher als 145 sein. Das war sicher für mich." So brauchte Höhn 4:15 Stunden, knapp eine Stunde länger als zu Bestzeiten.

"Man braucht Ziele, ohne versauert man"

Doch für den Senior ist das kein Problem. "Ich weiß, wie Training geht, bin ausgebildeter Trainer. Ich weiß, wie der Körper funktioniert. Beim Wettkampf gilt: lieber zu langsam als zu schnell." Wichtig sei, "die ganze Zeit in sich hineinzuhorchen", meint Höhn. "Ich sage: Ich will ankommen — Und nicht: Ich muss." Auch den 20. Fränkische-Schweiz-Marathon ging er nicht zu verbissen an. "Es war allerdings der Haken, an dem ich mich aus einem Sumpf zog. Man braucht Ziele, ohne versauert man."

Das ganze Jahr ist der gebürtige Unterfranke sehr aktiv, nicht nur beim Triathlon. Höhn leitet auch die Ski-Schule des Post SV Nürnberg und gibt dort Indoor-Rad-Training. Der Sport, meint er, tut ihm gut. Doch das ist nicht nur so dahin gesagt. Rudolf Höhn hält der Sport gesund. "Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr Allergiker." Heuschnupfen machte ihm schwer zu schaffen.

"Durch Verzicht auf Fleisch und Alkohol sowie viel Bewegung habe ich die Allergie in den Griff bekommen. Dadurch hat sich meine Lebensqualität gesteigert. Zuvor musste ich Medikamente nehmen." 1996 begann Höhn mit Ausdauertraining, vier Jahre später war er beim Fränkische-Schweiz-Marathon dabei. "Früher sind meine Kinder mit dem Rad neben mir gefahren. Oder sie waren beim Schwimmen dabei. Jetzt sind sie erwachsen."

Am Samstag feiert Höhn seinen 61. Geburtstag. Ans Aufhören denkt er nicht, jetzt erst recht nicht. Für 2020 stehen neben dem Fränkische-Schweiz-Marathon schon ein paar Wettkämpfe im Terminkalender. "Für den Rothsee bin ich schon gemeldet, in Erlangen möchte ich wieder die Mitteldistanz angehen." Beim Erlanger Triathlon war Höhn seit 1996 ebenfalls ein Stammgast. Egal was kommt, er ist wieder dabei.

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