Sie hilft Kindern mit Gesang gegen die Corona-Depression

29.4.2021, 06:00 Uhr
Sie hilft Kindern mit Gesang gegen die Corona-Depression

© privat

In jeder Lebenslage, sagt Kerstin Horz, hat ihr das Singen schon geholfen. Die Lieder haben ihr mal Mut gemacht, sie getröstet, sie haben sie fliegen lassen, wenn sie glücklich war, und sie haben sie getragen, wenn es auch mal nötig war, ein Stück getragen zu werden. "Musik, das Singen", sagt die 40-Jährige, "ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens und etwas Wunderbares."

Kerstin Horz liebt den Gesang so sehr, dass sie nicht lang nachdenken musste, als sie 2013 der Jugendpfleger von Neunkirchen, Mario Hemmerlein, ansprach, ob sie ihre Freude an der Musik nicht weitergeben möchte? Jahrelang hatte sie da schon für die Band X-Large auf der Bühne gestanden.

Von 20 auf über 60 Kinder

Und so begann Kerstin Horz ihre Liebe weiterzutragen auch an die Kinder der "Cäcilia Spatzen" im Männergesangverein in Neunkirchen. Nicht viel mehr als 20, 25 Mädchen und Jungen waren es anfänglich in allen Altersklassen. Ihre Herangehensweise, ihre einfühlsame Art und ihre ansteckende Leidenschaft zur Musik sprach sich schnell herum im Ort und darüber hinaus – und so wuchs auch die Gruppe. Und wuchs.

Kerstin Horz begann, sie aufzuteilen: Aus einer Gruppe wurden drei, aus dem gemischten Kinder- und Jugendchor entstanden die Kindergarten-Gruppe, die Grundschulkinder und die Jugendgruppe. Schnell waren es über 60 Sängerinnen und Sänger geworden. Während die ganz Kleinen auch mal wild durcheinander blöken und muhen dürfen oder sich wie Fische zu den passenden Liedern und Songs über die Bühne bewegen, singen die Älteren schon bekannte Lieder aus Musicals aus aller Welt. "Ich versuche, mit den Kindern gemeinsam herauszufinden, was ihnen Spaß macht – und dann arbeiten wir an diesen Liedern", sagt Horz.

Pädagogische Zusatzausbildung

Selbst beendete sie 2008 die Ausbildung zur Musikerin und Chorleiterin, 2009 schloss sie eine pädagogische Zusatzausbildung in Gesang, Tanz, Schauspiel und Chorleitung ab. Doch auch ohne all das Fachwissen ist Kerstin Horz mit ihrer offenen Art vor allem ein Glücksfall für den Gesangsverein.

Dann kam Corona – und mit der Pandemie das Verbot gemeinsam zu Singen. Anfangs hatte man sich noch im Gemeindesaal mit mehr Abstand, viel Lüften und Desinfektion getroffen. "Es war anders, aber es ging", sagt Horz. Doch kam mit den schlimmen Nachrichten auch immer mehr Angst vor Ansteckungen, die Gruppenstärke schmolz.

"Gerade jetzt kann uns Singen helfen"

Als es wenig später nicht einmal mehr an Weihnachten erlaubt war, gemeinsam "Stille Nacht" in der Kirche zu singen, traf das auch Kerstin Horz und ihre Gesangsgruppen tief ins Mark. Bis heute ist kein Gesangsunterricht, keine Chorprobe in Präsenz mehr möglich gewesen. "Aber gerade in dieser Zeit kann uns Singen doch so helfen", findet sie.

Und so nahm sie ihren PC, ihr Keyboard und das Mikrofon, und bot die Gesangsstunden einfach digital weiter an. Nun schickt sie die Liedrtexte per E-Mail an die Kinder und Jugendlichen. An Weihnachten bat sie sie, sich beim Singen zu filmen oder zu fotografieren – und erstellte in mühsamer Kleinarbeit am PC einen ganz besonders musikalischen Weihnachtsgruß: 35 Kinder machten mit. "All meine Mädchen und Jungs wieder zu sehen und zu hören, das hat mir so viel Freude gemacht", sagt Horz, "ich habe gemerkt, wie sehr ich sie alle doch vermisse - und so waren sie alle wieder da ganz plötzlich."

"Es geht um eine gemeinsame Zeit"

Auch wenn die Situation nun immernoch eine andere ist, freut sich Kerstin Horz Woche für Woche darauf, mit den Kindern und Jugendlichen online zu singen. In Ebermannstadt leitet sie darüber hinaus einen Erwachsenenchor "Mixed Generations". "Richtig arbeiten am Klang, an den Stimmen kann man da nicht, alle singen ein wenig durcheinander", sagt sie. So sei das eben über das Internet und via Video. "Aber das macht ja auch nichts. Es geht nun vorrangig darum, gemeinsam eine schöne Zeit zu haben, sich zu sehen, miteinander Spaß zu haben und zu singen."

Egal, ob mit den Älteren wieder an Musicalhits gearbeitet wird oder mit den Kleinen die lustigen Schafübungen ausprobiert werden – wo sie sich dann alle vorstellen, sie pflückten mit den Lippen Riesenblüten vom Baum. "Wir haben gemeinsam eine gute Zeit – und vergessen die Pandemie ein wenig."

Freude in fordernder Zeit

So hat es Kerstin Horz mit ihrem Einsatz geschafft, das Gemeinschaftsgefühl der Chorgruppen auch während Corona aufrecht zu erhalten. "Am schönsten ist es, wenn wir zusammen lachen. Aber es macht mich schon auch stolz, wenn die Kinder nach der Stunde ungläubig fragen: ,Was, Kerstin? Ist die Stunde echt schon wieder rum?‘" Oder wenn die Eltern eine E-Mail schreiben und sich bedanken. Einfach, weil ihre Kinder so ein bisschen fröhlicher durch die schwere Zeit kommen.

So konnte die Corona-Pandemie die Erfolgsgeschichte des Kinder- und Jugendchors in Neunkirchen nur leicht abbremsen. Wobei: Aus den gut besuchten Chorproben wurde sogar ein wenig mehr, ein besonderer Ausgleich zum Alltag, eine Stunde Freude in einer fordernden Zeit. Musik hat, wenn man so will, nicht nur Kerstin Horz mal wieder in einer besonderen Lebenslage geholfen.

Wer eine digitale Probestunde mal besuchen möchte, kann sich bei Kerstin Horz melden unter www.mgv-neunkirchen.de/

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