Smartphone und W-Lan als Nabelschnur in die Heimat

26.12.2014, 16:00 Uhr
Smartphone und W-Lan als Nabelschnur in die Heimat

© Harald Sippel

Als der Familienvater vom „Erstauffanglager“ Zirndorf nach Erlangen verlegt wurde, war sein erster Gedanke: Ich muss meine Frau anrufen und ihr sagen, dass alles gut gegangen ist. Ich muss ihr sagen, dass die Kinder gesund sind und ich hoffe, eine Bleibe zu finden, sodass sie später nachkommen kann. In der Zentralen Aufnahmeeinrichtung Zirndorf (ZAE), so der offizielle Name des Erstauffanglagers, war so ein Tohuwabohu, dass nur ein kurzes Gespräch zustande kam. Hier in Erlangen fand er erstmals Ruhe, um sich um den Kontakt nach Hause zu kümmern.

SIM-Cards zu teuer

Nur: Das Telefonieren mit dem Smartphone – sozusagen die Nabelschnur aller Flüchtlinge in die Heimat – geht schnell ins Geld, das karge Taschengeld, über das Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verfügen, ist schnell aufgebraucht. Anderen, wie der Gruppe von Kosovaren, Aserbeidschanern und Irakern geht es nicht anders – der Draht in die alte Heimat ist zu teuer.

Woher die Idee mit dem Internetanschluss kam, lässt sich nicht mehr genau sagen – aber plötzlich war sie da. Und sie fand Freunde. Beispielsweise bei den Stadtwerken Erlangen, die einen Glasfaseranschluss in einem nahen Industriehauptquartier nutzen und eine Funkstrecke einrichteten – und bei Erlangens Areva-Niederlassung, die die Einrichtung eines „Hotspot“, eines Internet-Zugangs, der den Flüchtlingen keine Kosten verursacht, unterstützenswert fanden.

Deshalb hat die Erlanger Flüchtlingsaußenstelle Zirndorf nun im ganze Haus W-Lan, also ein kabelloses lokales Datennetzwerk, das den Kontakt zwischen den internet-fähigen Endgeräten (meist Smartphones, es können aber auch Tablets, Laptops oder PCs sein) herstellt und die Nutzung des WorldWideWeb erlaubt – sogar per Skype, der Bildtelefonie.

Für Wolfgang Däuwel, den Standortleiter von Areva, und seinen Vorstandskollegen Wolfgang Geus von den Erlanger Stadtwerken, war es wichtig, noch vor dem Weihnachtsfest den Anschluss an die Heimatländer herzustellen. Schließlich gibt es viele Flüchtlinge, bei denen die Zeit zur Jahreswende, auch wenn sie keine Christen sind, von besonderer Bedeutung ist – da will man gerne auch eine Stimme aus der Heimat hören.

Belastende Umstände

Zumal die Unterbringung der rund 270 Flüchtlinge in dem schmucklosen Industriebau an der Hilpertstraße alles andere als komfortabel ist.

 Vor allem das gemeinsame Schlaf-Obergeschoss ist wegen des fast völligen Mangels an Intimität eine starke Belastung, und dies nicht nur für Familien mit etlichen Kindern, die bei nächtlicher Unruhe auch alle anderen um den Schlaf bringen und die Ansteckungsgefahr selbst bei einem Schnupfen schon viel Reichweite hat.

Trotzdem wollen sich auch die Helfer durch die schlechten Rahmenbedingungen nicht entmutigen lassen und denken schon über den nächsten Schritt nach. So hat Stefan Pursche, Öffentlichkeitsarbeiter bei Areva, angesichts einer dicht umlagerten Steckerleiste mit Stromanschlüssen sofort darüber nachgedacht, ein kleine Internet-Café einzurichten. „Die dafür nötigen PCs“, so sagt Pursche, „die finden sich schon.“

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