Schiffsunglück in Erlangen: Reederei klagt wegen zu hoher Kosten

8.1.2019, 17:34 Uhr
Ein schwerer Schiffsunfall auf dem Main-Donau-Kanal im Jahr 2016 kostete zwei Besatzungsmitgliedern das Leben.

© ToMa Ein schwerer Schiffsunfall auf dem Main-Donau-Kanal im Jahr 2016 kostete zwei Besatzungsmitgliedern das Leben.

Es war 1.30 Uhr in der Nacht, als ihr Arbeitsplatz zermalmt wurde: Das Führerhaus wurde bei dem Aufprall völlig zerstört, zwei Crewmitglieder wurden eingeklemmt und starben in den Trümmern. Sie mussten aus dem Steuerstand herausgeschnitten werden. Weitere 49 Besatzungsmitglieder und die 181 aus den USA stammenden Passagiere, deren Flusskreuzfahrt nach Ungarn führen sollte, blieben unverletzt: Rettungskräfte brachten sie ab etwa sechs Uhr morgens über eigens gebaute Notstege an Land, Notfallseelsorger betreuten sie.

Wie viel ist diese Hilfe, häufig erbracht von Ehrenamtlichen, wert? Für einen Einzelnen der in einer Notsituation etwa unter Schock steht, wohl unbezahlbar - und in Zahlen gefasst, erlaubt das Rettungsdienstgesetz "Benutzungsentgelte" etwa für Berg-Höhlen und Wasserrettung. Verschiedene Tarifziffern entscheiden über die Höhe der Rechnung.

Hier hielt ein DLRG-Mitarbeiter (Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft) die Tarifziffer 55 für richtig: Sie beschreibt eine Wasserrettung bei medizinischem Notfall mit geringem Aufwand - pauschal 260 Euro pro Person. Der DLRG-Mitarbeiter telefonierte mit der Reederei, und bei Viking Cruises war die Geschäftsführung schier erleichtert, die Rechnung über 60.000 Euro begleichen zu können, andernfalls wären die Retter an jeden einzelnen Passagier herangetreten.


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Doch in jener Nacht waren Rettungskräfte unterschiedlicher Organisationen vor Ort, und einem anderen DLRG-Ortsverein war die Rechnung zu hoch - die Polizei wurde informiert. Nun wollte auch die Reederei die Rechnung nicht mehr akzeptieren. Der DLRG-Mitarbeiter habe nach bestem Wissen geprüft, und er habe sich über die Rechnung mit der Reederei abgestimmt - mehr hätte er doch gar nicht tun können, meint Rechtsanwalt Marcus Fischer.

Auf der anderen Seite sitzt Anwalt Hubert Holland, die Reederei will nicht glauben, dass vielleicht schlampig abgerechnet wurde - sie unterstellt Vorsatz und fordert per Zivilklage Schadenersatz. Doch Präzedenzfälle, wann die Tarifziffer 55 anzuwenden ist, gibt es nicht. Und ob es hier richtig war? Es sieht so aus, als wird Richter Christoph Wühr kein Urteil fällen können, denn die Parteien denken über einen Vergleich, 51.000 Euro für die Reederei, nach.

Für den Ortsverein wäre es ein finanzielles Wagnis, gegen die Reederei einen aufwändigen Prozess zu führen. Dazu laste das Risiko, als mutmaßliche Betrüger noch vor ein Strafgericht zu müssen, schwer auf den Ehrenamtlichen, so Anwalt Fischer. Zwar stellte die Staatsanwaltschaft, als sich der Betrugsverdacht nicht erhärtete, das Verfahren ein. Nach Beschwerden der Reederei wurden die Ermittlungen gegen den DLRG-Mann und die Vorstände des Vereins zum dritten Mal wieder aufgenommen.

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