Neue Teststrecke: Modellversuch für Erlangens Radfahrer

8.10.2019, 11:00 Uhr
Neue Teststrecke: Modellversuch für Erlangens Radfahrer

© Harald Sippel

Die Stadt Erlangen ist und bleibt fahrradfreundlich, wie der Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) aus dem Jahr 2018 zeigt. Demzufolge konnte sich die Hugenottenstadt mit einer Note von 3,39 um einen Rang vorarbeiten auf Platz zwei und ist damit bayernweites Aushängeschild in Sachen Fahrradfreundlichkeit.

Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt – so wie im gesamten Freistaat. Insgesamt sei Bayern in den letzten Jahren unfreundlicher für Radfahrer geworden, lautet die Kritik des ADFC. Mit einem "Radverkehrsprogramm 2025" will die Bayerische Staatsregierung gegensteuern: Innerhalb der nächsten sechs Jahre will sie den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen im Freistaat nahezu verdoppeln – von derzeit 10,5 auf 20 Prozent.


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Eine der Maßnahmen, die den Radverkehr in Erlangen fördern sollen, wird seit kurzem in der Schallershofer Straße zwischen Neumühle und Kosbacher Damm umgesetzt. Am östlichen Fahrbahnrand wurde ein roteingefärbter Schutzstreifen für Fahrradfahrer angebracht. Die Parkierung, die sich vormals auf der Ostseite der Straße befand, wurde auf die Westseite verlegt. In der Möhrendorfer Straße – der Verlängerung der Schallershofer Straße in Richtung Norden – wurde die Fahrbahn mit Fahrradpiktogrammen markiert.

 

 

Das Ganze ist ein Modellprojekt der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) für den Radverkehr in Bayern. Die Stadt hatte sich dafür beworben. Wissenschaftlich begleitet und nach einer Laufzeit von einem Jahr ausgewertet wird es von der Technischen Hochschule Nürnberg.

Unmut bei Anwohnern

Nach Projektbeginn ist die Skepsis bei vielen Bürgern allerdings groß. Ganz klar: Der neue Fahrradschutzstreifen in der Schallershofer Straße stößt nicht auf ungeteilte Begeisterung. Im Gegenteil. Wie sich bei der gut besuchten jüngsten Sitzung des Stadtteilbeirates Alterlangen zeigte, überwiegt der Unmut. Unnötig sei der Schutzstreifen, so der Tenor bei den Anwohnern, und außerdem gefährlich für die Autofahrer, weil die Straße jetzt schmäler sei als vorher und man kaum aneinander vorbeikomme.

Dabei, so argumentiert Christian Korda, Verkehrsplaner der Stadt Erlangen, sei die Straße zwischen den parkenden Fahrzeugen auf der einen Seite und dem Schutzstreifen auf der anderen Seite breiter als vorgeschrieben. "RAST" heißt sie – Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, und sie enthält die wichtigsten planerischen Regeln für den Stadtverkehr. Auch darf der Schutzstreifen von den Autofahrern befahren werden, wie an der weiß gestrichelten Linie zu erkennen ist – aber selbstverständlich nur dann, wenn kein Radfahrer dort unterwegs ist. Die zusätzliche Roteinfärbung sei, so Korda, "eine spezielle Erlanger Lösung". Der Unterschied zu Radstreifen mit durchgehender weißer Linie: Diese dürfen von den Autofahrern nicht überfahren werde.

Der Schutzstreifen sei vor allem ein Angebot an die Radfahrer, so Korda. Ziel des Projektes sei es herauszufinden, ob die Radfahrer es annehmen. Es ist ein zusätzliches Angebot zu dem bereits bestehenden geteilten Geh- und Radweg, der seit langem auf der Westseite der Schallershofer Straße verläuft und von Radfahrern in beide Richtungen befahren werden darf.

Laut Korda entspricht dieser Zweirichtungsradweg allerdings den neuen planerischen Regeln nicht mehr. Im Bestand ist er jedoch weiterhin zulässig. Aber beim Umbau der Schallershofer Straße "dürfte man das nicht mehr machen". Denn ein Zweirichtungsradweg muss nach heutigen Anforderungen mindestens drei Meter breit sein. Das ist hier nicht überall gegeben. Entlang des Geländes des Büchenbacher Sportclubs (BSC) stehen Bäume auf dem Weg, damit steht den Radlern an dieser Stelle nur ein 1,45 Meter breiter Weg zur Verfügung.

Ganz generell weisen Verkehrsplaner darauf hin, dass Zweirichtungsradwege unfallträchtig sind. Eine Gefahrenquelle sind Ein- und Ausfahrten: Autofahrer tendieren dazu, nur in eine Richtung zu schauen. Außerdem besteht die Gefahr, dass Radfahrer frontal zusammenstoßen. Zudem führen Fahrräder anders als früher häufiger einen Anhänger für Kinder mit und sind dadurch breiter.

Ziel: Höhere Sicherheit für alle

Jetzt also ist die Schallershofer Straße zur Teststrecke geworden. Es muss sich zeigen, wie sie angenommen wird. Von Radfahrern wie Autofahrern gleichermaßen. Das Ziel ist – wie das Baureferat der Stadt bereits im Juli 2018 in einer Sitzung des Stadtteilbeirats Alterlangen darstellte – , "die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsarten zu erhöhen, das Angebot für den motorisierten Autoverkehr nicht zu verringern, das Radfahren und das Zu-Fuß-Gehen zu fördern".

Was dabei herauskommt, wird sich bei der Auswertung in einem Jahr zeigen. Klar ist jetzt schon, dass der Verkehr in der Schallershofer Straße langsamer geworden ist. Oder auch: öfter ins Stocken gerät. Alles eine Frage der Sichtweise.

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